Erbbaurecht für Hamburg wieder zum Standard machen

Von Heike Sudmann

Was ist das Erbbaurecht?

Dieses Jahr feiert das Erbbaurecht sein hundertjähriges Jubiläum. Kurz gefasst bedeutet das Erbbaurecht, dass ich auf einem Grundstück, das nicht mir gehört, ein Gebäude bauen kann. Der/die Grundstückseigentümer/in überlässt mir für einen längeren Zeitraum (früher in der Regel 99 Jahre) das Grundstück. Dafür zahle ich entweder in einer Summe oder als regelmäßigen Betrag einen Erbbauzins. Ist der Zeitraum des Erbbaurechts abgelaufen, einigen wir (bzw. die Nachkommen) uns entweder auf eine Verlängerung oder auf das Ende des Erbbaurechts. Im letzteren Fall erhalte ich eine Entschädigung für mein Gebäude, im Falle einer Wohnnutzung von mindestens zwei Drittel des Gebäudewertes.

Erbbaurechte gibt es nicht nur für städtische/öffentliche Grundstücke, sondern auch für private.

Zur Situation in Hamburg

Auch in Hamburg wurden über lange Zeit städtische Grundstücke generell im Erbbaurecht vergeben. Seit mehreren Jahrzehnten jedoch verkauft die Stadt Hamburg ihre Grundstücke, Erbbaurechte sind zur großen Ausnahme geworden. DIE LINKE hat sich immer gegen den Verkauf ausgesprochen. 2015 haben wir endlich einen Sitz in der Kommission für Bodenordnung erhalten und stimmen dort immer gegen jeglichen Verkauf.

Politisch und gesellschaftlich ist jetzt Bewegung in der Grundstückspolitik entstanden:

  • Im Oktober 2018 haben wir in der Bürgerschaft die ausschließliche Vergabe der städtischen Grundstücke im Erbbaurecht beantragt (Drs. 21/14660). Der Antrag schmort seitdem im Ausschuss.
  • Vielleicht nicht ganz zufällig, denn im Dezember 2018 haben die rot-grünen Regierungsfraktionen vom Senat bis September 2019 ein Konzept zur vorrangigen Vergabe der städtischen Grundstücke im Erbbaurecht gefordert (Drs. 21/15595).
  • Im März 2019 haben die Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften e.V. in einem Offenen Brief gedroht, die Wohnungsbautätigkeit einzustellen, wenn die Erbbaurechtsvergabe zum Standard wird. In dem Brief kritisieren sie die Berechnung des Erbbaurechts (für die sog. Einmalzahlung oder für den laufenden Erbbauzins) auf der Grundlage des aktuellen Bodenwerts. Bei dem derzeitigen Erbbauzins von 2 % würden sie bei einer Laufzeit von 75 Jahren das Grundstück „anderthalbmal bezahlen“. Derzeit laufen viele alte Erbbaurechte von Genossenschaften aus. Für die Verlängerung legt der zuständige städtische Landesbetrieb für Immobilien und Grundvermögen (LIG) den aktuellen Bodenwert zugrunde. Wenn die Genossenschaften den bezahlen würden, müssten sie nach eigenen Angaben die Mieten teilweise um 2 bis 4 Euro/qm monatlich erhöhen.

Den Kritikpunkt der Genossenschaften mit der Berechnung des Erbbaurechts bei einer Verlängerung teile ich, die generelle Ablehnung nicht. Denn für die erstmalige Vergabe eines Erbbaurechts wie auch für dessen Verlängerung gibt es andere Möglichkeiten, die sowohl der Stadt als auch den Genossenschaften und anderen, gemeinwohlorientierten Wohnungsgesellschaften zugute kämen. Die Fraktion DIE LINKE im Berliner Abgeordnetenhaus hat im März 2019 in einem Grundsatzpapier zur Liegenschaftspolitik gute Wege aufgezeigt, die auch für Hamburg umsetzbar sind und nachfolgend von mir aufgeführt werden.

Der Alternativvorschlag zum bisherigen Erbbaurechtsverfahren in Hamburg

  • Die Vergabe von Nutzungsrechten (egal, ob für 30, 60, 99 oder mehr Jahre) erfolgt immer mit einer konkreten Zweckbestimmung und Zweckbindung.
  • Die Wertermittlung der öffentlichen Grundstücke, die im Erbbaurecht für gemeinwohlorientierte Nutzungen vergeben werden, soll sich an den Erträgen der tatsächlichen Nutzung orientieren. Die Loslösung von Verfahren einer marktorientierten Grundstückswertbestimmung ist Voraussetzung für eine lageunabhängige Realisierung von gemeinwohlorientierten Nutzungen.
  • Auch die Gestaltung der Erbbauzinsen soll sich bei gemeinnützigen bzw. gemeinwohlorientierten Nutzungen aus den Erträgen der in den Erbbaurechtsverträgen vereinbarten Nutzungen ableiten und im sog. Residualwertverfahren gebildet werden.
  • Erbbaurechte bieten – als wohnungspolitisches Instrument genutzt – insbesondere die Möglichkeit, langfristige Bindungen zu begründen, weil die im Erbbaurecht zu vereinbarenden Laufzeiten über die typischen Bindungszeiträume von Förderprogrammen hinausgehen können. Erbbaurechte auf Wohnbaugrundstücke sollen grundsätzlich nur noch an gemeinwohlorientierte Träger vergeben werden. Dabei orientieren sich die Grundstückswertermittlung und die Gestaltung der Erbbauzinsen an den Erträgen einer nicht profitorientierten genossenschaftlichen oder gemeinwohlorientierten Wohnungswirtschaft. Kombiniert mit einer Genossenschaftsförderung kann so preis- und belegungsgebundener Wohnraum entstehen.

Dieser Artikel ist im  BürgerInnenbrief von Christiane Schneider und Heike Sudmann erschienen. Alle BürgerInnenbriefe der letzten Jahre können Sie hier einsehen. Wenn Sie den BürgerInnenbrief per E-Mail beziehen möchten, schicken Sie eine Mail an urvxr.fhqznaa@yvaxfsenxgvba-unzohet.qr oder puevfgvnar.fpuarvqre@yvaxfsenxgvba-unzohet.qr.