Plenarprotokoll 20/37: Entwurf eines Hamburgischen Kultur- und Tourismustaxengesetzes

Norbert Hackbusch DIE LINKE: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
Die Reden von Herrn Wersich und Frau Goetsch waren sehr gut argumentiert. Ich finde sie in vielen Beschreibungen auch völlig richtig und will es nicht wiederholen. Was mich leider daran irritiert, ist, dass die Realität im Bereich der Kultur damals nicht so schön war, wenn ich mich richtig daran erinnere.

(Dietrich Wersich CDU: 30 Prozent in zehn Jahren!)

Aber die aktuellen Worte waren sehr gut und dementsprechend will ich das nicht wiederholen. Eine einfache Frage kann man sich stellen: Warum soll sich eigentlich jemand, der nach Hamburg kommt, um die Schönheit und Kultur dieser Stadt zu sehen, nicht an den Kosten dafür beteiligen, die sonst nur derjenige, der hier wohnt, bezahlt? Eine Kulturabgabe oder Bettensteuer oder wie man es benennen will ist von der Logik her völlig vernünftig. Derjenige, der zu Besuch kommt, soll sich finanziell auch daran beteiligen, das halte ich für richtig und logisch. Wir können uns von daher hoffentlich darauf verständigen, dass es auch einen Sinn macht.
Ich gebe auch zu, dass wir uns erst einmal nach dem neuen Urteil vom Verwaltungsgericht überlegen müssen, wie das praktisch passieren soll. Das können wir gegenwärtig nicht debattieren, ich kenne hierzu auch nicht die konkreten Beispiele. Aber das werden wir in den nächsten Wochen diskutieren.
Dementsprechend bleibt die Frage, was man eigentlich mit diesem Geld macht und wofür man es braucht. Die Begründung, warum es so verstreut wird, besteht darin, dass aufgrund dessen Touristen kommen und dies das Kriterium ist, welche Bereiche man stärken will. Aber dann gibt es vielleicht von der Logik her für jedes Schiff, das nach Hamburg kommt, 50 Euro, denn Schiffe sind ein guter Grund, warum sehr viele Touristen nach Hamburg kommen. Dies könnte mit der gleichen Logik gemacht werden, um den Hamburger Hafen zu subventionieren. Das scheint irgendwie keinen richtigen Sinn zu machen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das passiert doch schon alles!)

Das Zweite, wofür man es auch nicht aufbringen sollte und womit man den Touristen, dem man das Geld wegnimmt, beschummelt, ist, es dafür auszugeben, dass noch mehr Touristen kommen. Es ist von der Logik her Quatsch, den Tourismus als solchen zu unterstützen und zu sagen, wir nehmen von ihnen Geld, nicht, um etwas Vernünftiges in dieser Stadt zu machen, sondern um noch mehr Touristen anzulocken. Auch dieser Bereich der Ausgabe der Bettensteuer oder Ähnliches macht keinen vernünftigen Sinn.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist eine Art und Weise, bei der man nicht daran denkt, was man eigentlich in dieser Stadt unterstützen will. Das Konstrukt scheint mir eher zu sein, warum welches Geld wie verteilt wird, wo es welche Lobbygruppen gibt, die Druck aufbauen. Wenn man es sich vernünftig überlegt, gibt es immer einen Grund, warum diese Menschen gern nach Hamburg kommen und warum es so viel mehr geworden sind. Das möchte ich einmal für zwei verschiedene Bereiche verdeutlichen. Für die religiös Angehauchten unter Ihnen würde ich sagen, dass man das Geld in die Seele der Stadt investieren muss.

(Antje Möller GAL: Seele gibt’s auch ohne Religion, also echt!)

Der Grund, warum die Menschen in diese Stadt kommen, sind die aktuellen kulturellen Momente und nicht, um sich irgendein Musical anzusehen, sondern weil die Stadt als solches lockt. Dieses Moment zu verstärken ist doch vernünftig. Für die etwas marxistisch Geschulten – es gibt vielleicht noch ein paar – würde ich es so ausdrücken, dass man sagt, man muss den Gebrauchswert dieser Stadt steigern. Das ist doch das entscheidende Moment. Nur wenn es einen Gebrauchswert gibt, einen Sinn, in diese Stadt zu kommen, kann man den Tauschwert realisieren – vielleicht sind einige von Ihnen einigermaßen klug, um das analytisch zu verstehen –, nur dann kommen auch mehr Touristen.

Meine Damen und Herren! Es ist also der Sinn, der verstärkt werden sollte, und diesen Sinn wird man im Zusammenhang mit dem Bereich Kultur entdecken. Dementsprechend ist es unsinnig, nur 50 Prozent dafür auszugeben, sondern man sollte vernünftigerweise100 Prozent dafür ausgeben und nicht, um irgendwelche Löcher zu stopfen, sondern um in der Lage zu sein, originell Neues in dieser Stadt zu entwickeln.

(Beifall bei der LINKEN und der GAL)

Ich hoffe, dass endlich einmal aus den Köpfen herauskommt, ständig zu sagen, wir sollten so erfolgreich sein wie Paris und London, dann würden auch so viele Touristen hierher kommen. Sehen Sie sich doch einmal Paris, London oder ähnliche Städte an. Wenn so viele Menschen hierher kommen würden und Hamburg so attraktiv wäre, hätten wir Hamburger hier gar keinen Platz mehr. Man kann in Paris als normal arbeitender Mensch noch nicht einmal mehr eine Wohnung bekommen. Ich weiß nicht, ob Sie sich einmal um London gekümmert haben, auch da ist es so. Das sind keine erfolgreichen Beispiele, das wirkt eher, als ob einige ein bisschen zu viel Koks genommen haben und deshalb von irgendetwas träumen. Das ist nicht die Zukunftsvision, die wir uns als LINKE vorstellen.

(Beifall bei der LINKEN)