Hamburg – China: Menschenrechtsdialog stärken

BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG

  1. Sitzung

Mittwoch, 20. Januar 2010

 

Hamburg – China: Menschenrechtsdialog stärken

– Drs 19/5115 –

 

Norbert Hackbusch DIE LINKE:

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

 

Wir haben uns schon häufiger in der Bürgerschaft mit diesem Thema auseinandergesetzt, und zwar auch mit der Frage der besonderen Bedeutung der Menschenrechte in China und welche Verletzungen es dort gab.

Ich will nicht alles wiederholen, was gerade relativ einvernehmlich dargestellt wurde, sondern dies unterstützen und bekräftigen, dass es dort sehr viel zu tun gibt und wichtige Rechte in China verletzt werden, besonders im Zusammenhang mit der Todesstrafe, was Herr Frank in seiner drakonischen Art noch einmal dargestellt hat. Dies war so prägnant, dass ich es nicht noch einmal wiederholen will. Ich betone noch einmal, dass wir es unerträglich finden, dass irgendwo auf dieser Welt noch Todesstrafen durchgeführt werden, natürlich besonders in China.

Nach all den dargestellten Dingen will ich noch eines betonen, weil es mir sehr wichtig ist, auch durch die Erfahrungen während der Chinareise und dem, was ich im Umfeld gelesen und erlebt habe. Neben wesentlichen Fragen der Meinungs- und Pressefreiheit und der Todesstrafe geht es vor allen Dingen um die Frage der mangelnden Gewerkschaftsrechte, die nicht existieren.

Es zeigt sich im Zusammenhang mit den Wanderarbeitern und mit vielen arbeitenden Menschen als eine existentielle Frage, dass man in der Lage sein sollte, auch gewerkschaftliche Rechte fordern zu können, und das ist gerade in China sehr stark nicht vorhanden.

Ich will diese grundsätzlichen Fragen nicht vertiefen, aber einen zweiten Aspekt mit anführen, der mir im Zusammenhang mit den China-Diskussionen am meisten Sorgen macht. Wenn man diese internationalen Diskussionen verfolgt, ist es leider nicht so, dass die Chinesen mit der Haltung, die sie gegenwärtig auch im internationalen Rahmen dazu haben, in den letzten Jahren unbedingt sehr stark isoliert gewesen sind.

Eher habe ich das Gefühl, dass sie bei vielen Menschen gewisse Sympathien bekommen haben, und zwar bei denjenigen, die demokratische Grundprinzipien ablehnen, die sagen, was soll denn dieses Gesabbel in den Parlamenten, dieser Streit zwischen den Parteien, das bringt doch alles nichts, das können wir doch effektiver organisieren.

Mit dieser Mentalität von nicht-demokratischem Denken sind sie in vielen, Ländern und politischen Strömungen –auch in Europa – erfolgreicher als mir lieb ist. Das ist viel näher bei uns, als uns das häufig in unseren Diskussionen klar wird, und dementsprechend existiert eine sehr große undemokratische Gefahr.

Nun zu den Anträgen. Wenn man ganz unvoreingenommen ist wie ich als völlig unabhängiger Mensch – völlig unabhängiger Mensch –, dann kann man feststellen, dass beide Anträge erstens gar nicht so widersprüchlich und unterschiedlich sind und zweitens eigentlich gut miteinander verabschiedet werden könnten.

Auch die Debatte um die Frage, wie wir das einschätzen und was zu machen ist, weist gar keine Unterschiede auf. Meine Einschätzung dazu ist, dass die regierende Koalition im Wesentlichen nicht in der Lage ist, mit Anträgen, die eigentlich gut sind, vernünftig umgehen zu können. Das müssen Sie einmal lernen.

Das normale parlamentarische Verfahren ist, beide Anträge an den zuständigen Ausschuss zu überweisen und dort darüber zu debattieren, wie man sich gegenseitig noch verbessern und das Beste herausbekommen kann. Wenn man dann einer Meinung ist, kann man das hier vortragen und dann ist es parlamentarisch vernünftig und demokratisch gut, dass man in der Lage ist, so damit umzugehen. Dementsprechend weiß ich auch gar nicht, was gegen ein solches Verfahren spricht, und klage das einfach einmal ein. Wir haben es schon häufig gehabt, dass wir um Dinge streiten, die eigentlich in einem Ausschuss gut gelöst werden könnten.

Wir hatten gerade gestern im Europaausschuss eine sehr gute und interessante Debatte im Zusammenhang mit der Frage nach den neuesten Entwicklungen in Nicaragua und wie die verschiedenen Spezialisten in Hamburg und weitere Sachverständige diese einschätzen. Wir sind auch im Parlament in der Lage, solche Fragen gemeinsam zu diskutieren. Da sollte durchaus ein bisschen Nachhilfeunterricht erfolgen, und zwar hoffentlich mit Erfolg.

Deshalb plädieren wir dafür, diesen Antrag der SPD an den Europaausschuss zu überweisen und dort gemeinsam darüber zu sprechen, was die besten Möglichkeiten sind, um die Frage der Menschenrechte in China voranzutreiben; das zu unserem konkreten Verhalten.

Ich will diese Debatte nicht ohne einen letzten Hinweis beenden, der mir diesbezüglich sehr wichtig ist.

Selbstverständlich habe ich die Meinung der Linkspartei vertreten und ich fühlte mich bisher auch von der Linkspartei immer kräftig unterstützt. Ich habe bisher nie einen Unterschied feststellen können und bin jetzt völlig irritiert von dieser Zwischenfrage. Vielleicht ist irgendetwas an mir vorbeigegangen. Aber seien Sie sicher, ich bin nicht so ein Exot innerhalb dieser Fraktion, sondern werde eigentlich unterstützt.

Ein letzter Aspekt, der mir besonders wichtig ist. Wenn wir so kräftig und einvernehmlich, was ich durchaus unterstütze, mit der Kraft der Menschenrechte argumentieren und gemeinsam gegenüber China oder Nicaragua oder was es an anderen Fällen und Beispielen gibt auftreten, dann müssen wir im Zusammenhang mit den Fragen der Menschenrechte selbst auch völlig sicher und mit uns im Reinen sein.

Die Situation der Menschenrechtsverletzungen, die zwischen dem afrikanischen Kontinent und Europa stattfinden und das, was dort praktisch tagtäglich geschieht, ist unter Menschenrechtsaspekten unerträglich.

Es ist ein Menschenrecht, dass Menschen dorthin gehen können, wo sie hingehen wollen. Und es ist nicht nur das Recht, dass wir dorthin Waren exportieren und irgend etwas verkaufen, sondern es ist auch ein Menschenrecht, dass jeder Mensch überall hingehen darf, ohne durch Mauern daran gehindert zu werden. Das ist eine gewisse Zeit lang vielleicht völlig unmöglich zu organisieren, aber es ist ein Menschenrecht.

Diese Situation zwischen Afrika und Europa ist unerträglich und die vielen Toten sind auch eine Anklage an die Menschenrechtsverletzung, die wir in diesem Land mit organisieren. Wir haben Wanderarbeiter und ihre Situation in China kennengelernt und darüber diskutiert. Wir wissen alle, dass es Wanderarbeiter auch in Europa gibt; sie sind ohne Rechte. Gerade hat es in Italien wieder Auseinandersetzungen gegeben.

Die Wanderarbeiter müssen mit Rechten versehen werden, auch das ist eine wichtige Aufgabe. Menschenrecht ist unteilbar und wir müssen mit uns im Reinen sein, um gegenüber den anderen mit erhobenem Zeigefinger agieren zu können, und das verlange ich von uns. – Danke.