Haushalt Innenbehörde: GAL schwebt in virtuellen Bürgerrechtswelten

Die innenpolitische Sprecherin Christiane Schneider stellte der Koalition in der Innenpolitik anlässlich der Haushaltsdebatte ein schlechtes Zeugnis aus:“Eine der spannenden Fragen der schwarz-grünen Regierungsbildung war ja, ob es der GAL gelingen könnte, den seit Schwarz-Schill lädierten Grund- und Menschenrechten wieder mehr Geltung zu verschaffen. Nicht zuletzt daran wird sich die GAL am Ende messen lassen müssen. Die bisherige Bilanz fällt dünn aus und schlägt sich auch im Haushalt nieder.“

Der Umgang mit Flüchtlingen habe sich kaum verändert und auch bei der Integration von Migrantinnen und Migranten seine keine großen Fortschritte zu verzeichnen. Es sind keine Anstrengungen erkennbar, die drastisch gesunkene Zahl der Einbürgerungen zu erhöhen, zudem werden viele junge Migranten, die die doppelte Staatsbürgerschaft haben, nach Erreichen der Volljährigkeit gezwungen, sich für eine der beiden Staatsbürgerschaften zu entscheiden.

„Wir fordern den Senat auf und appellieren besonders an die GAL, sich auf Bundesebene für die Abschaffung des integrationsfeindlichen Optionsmodells einzusetzen und auf Hamburger Ebene die Bedingungen für Einbürgerung deutlich zu verbessern“, erklärte Schneider.

Die größten Defizite machte Schneider im Bereich der Bürgerrechte aus: „Hier prallen zwei grundsätzlich konträre Auffassungen hart aufeinander. Wir gehen in der Innenpolitik von den Bürgerrechten aus. Wir verstehen die Bürgerrechte als Grundfreiheiten und Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe. Und deshalb verstehen wir Sicherheit in erster Linie als Gewissheit der dem Individuum verbürgten Freiheit. Dagegen steht eine Politik, die unter Berufung auf die Sicherheit nahezu ununterbrochen die staatlichen Eingriffsermächtigungen ausweitet und das Verhältnis von Bürger/innen und Staat immer mehr in Richtung Staat verschiebt. Leider spielt der große Koalitionspartner mit dem kleinen auf diesem Feld der Grund- und Freiheitsrechte Katz und Maus.“

Typisch sei die jüngste Auseinandersetzung um die „Handlungsanweisung“, ein Leitfaden des PK 14 zur Vertreibung von Personen und Personengruppen aus der Innenstadt, die durch  Fraktion DIE LINKE an die Öffentlichkeit gebracht wurde: „Die GAL war absolut überrascht. In der Koalitionsvereinbarung ist nun allerdings beides vereinbart, wenn ich es interpretiere, sowohl, dass es keine Vertreibung von Randgruppen geben soll, wie auch, dass die ordnungsrechtlichen Regelungen ausreichend Handhabe für Vertreibung bieten. Nach dem zweiten Gespräch verkündete man in trauter Eintracht, durch unglückliche Formulierungen seien Missverständnisse aufgetaucht, die nun beseitigt wären. Lediglich ein Absatz wurde aus der Handlungsanweisung gestrichen. Schon am nächsten Freitag ging die Polizei gegen Punks auf dem Rathausmarkt vor.

Es stimmt, CDU und GAL leben innenpolitisch in unterschiedlichen Welten. (Möller) Wenn man sich respektiert, geht’s. Zweifel. In dieser Koalition ist die innenpolitische Welt der GAL so etwas wie das „second life“, eine virtuelle Welt, in der man sich alles so zurechtmachen kann, wie man es möchte. Aber wie auch sonst im „second life“ kann man das erste, das reale Leben zwar ausblenden, aber es verschwindet nicht. Der Innensenator gehört zu den härtesten Law-and-Order-Politikern im Land.“

„Klar, auch die GAL protestiert regelmäßig und hält somit ihr Image als Bürgerrechtspartei aufrecht. Aber die wichtige Frage, die sich die GAL gefallen lassen muss: Wie ist die politische Praxis? Eine auch nur annähernd grundlegende oder wenigstens deutliche Veränderung gegenüber den letzten Jahren ist nicht festzustellen. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist in einer anhaltend schlechten Verfassung.“

Die beiden Polizeigesetze, die als die härtesten in Deutschland bezeichnet werden können, sind ein Jahr nach den Wahlen noch nicht einmal entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst. Seit Jahren sind die Eingriffsbefugnisse der Polizei ausgeweitet worden.  Auch die Ausstattung der Polizei mit neuen gefährlichen Waffen, wie dem Taser und mit den hoch gefährlichen Stahlknüppeln, geht unter Schwarz-Grün weiter. „Wir wollen, dass die Polizei nicht mit immer neuen Eingriffsbefugnissen und immer gefährlicheren Waffen ausgestattet wird, sondern dass sie eine bessere Ausbildung erhält.“

Zum Haushalt des Landesamts für Verfassungsschutz kritisierte Schneider, dass hier ein „Blankoscheck“ ausgestellt werden soll und äußerte ihre Empörung darüber, dass Innensenator Ahlhaus sich weigert die V-Leute in der NPD abzuschalten, um einem neuen NPD-Verbotsverfahren den Weg freizumachen. Die Fraktion DIE LINKE unterstützt den SPD-Antrag zum Rechtsextremismus, nicht aber den anderen Antrag.

„Während in der Innenpolitik die Sicherheit zum unangreifbaren Mythos gemacht und alles damit gerechtfertigt wird, spielt in einem anderen Bereich die Sicherheit keine so große Rolle“, sagte Schneider und schloss ihre Rede mit der Forderung nach 157 neuen Stellen für die Berufsfeuerwehr.