Plenarprotokoll 20/26: Aktuelle Stunde: Rechnungshof hat Recht: SPD versagt in der Haushaltspolitik

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin sehr erfreut über den Rechnungshofbericht. Er hat die Situation der Stadt und die Aufgaben, die vor ihr liegen, eindringlich dargelegt. Eine Zahl zeigt die Dramatik der Situation besonders deutlich: Schon in seinem Vorbericht hat der Rechnungshof im Zusammenhang mit den Stelleneinsparungen nachgewiesen, dass nach den Vorgaben des Senats nicht 250 Stellen  im Jahr abgebaut werden müssten, sondern 950 Stellen.

Ich könnte es mir jetzt so einfach wie einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner machen, die gesagt haben, ihre Partei habe niemals und in keiner Art und Weise das strukturelle Defizit mit zu verantworten gehabt, und sich als diejenigen darstellen, die alles glorreich und richtig machen. Aber ich glaube, die Situation ist schwierig und um einiges komplizierter, als es gegenwärtig diskutiert wird.

Ich finde es gut, dass der Rechnungshof uns klarmacht, welche Schwierigkeiten wir in dieser Stadt haben und wie unsere finanzielle Situation aussieht; das ist besonders wichtig im Zusammenhang mit der Infrastruktur. Ich finde aber, dass der Bericht ein Defizit im Hinblick darauf hat, was ich soziale und kulturelle Infrastruktur nennen würde. Es ist leicht, klar zu machen, dass es umso teurer wird, eine Straße zu reparieren, je stärker sie kaputtgegangen ist.
Wenn soziale und kulturelle Infrastruktur in die Brüche geht, sind wir nicht in der Lage, den Schaden in Euro zu beziffern, und trotzdem ist es dramatisch.
Ich teile die Meinung von Herrn Scheele aus der gestrigen Debatte nicht, dass das Problem in Wilhelmsburg nicht auch ein Problem der materiellen
Ausstattung der Jugendhilfe ist. Ich habe den Eindruck, dass dort zu wenig Geld ausgegeben worden ist.

(Beifall  bei  der  LINKEN  –  Dirk  Kienscherf SPD: Das ist doch Blödsinn!)

Und wenn das der Fall ist, dann muss man sich darüber Gedanken machen, wie man in die Lage kommt, die Jugendhilfe finanziell ausreichend auszustatten. Das muss man diskutieren, Herr Kienscherf,

(Dirk Kienscherf SPD: Es lag nicht am Geld, das wissen Sie ganz genau!) 

und solche dummen Zwischensprüche sind Ihnen nicht erlaubt.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU, der GAL und der FDP)

Gestern haben Sie versprochen, das aufzuarbeiten.

(Dirk Kienscherf SPD: Da waren fünf Leute in der Familie! Das wissen Sie auch! – Glocke) Präsidentin Carola Veit (unterbrechend):
Ihnen, Herr Hackbusch, ist das Wort „dumm“ nicht erlaubt. (Dora Heyenn DIE LINKE: Aber er hat „Blödsinn“ gesagt!) Dann bitte ich auch Herrn Kienscherf,  entsprechend zum parlamentarischen Sprachgebrauch zurückzukehren.

Norbert Hackbusch DIE LINKE (fortfahrend):
Wenn wir das aufarbeiten und feststellen, dass es Defizite in unserer sozialen Infrastruktur gibt, dann müssen wir diese beseitigen und können uns nicht
auf Zahlen nach dem Motto, dass wir Ausgaben reduzieren müssen, zurückziehen. Das ist die eine Seite.

(Andy Grote SPD: Und das kann man alles mit mehr Geld lösen!)

– Nein, aber Sie haben Scheuklappen auf und sagen, am Geld könne es auf keinen Fall liegen. Das hat gestern Herr Scheele gesagt, und das ist falsch.
Die andere Seite – und das hat der Rechnungshof zu wenig berücksichtigt – ist die Frage der Einnahmesituation. Hamburg ist keine Insel. Morgen wird
im Bundesrat eine Entscheidung über 480 Milliarden Euro gefällt, die die Bundesrepublik als neue Sicherheit für die Banken aufbringen soll. Das heißt, allein Hamburg muss 12 Milliarden Euro tragen. Morgen beschließt also der Bundesrat, dass jeder Hamburger Bürger 8000 Euro Sicherheiten und  Bürgschaften für die Banken aufnimmt. Und wir diskutieren diese Frage nicht, sondern tun so, als ob wir Unterabteilungsleiter in einem kleinen Unternehmen wären nach dem Motto: Wir haben diese Marge auferlegt bekommen und müssen sie erfüllen. So ist es aber nicht, sondern Sie alle haben die Verantwortung für die soziale und kulturelle Infrastruktur in dieser Stadt.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie tragen die Verantwortung dafür, dass man hier noch gut leben kann. Und da kann man nicht sagen, dass man eben nur so und so viel Geld zur Verfügung habe, sondern man muss dafür streiten, dass sich das ändert. Das ist die Aufgabe der Sozi aldemokratie. Sie haben versprochen, gemeinsam
mit uns dafür zu streiten, dass sich die Einnahmen verbessern, dass wir weniger ausgeben für die Bankenrettungen in dieser Welt und mehr für die
soziale und kulturelle Infrastruktur in dieser Stadt.

Das ist für mich die Schlussfolgerung aus unserer Situation. Die Diskussion wird uns dieses Jahr noch begleiten, ich freue mich darauf.

(Beifall bei der LINKEN)