DIE LINKE in der Bürgerschaft:
Polizisten-Kennzeichnungspflicht jetzt!

In Hamburg müssen Polizisten keine Kennzeichnung an ihrer Uniform tragen, obwohl viele Verfahren wegen Körperverletzung im Amt wegen mangelnder Identifikation eingestellt werden müssen. Wir fordern eine Ausweis- und Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte. Außerdem beantragen wir einen offenen Vergleich von Nord- und Südvariante bei der Systemunstellung des Kohlekraftwerks Wedel. 

7357093082_25ac2da46f_k-300x225 2015 vereinbarten die SPD und DIE GRÜNEN in ihrem Koalitionsvertrag, dass die Koalitionspartnerinnen ausgehend von den Erfahrungen anderer Bundesländer zügig Gespräche mit den Polizeigewerkschaften aufnehmen werden, „um zu prüfen, ob und wie eine Kennzeichnungspflicht auch bei der Hamburger Bereitschaftspolizei eingeführt werden kann.“ Seit nunmehr drei Jahren hat die Regierungskoalition allerdings keinerlei Bemühungen unternommen, um eine Kennzeichnungspflicht zu verankern.

Eine weitere Verzögerung ist weder politisch noch juristisch länger hinnehmbar: Denn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erklärte in seinem Urteil von 09. November 2017 (Hentschel & Stark v. Germany – 47274/15), dass es einen Verstoß gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) darstellt, wenn keine Mechanismen zur effektiven Strafverfolgung gegen Polizeibedienstete bestehen. Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin, das sofern durch nationale Behörden „maskierte“ Polizeikräfte eingesetzt werden, diese eine unterscheidungskräftige Kennzeichnung, zum Beispiel eine Nummer, tragen sollten (vergleiche EGMR vom 09.11.2017 – Hentschel & Stark v. Germany – 47274/15, Rn.91 mit weiteren Nachweisen). Dies würde – so der EGMR – deren Anonymität wahren und gleichzeitig die Identifizierung im Bedarfsfall ermöglichen. Sofern eine solche Kennzeichnung nicht bestehe, müsse dies durch ein besonderes, erhöhtes Maß an Ermittlungstätigkeit ausgeglichen werden (vergleiche ebenda Rn.99). Der EGMR nimmt in diesem Urteil ausdrücklich Bezug auf den Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter von 2017, das sich in seinem Bericht an die deutsche Regierung ebenfalls für eine Kennzeichnungspflicht von Polizeibediensteten ausspricht, um diese identifizieren und für ihr Handeln zur Verantwortung ziehen zu können (vergleiche „Bericht an die deutsche Regierung über den Besuch des europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe in Deutschland (CPT)“ vom 25. November bis 07.Dezember 2015 (2017), S.18).

Die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibedienstete würde vor diesem Hintergrund der Verantwortung Hamburgs für die Wahrung der Europäischen Menschenrechtskonvention Rechnung tragen und ein klares Bekenntnis zu den Menschenrechten darstellen. Auch andere Bundesländer haben in den letzten Jahren eine Pflicht zur Kennzeichnung von Polizeibediensteten mittels eines Namensschildes oder einer Identifikationsnummer eingeführt. Insgesamt existieren in mittlerweile acht Bundesländern entsprechende Regelungen und dies aus gutem Grund: Eine Kennzeichnungspflicht trägt dem Grundsatz persönlicher Verantwortung Rechnung, garantiert die individuelle Zurechenbarkeit staatlichen Handelns und stärkt so das Rechtsstaatsprinzip. Die Kennzeichnungspflicht stellt daher auch kein generelles Misstrauen gegen Polizeibedienstete dar, sondern ist Ausdruck der Gewaltenteilung, nach der die Exekutive effektiv durch die Judikative zu kontrollieren sein muss. Aufgrund des Gewaltmonopols des Staates, das durch die Polizei ausgeübt und repräsentiert wird, gilt dies für die Polizei in einem besonderen Maße. Notwendige Voraussetzung für eine effektive Kontrolle ist aber, dass der Staat auch die Möglichkeiten einer Identifizierung von Tatverdächtigen in seiner Sphäre schafft. Die Pflicht zu einer zur Identifikation geeigneten Kennzeichnung von Polizeibediensteten dient damit auch dem verfahrensrechtlichen Gehalt der Rechtsweggarantie aus Artikel 19 Absatz 4 GG. Polizeibedienstete sind oftmals mit der Anschuldigung konfrontiert, es würde zu rechtswidrigen Verfehlungen kommen. Nicht zuletzt während des G20-Gipfels im vergangenen Jahr wurden zahlreiche Vorwürfe rechtswidriger Polizeigewalt erhoben. Eine umfassende Kennzeichnungspflicht – insbesondere auch für geschlossene Einheiten – liegt daher auch im Interesse der Polizei. Sie erhält dadurch die Möglichkeit, haltlose Vorwürfe durch die Zuführung zu einem ordnungsgemäßen Verfahrens entkräften zu können. Fälle, in denen tatsächlich Fehlverhalten stattgefunden hat, können hingegen strafrechtlich und disziplinarisch verfolgt werden und so insgesamt zu einer Stärkung des Rechtsstaates beitragen.

