Plenarprotokoll 20/94: Ahnungslos oder überfordert? – Senatorin Blankau genehmigt zweifelhafte Nebentätigkeit für Chef eines öffentlichen Unternehmens

Heike Sudmann DIE LINKE: Vielen Dank. – Die SPD in Hamburg nennt sich seit drei Jahren die Mieterinnen- und Mieterpartei. Ehrlich gesagt, frage ich mich, wie Sie das nach diesem Schritt noch machen können. Wie können Sie so tief sinken? Wie können Sie so blind sein, der Deutschen Annington zu einem Aufsichtsratsmitglied aus der SAGA GWG zu verhelfen? Sie müssen sich doch fragen, weshalb die Deutsche Annington an der SAGA GWG und an Herrn Basse interessiert ist. Die Deutsche Annington ist die größte Vermieterin in Deutschland. Im Münteferingsprech würden Sie sofort sagen, es ist eine Heuschrecke. Es gibt kaum eine Wohnungsgesellschaft, die so viele Mieterinnen- und Mieterbeschwerden bei allen Mietervereinen provoziert. Wenn dann Herr Kienscherf sich hier hinstellt und allen Ernstes sagt, wer Wohnungen schaffe, sei in Hamburg willkommen, also auch die Deutsche Annington, dann ist das doch hochnotpeinlich.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Wie können Sie den roten Teppich für eine solche Firma ausrollen? Ich will Ihnen gern einmal etwas sagen. Ich zitiere aus dem „stern“ vom 27. August, Überschrift:

„Lobbyarbeit für Deutsche Annington Der Miethai und die Politik“

Der erste Absatz:

„Ärger mit den Mietern? Um ihr Image zu verbessern, setzte die Deutsche Annington AG auf enge Kontakte zu den Politikern, vor allem aus der SPD.“

Dann kommt eine sehr lange Aufzählung über Steinmeier und Peer Steinbrück

(Jens Kerstan GRÜNE: Müntefering!)

– auch CDU-Politiker sind dabei, Sie dürfen sich nicht entspannt zurücklegen –, zu wem aus dem Bundestag die Firma Kontakte hat, mit denen sie versucht, ihr Image aufzubessern. Es steht in diesem Artikel, der nach meiner Kenntnis bisher nicht zurückgezogen werden musste, einiges drin. Zum Beispiel „Mieterwünsche kommunikativ verhindern“, das heißt, mit Beschwerden auf eine Weise umgehen, dass sie gar nicht mehr ankommen. Keine Senatorin und kein SPD-Mitglied kann sich hier hinstellen und so tun, als wäre das nur eine kleine Verwerfung. Herr Kleibauer von der CDU sagte, es gebe bestimmte Regeln. In diesem Punkt sage ich, die Regeln sind das eine, aber diese Gesellschaft passt doch nicht in das SPD-Portfolio, wie Sie gern Neudeutsch sagen möchten. Wenn Sie behaupten, Sie wären die Partei der Mieterinnen und Mieter,dann können Sie nicht zulassen, dass jemand von der SAGA GWG dort in den Aufsichtsrat kommt.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Da ich nun wahrscheinlich zum Ende kommen muss, noch zwei Punkte. Als Allererstes muss auf Herrn Basse eingewirkt werden, dass er dieses Aufsichtsratsmandat umgehend niederlegt. Es gibt überhaupt keine andere Lösung.

Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbrechend): Frau Sudmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hamann?

Heike Sudmann DIE LINKE (fortfahrend): Nein, jetzt nicht.

(Jörg Hamann CDU: Das geht nicht von Ihrer Zeit ab!)

– Okay, dann in der nächsten Runde.(Jörg Hamann CDU: Es gibt keine nächste Runde!)

– Der Senat wird sich doch sicherlich zu diesen schweren Vorwürfen äußern wollen.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Das Zweite betrifft diese großzügige Spende. Solange Herr Basse noch bei der SAGA GWG ist, also ein Jahr, will er diese 100 000 Euro spenden. Das können Sie uns doch nicht ernsthaft als Wohltat verkaufen.

Ich kann es mir nun doch nicht verkneifen: Herr Hamann, fragen Sie jetzt bitte.

(Heiterkeit im Plenum)

Zwischenfrage von Jörg Hamann CDU: Meine Frage geht in die gleiche Richtung dessen, was Sie eben auch aufgegriffen haben. Glauben Sie nicht, dass die Frau Senatorin sich gleich noch zu
Wort meldet, um ihr Verhalten zu erklären? Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Heike Sudmann DIE LINKE (fortfahrend): Das habe ich doch gerade schon gesagt. Ich will nur in einem einzigen Punkt noch einmal Essig in den Wein schütten. Normalerweise, wenn wir als LIN-
KE darüber sprechen, dass es eine ungerechte Reichtumsverteilung gibt und einige Leute immer mehr Geld anhäufen, werfen Sie, CDU und FDP, uns immer Sozialneid vor. Bei diesem Punkt den-
ken Sie auf einmal ganz anders. Aber das ist ein Extra-Thema.

(Beifall bei der LINKEN)