Elbtower – hochfliegende Pläne am falschen Ort mit falschem Konzept

2018-02-08-pr-elbtower-grafik-1-518x385-300x223 Elbtower – hochfliegende Pläne am falschen Ort mit falschem Konzept

Von Heike Sudmann

Zu den Hinterlassenschaften von Olaf Scholz gehört auch die Planung für den sogenannten „Elbtower“, ein gedanklich mittlerweile auf 244 Meter Höhe angewachsenes Hochhaus an den Elbbrücken. 70.000 qm Büronutzungen, 16.000 qm für Hotels, 11.000 qm publikumsbezogene Nutzungen und 560 Stellplätze sollen dort entstehen. Eine Wohnnutzung wird mit Verweis auf den Verkehrs-/Umgebungslärm abgelehnt (s. „BürgerInnenbrief“ vom 21. Februar 2018).

Senat scheut Debatte über Hochhäuser in Hamburg

Obwohl Ex-Bürgermeister Scholz schon im Februar 2018 auf einer großen Pressekonferenz die Entscheidung für den Investor SIGNA und dessen Konzept bekannt gab, wurde die Vorlage zum Verkauf des Grundstückes erst kurz vor der Sommerpause in der Bürgerschaft eingebracht. Richtig gelesen, es geht nicht um die Frage, ob die Bürgerschaft einem Hochhaus an diesem Ort zustimmt, sondern einzig und allein um den Kaufvertrag. Eine Hochhaus-Debatte, mit BürgerInnen, Fachleuten, Interessierten, wie ich sie schon im Februar gefordert hatte,  scheint der Senat weiterhin zu scheuen. Einziges Zugeständnis an diese Forderung, die mittlerweile auch von der CDU aufgegriffen wurde, ist eine Veranstaltung im Rahmen der Stadtwerkstatt. Bei Redaktionsschluss dieses „BürgerInnenbriefs“ stand der Termin hierfür noch nicht fest.

Transparenz? Fehlanzeige: Kaufvertrag in weiten Teilen geschwärzt

Aber zurück zum Kaufvertrag. In der Bürgerschaftsdrucksache 21/13500 vom 19. Juni 2018 (https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/vorgang/57213) sind die Rahmenbedingungen des Grundstücksgeschäfts beschrieben, ebenso findet sich dort das Bau- und Nutzungskonzept mit vielen Bildern und Ansichten. Der Kaufvertrag selbst wurde vom Senat in das Transparenzportal gestellt. Doch welch Überraschung:

Etliche Teile des Kaufvertrags sind dort geschwärzt. Wie der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit auf meine Anfrage hin nach einer vorläufigen Prüfung mitteilte, bestünden Zweifel, dass diese Schwärzungen den Ansprüchen von BürgerInnen nach dem Transparenzgesetz genügen. Der Datenschutzbeauftragte listete mehrfach Beispiele auf, wo ganze Abschnitte komplett geschwärzt sind, so dass auch aus dem Kontext nicht nachvollziehbar sei, was hier überhaupt geregelt wird. Die Höhe sämtlicher Vertragsstrafen wurde ebenfalls geschwärzt.

Kein Mensch unterschreibt einen Vertrag, wenn er weder die Strafklauseln noch alle Regelungen kennt. Doch die Bürgerschaft sollte blind entscheiden. Das wollte dann auch Rot-Grün nicht so stehen lassen und stimmte einem CDU-Antrag auf Einsicht in den ungeschwärzten Kaufvertrag zu. Leider wurde die Einsicht nur unter größter Geheimhaltung und nach Unterzeichnung einer Verschwiegenheitserklärung erlaubt, auch die Diskussion im Ausschuss fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – gelte es doch, Betriebsgeheimnisse und das Vertrauen des Investors zu wahren.

Immerhin wird in der öffentlich zugänglichen Bürgerschafts-Drucksache der Nettopreis von 122 Mio. Euro genannt, für den das Grundstück zwischen den Elbbrücken im Osten der HafenCity verkauft werden soll.

Kritik von Sachverständigen an den Plänen

Der Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft lud Sachverständige zu einer Anhörung über den Elbtower ein. Der von der LINKEN benannte Sachverständige Mario Bloem, ein Stadtentwickler aus Hamburg, wies in seinem sehr informativen Vortrag nach, weshalb der Elbtower weder zum Wahrzeichen tauge noch der Standort an den Elbbrücken der richtige sei. Er hinterfragte auch die Sinnhaftigkeit der verschiedenen publikumswirksamen Nutzungen, die auf 11.000 Quadratmeter stattfinden sollen (der gesamte Vortrag ist auch im Anhang zum Protokoll der Anhörung zu finden unter https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/vorgang/57844). Der von den GRÜNEN benannte Sachverständige sprach sich für den Elbtower aus. Wie nicht anders zu erwarten, waren die Berater des Senats, die von der SPD als Sachverständige eingeladen wurde, von ihrer eigenen Arbeit zum Kaufvertrag überzeugt. Einzig noch der Sachverständige der CDU machte kritische Anmerkungen. SIGNA habe bisher keine Erfahrungen mit dem Bau von Hochhäusern, auch seien die kalkulierten Mieten für den Hamburger Büromarkt nicht realistisch. Gerate der Investor in Schieflage, nützten auch die Vertragsstrafen nichts, dann hätte Hamburg im schlechtesten Fall eine Bauruine dort stehen.

Öffentliches Grundstück wird verkauft

Obwohl eine Vergabe des Grundstücks im Erbbaurecht  vorgesehen war, soll das Grundstück nun verkauft werden. SIGNA wie auch alle anderen Bewerber haben das riesengroße Schlupfloch der Ausschreibung genutzt, in der es u.a. heißt: „Ausnahmsweise kommt auch ein Grundstückskaufvertrag in Betracht, wenn sichergestellt ist, dass gleichwertige Regelungen sowohl wirtschaftlich wie auch in Hinblick auf die Qualitätssicherung (Planungs-, Bau- und Nutzungsphase, Rückübertragung) vereinbart werden können und der Bieter nachweist, dass ihm der Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags nicht möglich ist.“ Die Begründung, dass sich ein Kauf des Grundstücks wirtschaftlich besser darstellen lasse, reichte aus, um den Senat vom Erbbaurecht abzubringen.

Am Ende stimmten im Stadtentwicklungsauschuss SPD und GRÜNE dem Kaufvertrag zu. Nur die LINKE lehnte den weiteren Verkauf von öffentlichen Grundstücken (und auch das dort geplante Hochhaus) ab. Die restliche Opposition enthielt sich. Die Bürgerschaft wird voraussichtlich im Dezember über den Kaufvertrag entscheiden.