Hamburgs Klimaplan: Ein Zettelkasten ohne Visionen

Wer darauf hoffte, dass die ehemalige Umwelthauptstadt Hamburg endlich wieder Fortschritte in Sachen Klimaschutz macht, wird bitter enttäuscht: Der neue Klimaplan, den Umweltsenator Jens Kerstan am Montag vorgestellt hat, zeigt vor allem eines: Klimaschutz in Hamburg ist vor allem eine Frage der Wirtschaft.

Gerade vor dem Hintergrund der Weltklimakonferenz in Paris bleibt das Konzept weit hinter den Erwartungen zurück, echte Durchsetzungskraft und nachhaltige Maßnahmen fehlen darin völlig. So wurden die ursprünglichen klimapolitischen Ziele für 2020 gestrichen: Statt, wie geplant 40 % CO2 bis 2020 einsparen zu wollen, wurde kurzerhand ein neues Einsparziel von 50 % ausgerufen – erreicht werden soll es aber erst 10 Jahre später.

Ambitionierte Ziele in der Klimapolitik? Fehlanzeige!

Während die Auswirkungen des Klimawandels weltweit immer deutlicher werden und mit neuen Flüchtlingsbewegungen in dessen Folge zu rechnen ist, setzt der Senat auf ein fades „Weiter so“ in der Klimapolitik. „Mit Grünbedachung, Elektroautos und dem Ausbau des Fahrradverkehrs allein wird Hamburg dem Klimawandel nicht begegnen können. Die Stadt braucht ambitionierte Ziele und Visionen“, sagt Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Bürgermeister Scholz lässt zwar wieder vieles angekündigt, aber was wirklich ‚geliefert’ und auch abrechenbar ist, steht in den Sternen. Es fehlen Maßnahmen, die schon heute Klimaschädigungen begrenzen können.“

Deutlich wird, dass Klimaschutz in Hamburg eine Sache von Finanz- und Wirtschaftsbehörde ist. Ein klares Zeichen dafür, wohin Hamburg in der Klimapolitik steuert, ist die offizielle Inbetriebnahme des Kraftwerks in Moorburg durch Olaf Scholz. Dazu Stephan Jersch: „Hamburg hat nicht einmal mehr den Anspruch in der Klimapolitik wieder Vorreiter werden zu wollen. Ein so kraftloses Papier wie der neue Klimaplan ist eine Enttäuschung und ein herber Rückschlag. Es stellt sich die Frage welche Hausmacht der Umweltsenator im Senat eigentlich hat?“

Verschiebung der Klimaziele ist eine Kapitulationserklärung

Der Umweltsenator stellte in der Landespressekonferenz fest, dass die Politik nicht alles regulieren könne. Stephan Jersch überzeugt dieses ‚Argument‘ für die Tatenlosigkeit des Senats nicht: „Dass der Senat praktisch auf jede ordnungspolitische Maßnahme zum Erreichen der lebensnotwendigen Klimaziele verzichtet ist eine Kapitulationserklärung und zeigt erneut, dass diese Regierungskoalition nicht durchsetzungsfähig genug ist.“ Es bleibe bei Wünschen, Angeboten und Bitten an die Akteure in der Stadt, stellt Jersch fest: „Mit der Förderung positiver Maßnahmen alleine wird Hamburg auch seine auf 2030 verschobenen Klimaziele nicht erreichen. Stattdessen vermittelt der Klimaplan den Eindruck, dass Hamburg sich im Klimawandel einbunkert und sich auf die Verarbeitung der Folgen konzentriert!“

Sozial benachteiligte Menschen leiden unter Umweltbelastungen

Auch der soziale Aspekt des Klimawandels findet im Hamburger Klimaplan keine Beachtung. „Die gesundheitlichen Umweltbelastungen unterscheiden sich in den Hamburger Stadtteilen: Ihre Lage und der soziale Status entscheiden, in welchem Umfang Kinder, Jugendliche und Erwachsene durch Umweltschadstoffe belastet sind“, so Stephan Jersch. „Sozial benachteiligte Menschen sind besonders oft von verkehrsbedingten Belastungen wie Lärm und Luftschadstoffen betroffen, sie haben seltener Zugang zu den städtischen Grünflächen. Doch es ist zu befürchten, dass die Lasten des Klimawandels gesundheitlich und finanziell gerade von diesen Menschen getragen werden müssen.“

Foto: © Ajepbah/Wikimedia Commons