Plenarprotokoll 20/94: Es lebe die Basiskultur in Hamburg!

Norbert Hackbusch DIE LINKE: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie alle wissen, dass DIE LINKE eine große Freundin der Basiskultur ist, und dementsprechend haben wir einen Antrag vorgelegt, in dem wir das genau darlegen und berichten, wie die Basiskultur in dieser Stadt gestärkt werden könnte und sollte.

(Beifall bei der LINKEN – Olaf Ohlsen CDU: Ihr wurdet vorher doch gar nicht wahrgenommen!)

Ich will Ihnen das nicht alles im Einzelnen vorstellen. Ich könnte das natürlich, weil ich noch genug Redezeit habe, aber ich will Ihnen sagen, was die Grundgedanken sind und warum das für uns wichtig ist.

(Zuruf von Finn-Ole Ritter FDP)

Herr Ritter, das Entscheidende daran ist, dass das, was in dieser Stadt häufig unter Kultur verstanden wird, wo man mit internationaler Strahlkraft arbeitet, umschrieben mit Worten wie Leuchtturm und Ähnliches, nicht unsere Vorstellung von bedeutender Kultur in dieser Stadt ist. Wichtig hingegen ist, dass die Kultur dafür da ist, dass wir als Menschen in dieser Stadt gut miteinander leben und kommunizieren können. Und dafür existieren meiner Meinung nach in unserer Stadt zu wenige Möglichkeiten, und das sollten wir kräftig stärken.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christa Goetsch GRÜNE)

Wir brauchen das als gemeinsames Verständnis in dieser Stadt, und wir wissen alle, dass es zu wenig und zu schwach entwickelt ist in etlichen Bereichen. Im inneren Bereich der Stadt ist es schon ganz gut, aber am Stadtrand und außerhalb immer noch äußerst schwach.

(Olaf Ohlsen CDU: So ist das!)

Wir haben gegenwärtig unter den Bedingungen der Schuldenbremse große Schwierigkeiten, das in den anderen Bezirken auch zu entwickeln, und das müssen wir vermehrt machen. Es gibt mehr Bedarf, und das sollte diese Bürgerschaft unterstützen.

Was macht uns im Moment Schwierigkeiten und wo sind die Krisenmomente? Der Senat, der einmal angetreten ist mit einer kulturpolitischen Offensive, die uns auskömmliche Finanzierung versprochen hat, ist nicht weitergekommen, wie wir gemeinsam feststellen. Das eine ist das, was Sie wahrscheinlich alle im Bezirkswahlkampf mitbekommen haben, nämlich die Situation der verschiedenen Stadtteilkulturzentren, Geschichtswerkstätten, Bürgerzentren, Community Center und so weiter. Alle diese Strukturen haben momentan große Probleme mit ihren Finanzen. Bei ihnen wird gekürzt, und zwar faktisch gekürzt, auch wenn ihre Beiträge nicht steigen, weil sie nicht in der Lage sind, die großen Aufwendungen für Tarifsteigerungen, steigende Mieten und steigende Energiekosten aufzubringen. Das Ergebnis ist, dass unheimlich viel Energie in diesen Basisbereichen dafür aufgewendet werden muss, um Geld zu sammeln. Man muss überlegen, wo es noch einen Sponsor gibt. Unheimlich viel Energie fließt also nicht in die Kultur, sondern ins Geldsammeln. Wir finden, das ist eine Verschwendung von Energie, die wir so nicht haben wollen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christa Goetsch GRÜNE)

An die SPD gewandt: Es gibt immer noch die Peinlichkeit, dass die kräftigen Kürzungen vom damaligen Schill-Senat bei den Geschichtswerkstätten immer noch nicht ausgeglichen sind. Gerade die
Geschichtswerkstätten, die sich als ein wichtiges Moment der gemeinsamen Diskussionen in den Bezirken oder in den Stadtteilen erwiesen haben, sind immer noch von diesen Kürzungen betroffen,
das ist noch nicht ausgeglichen worden. Ich halte es gerade angesichts der Peinlichkeiten einiger dieser Figuren des Schill-Senats für besonders schlimm, dass dies noch nicht ausgeglichen worden ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir stellen fest, dass es immer dann, wenn es eine Zusammenarbeit geben muss zwischen Kulturbehörde und anderen Behörden, hakt. Das liegt weniger an der Kulturbehörde, das muss man deutlich
sagen, sondern es geschieht immer in dem Augen- blick, in dem andere Gelder akquiriert werden müssen.

Wir hatten einen etwas peinlichen Auftritt des Schulsenators im Zusammenhang mit Kinder- und Jugendkultur, als wir die gemeinsame Sitzung des Kulturausschusses und des Schulausschusses
hatten. Man merkte dort, er hatte noch gar nicht verstanden, was außerschulische Kinder- und Ju- gendkultur eigentlich darstellt und wie bedeutend und wichtig sie ist.

( Wolfgang Rose SPD: Da warst du in einer anderen Veranstaltung!)

Wir haben das Problem beim Fundus Theater, wo es große Schwierigkeiten gibt, einmal abseits der Kulturbehörde Gelder zu bekommen. Da geht es nur um kleine Beträge, und so etwas macht gegenwärtig diese Strukturen kaputt. Das ist eines der großen Probleme.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass Herr Sobirey zurückgetreten ist mit großem Protest, der wichtige Vertreter populärer Musik in dieser Stadt, ein Vertreter auch von Musik, die sich gerade auf Laienebene abspielt. Dieser Rücktritt ist doch ein Zeichen dafür, dass in diesem Bereich Etliches schiefläuft. Es gibt noch einiges mehr zu erzählen, aber das will ich jetzt gar nicht alles aufzählen.

Alle, die sich um diese Sachen kümmern, wissen, dass gegenwärtig die Gefahr besteht, dass es gerade in diesen Bereichen resignative Tendenzen gibt. Das ist etwas, was ich vorher kaum dort entdeckt habe. Es gab da Kampfgeist, es gab Versuche, noch einigermaßen etwas zu erreichen. Wenn ich jetzt mit diesen Leuten rede, dann sagen sie teilweise, was sie denn nun machen sollten, unter Schwarz-Grün sei es ihnen schlechtgegangen, und die SPD habe groß etwas versprochen und nicht eingehalten. Es gibt dort eine resignative Tendenz. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, gegen diese Resignation aufzustehen für mehr Kultur und Basiskultur in dieser Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)