Kultur für Alle statt Prestigeprojekte

Auf der heutigen Pressekonferenz stellte der kulturpolitische Sprecher Norbert Hackbusch den Leitfaden für die Kulturpolitik der LINKEN in den nächsten ein bis zwei Jahren vor. Kernpunkt waren praktische Maßnahmen gegen die soziale Ausgrenzung in kulturellen Einrichtungen, die insbesondere durch die Eintrittspreise verursacht werden. Norbert Hackbusch stellte verschiedene internationale und nationale Modelle mit kostenlosen oder flexiblen Eintrittsmodellen vor.

Obwohl diese Maßnahmen sehr erfolgreich sind, hat Hamburg diesbezüglich wenig unternommen und hinkt im nationalen wie internationalen Vergleich weit hinterher. Dies könnte unter anderem an der Fixierung des Senats auf teure Leuchtturmprojekte liegen. Die fertige Elbphilharmonie wird nicht nur symbolisch die soziale Ausgrenzung im Kulturbereich ausdrücken, sondern auch mit ihren Betriebskosten den Kulturhaushalt dramatisch belasten.  Die Kulturbehörde muss ihre reservierte Haltung aufgeben und es müsse damit angefangen werden, mit verschiedenen Maßnahmen in Hamburg zu experimentieren.

Der Antrag Kultur für Alle (Drs.19/1896), in dem der Senat aufgefordert wird auch in Hamburg die Realisierung konkreter Maßnahmen zu prüfen wird am kommenden Donnerstag in der Bürgerschaft eingebracht

Es ist unbestritten, dass es Barrieren gibt für die Kulturstätten dieser Stadt und besonders für die wichtigen Museen und Theater. Nach allgemeinen Umfragen schätzen wir, dass 50 % sie gar nicht nutzen, 40 % selten und unter 10 % häufige Nutzer sind. Dabei nutzen Ältere diese Angebote häufiger als Jüngere und es gibt eine kräftige soziale Selektion.
Das ist sozial ungerecht – zumal viele Menschen gern an dieser Kultur teilnehmen wollen, aber aufgrund der hohen Eintrittspreise daran gehindert werden.

Das ist schlecht für die Kultur zumal sie ihre wichtige Aufgabe eine Klammer für die Gesellschaft, ein Hort der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu sein nur unzureichend wahrnimmt und wahrnehmen kann.
Das ist schlecht für die Gesellschaft, da die kulturelle Auseinandersetzung wichtig für ihren Zustand und ihre Entwicklung ist.

Wir möchten mit dem vorliegenden Antrag das Thema auf die Tagesordnung setzen und eine grundsätzlich Diskussion und Veränderungen anregen. Kultur für alle werden wir in dieser Stadt nicht durch allgemeine Erklärungen erreichen, sondern dafür bedarf es unterschiedlicher Schritte:

  1. Wir erwarten eine umfassende Auseinandersetzung um die Frage welche Barrieren existieren und wie sie überwunden werden können. Auch die kulturellen Institutionen müssen sich dieser Aufgabe ständig stellen und der Stadt gegenüber berichten.
  2. Zusätzlich erwarten wir Verbesserungen durch folgende Aktionen:
    * freien Eintritt in die Hamburger Museen zumindest an einzelnen Tagen und zumindest für die ständigen Sammlungen. Das wurde mit großem Erfolg in großen Städten wie Paris, London und New York eingeführt. Einige Städte wie Köln prüfen das gegenwärtig.
    * Das Beispiel aus Berlin zu prüfen, sozial schwachen Menschen das Recht zu geben vor der Vorstellung für 3 Euro nicht verkaufte Karten erwerben zu können (auf allen Plätzen!) Dieser Berlin-Paß wurde gerade zum 1. Januar mit neuen Angeboten in einem vereinfachten Verfahren neu angeboten – nach ersten Pressebeobachtungen mit einigem Erfolg. Der Sozialpaß der Hansestadt könnte ein Ansatz sein.
    * Bezahl was Du kannst, pay as you want/can. Beispiele dafür gibt es aus den USA wo  es an einigen Tagen auch in großen Museen dieses Angebot gibt. In Hamburg gibt es einige kleine Kulturinstitutionen wie „Elfen im Park“, das Norwegerheim etc. die damit seit Jahren arbeiten. Im Dezember gab es einen ersten Versuch dazu im Schauspielhaus bei der „Marat“- Aufführung, die von den Verantwortlichen als erfolgreich bilanziert wurde.

Die Europäische Kommission hat im Jahre 2004 hervorgehoben:
„Die Teilnahme an kulturellen Aktivitäten ist eine wichtige Möglichkeit, mit der Menschen und Gemeinschaften ihre eigene Identität bestimmen und auszugestalten und diese anderen vermitteln … Somit ist die Kultur ein Mittel für die aktive Teilhabe an der demokratischen Gesellschaft. Die Förderung des Zugangs zu kulturellen Aktivitäten und die Teilnahme daran ist ein ebenso bedeutsamer und gewichtiger Faktor bei der Errichtung einer integrativen Gesellschaft wie die Förderung der Teilnahme an den Bereichen Wirtschaft, Beschäftigung oder Soziales. Im Vergleich zur Sozialpolitik ist für kulturelle Aktivitäten entscheidend, dass diese einen positiven Ausgangspunkt haben: Menschen werden nicht als Problem, sondern als potenzielle und konkrete Bereicherung angesehen.“

Die Europäische Kommission verlangt für die Umsetzung Nationale Aktionspläne.

Neben der sozialen Ausgrenzung verlangen Gruppen wie Jugendliche und Kinder, Senioren und behinderte Menschen besondere Beachtung.

Angesichts der explodierenden Kosten für die Elbphilharmonie sollte auch und gerade für die Regierungsparteien ein besonderer Druck für eine wahrhafte „Kultur für alle“ existieren.