Diese Möglichkeit bleibt aber verwehrt, wenn Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt bereits mangels Identifikation von Tatverdächtigen eingestellt werden müssen. Damit eine solche Einstellung – angesichts der oben zitierten Rechtsprechung des EGMR – überhaupt menschenrechtskonform erfolgen kann, sind zuvor ein hohes Maß an Ermittlungstätigkeit und die Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Mittel notwendig. Eine Kennzeichnungspflicht dient daher ebenfalls der Entlastung der Ermittlungsbehörden und folglich der Effektivität staatlicher Strafverfolgung. Erfahrungen aus anderen Bundesländern und dem europäischen Ausland zeigen, dass sich Befürchtungen, die gegen eine Kennzeichnungspflicht sprechen, nicht realisiert haben. Vielmehr bestätigt sich, dass die Einführung einer Kennzeichnungspflicht nicht zu persönlichen Gefährdungen von oder unzutreffenden Anschuldigungen gegen Polizeibedienstete geführt hat (so auch der Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter, S. 18).

In Berlin bestätigte der Senat, dass keinerlei Nachteile für Polizeibediensete durch die Kennzeichnungspflicht bekannt sind (vergleiche Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Niklas Schrader und Hakan Tas (Die Linke) im Abgeordnetenhaus Berlin vom 15.02.2018, Drs. 18/13521). Das Hessische Ministerium für Inneres und Sport berichtet ebenfalls, dass keinerlei Probleme hinsichtlich des Schutzes beziehungsweise der Anonymität von gekennzeichneten Polizeikräften bekannt sind (vergleiche Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport vom 19.07.2016 unter der Überschrift: „Positive Bilanz: 14.000 Polizeibeamte mit numerischer Kennzeichnung ausgestattet“). Das brandenburgische Ministerium des Inneren und für Kommunales evaluierte sogar über zwei Jahren die dort geltende Kennzeichnungspflicht und kam ebenfalls zu einem durchweg positiven Ergebnis (vergleiche Bericht über die Erfahrungen und Erkenntnisse im Umgang mit der Kennzeichnungspflicht für Polizeibedienstete des Landes Brandenburg vom 21.05.2015).

WAS FORDERT DIE LINKE?

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft das nachfolgende Änderungsgesetz beschließen: Elftes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG)

Das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vom 14. März 1966 (HmbGVBl. S. 77), zuletzt geändert am 8. Dezember 2016 (HmbGVBl. S. 514), wird wie folgt geändert:

Nach § 5 wird folgender neuer § 6 eingefügt: „§ 6 Ausweis- und Kennzeichnungspflicht

(1) Die Dienstkräfte der Verwaltungsbehörden und der Polizei sind verpflichtet, sich bei Diensthandlungen auszuweisen.

(2) Auf Verlangen ist die Dienstkarte mit der Dienstnummer auszuhändigen. Im geschlossenen Einsatz stellen die Vorgesetzten das Aushändigen sicher, wenn die besonderen Umstände des Einsatzes ein direktes Aushändigen nicht zulassen.

(3) Alle uniformierten Dienstkräfte müssen deutlich sicht- und erkennbar ein Namensschild tragen. Bei geschlossenen Einsätzen müssen die Dienstkräfte der Polizei eine zur Identitätsfeststellung geeignete individuelle Kennung in Form einer höchstens sechsstelligen Buchstaben- und Zahlenkombination deutlich sicht- und erkennbar auf der Vorderseite der Uniform und an beiden Seiten des Helmes tragen.“

Adriatica_Graeca_-_Heizkraftwerk_Wedel_01-300x197 Die Gesellschafterversammlung der Fernwärme Hamburg GmbH (VWH) hat am 15. Dezember 2018 beschlossen, zum einen 6,8 Millionen Euro an Planungsmitteln bereitzustellen, um die Vorbereitungen für eine Fernwärmetrasse mit Elbquerung fortzusetzen, zum anderen einen Wedel-Ersatz mit Anlagen nur nördlich der Elbe nicht weiterzuverfolgen. Diese Nordvariante war gänzlich unattraktiv, schon allein deswegen, weil für Gasvarianten am Standort Haferweg der Platz fehlt und weil am Standort Wedel geplante neue Anlagen kaum parallel zum laufenden Betrieb des Kohle-HKW Wedel errichtet werden können. Zu der von der BUE vorgeschlagenen Südvariante verweigerte der VWH-Mehrheitsgesellschafter Vattenfall am 15. Dezember 2018 seine Zustimmung.

Vattenfall verfolgt weiterhin den Plan, Wärme aus dem Kohle-Kraftwerk Moorburg über eine Verteilstation in das Wärmenetz zu liefern und gibt damit der fossilen Wärme den Vorzug vor einer Abwasser-Wärmepumpe an der Dradenau, einem angeschlossenen AquiferTiefenspeicher und der Nutzung industrieller Abwärme. In dieser Patt-Situation erweitert es den Handlungs-Spielraum des Senats, wenn als Alternative zur Südvariante auch die Nordvariante weiter betrachtet und bewertet wird. Eine Weiterentwicklung dieser Nordvariante wurde dem Energienetzbeirat (ENB) zu dessen Sitzungen am 7.9.2017 und am 2.11.2017 vorgeschlagen. Hierbei geht es um eine verstärkte Nutzung des Standorts Stellinger Moor und um einen bedeutenden Beitrag von KWK-Gasvarianten. Ein Antrag im ENB am 2.11.2017 für eine vergleichende Bewertung dieser Nordvariante parallel zur Südvariante im Projektierungsprozess der BUE wurde zunächst von der BUE mit der Begründung abgelehnt, dafür sei kein Geld vorhanden. Vorschläge, dies aus Drittmitteln zu finanzieren, wurden nicht aufgegriffen.

Die BUE erklärte im ENB am 23.11.17, es gebe kein Unternehmen, das Investitionen in einzelne Projekte der Nordvariante tätigen wolle. Diese Feststellung berücksichtigt nicht den Einfluss des Senats auf die städtischen Unternehmen und erweckt den Eindruck einer Verhinderungsstrategie. Ein Gutachten des Beratungsbüros BET kam zum Ergebnis, dass die Nordvariante ökologisch und ökonomisch der Südvariante überlegen sei. Die CO2-Emissionen sind geringer als bei der Südvariante, wenn als Bilanzraum die Stadt Hamburg gewählt wird. Die Nordvariante erfüllt besser die Kriterien des Netze-Volksentscheids vom 22.9.2013 und passt besser zu den Klimaschutz-Zielen Hamburgs, da ein Bestandteil der Südvariante die Belieferung der Ölwerke Schindler mit Ferndampf aus dem HKW Moorburg wäre. Darum hat auch der Energienetzbeirat die Empfehlung ausgesprochen nach Alternativen zu dieser Lösung zu suchen. Eine Erhöhung der Fernwärmepreise „von bis zu 10 Prozent“ wie bei der Südvariante wäre bei der Nordvariante nicht zu erwarten. Die höheren und schwer zu kalkulierenden Kosten für die Südtrasse würden entfallen und es würden etwa 140 Millionen Euro an KWK-Förderung nach Hamburg fließen.

Angesichts der Pattsituation im Aufsichtsrat der VWH und der eingeschränkten Alternativen für eine Umsetzung des Volksentscheids wäre es ein Widerspruch zum NetzeVolksentscheid, wenn von BUE und Senat nur noch die Südvariante weiterverfolgt werden würde, während eine nach den meisten Kriterien bessere Alternative für den Ersatz des HKW Wedel nicht gleichartig und ergebnisoffen evaluiert wird. In diesem Sinn hat auch der Energienetzbeirat gefordert, die neue Fernwärmeleitung ZRE Stellingen so zu dimensionieren, dass sie in der Lage ist, den gesamten Wärmebedarf für den Wedelersatz durchzuleiten.

WAS FORDERT DIE LINKE?

Der Senat wird aufgefordert,

1. einen ergebnisoffenen Vergleich von Nordvariante und Südvariante wie in der bisherigen Projektierung der BUE durchführen zu lassen

2. der Bürgerschaft bis zum 1.5.2018 über die Ergebnisse von Punkt 1. zu berichten.Foto: Huhu Uet alias Frank Schwichtenberg (CC Wikimedia Commons) / „Polizei“ (CC BY-SA 2.0) by Eoghan OLionnain