Plenarprotokoll 20/59: Elbphilharmonie-Deal mit HOCHTIEF – Warum verzichtet der Senat auf Hunderte Millionen?

Norbert Hackbusch DIE LINKE: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Immerhin im letzten Punkt hatte mein Vorredner auf jeden Fall recht. Das zeigt natürlich auch die Schwierigkeit der Debatte auf. Weil wir so etwas unter einem solchen Zeitdruck und ohne unabhängige Gutachten machen, die einfach in der Zeit nicht ordentlich herzustellen sind, ist diese Debatte einfach unheimlich kompliziert und wird dementsprechend, wie gegenwärtig, immer Eskapaden hervorbringen.

Zweitens ist die Darstellung, wir seien umfänglich informiert worden, natürlich falsch. Das ist doch durch diese Veröffentlichung im „Spiegel“ noch einmal deutlich geworden. Ich möchte die Schwierigkeit noch einmal genau darstellen. Die ReGe hatüber Monate hinweg ein Ausstiegsszenario aus dem Vertrag mit HOCHTIEF vorbereitet, hat ausgerechnet, warum das vernünftiger ist, hat Schadensersatzforderungen eingerechnet und überlegt, wie man dementsprechend möglichst kostengünstig vorgehen kann. Dann ist der Senat, und zwar der Bürgermeister höchstpersönlich, umgeschwenkt und hat gesagt, er wolle das nicht mehr.
Ein solches Umschwenken darf nicht vom Bauchgefühl eines Bürgermeisters oder von ungefähren Zahlen bestimmt werden,

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Martina Kaesbach, Katja Suding, beide FDP, und Dietrich Wersich CDU)

sondern das muss mit konkreten Zahlen belegt werden. Sie müssen darstellen, wie viel Schadensersatz möglich wäre. Wir haben uns doch all die Konflikte angesehen und es scheint, dass für die Schadensersatzfragen vor allen Dingen HOCHTIEF verantwortlich gewesen ist. Das zeigen die ReGe-Diskussionen, die wir hatten, und dementsprechend muss man das auch monetär unterlegen. Alles andere ist fahrlässig. Alles andere ist nicht Klarheit und Wahrheit, auf deren Grundlage das Parlament vernünftig entscheiden könnte, und entspricht meiner Meinung nach auch nicht der Landeshaushaltsordnung. Ich halte es nicht für möglich, was hier gemacht wird.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Dietrich Wersich CDU)

Das muss öffentlich debattiert werden mit öffentlichen Zahlen. Ich verstehe gar nicht, wie man sagen kann, alles sei umfänglich dargestellt worden. Das ist es an diesem Punkt nicht. An diesem Punkt ist nur ein Bauchgefühl dargestellt worden. Meine Damen und Herren! Die Sache mit dem Bauchgefühl hat ein noch grundsätzlicheres Moment. Der Bürgermeister hat uns dargestellt, die Kosten für das eine wie für das andere seien ungefähr gleich hoch. Auch das ist keine Grundlage, um sich vernünftig entscheiden zu können.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Martina Kaesbach FDP)

Selbst wenn es ungefähr das Gleiche kostet, dann müssen wir uns völlig klar darüber sein, was die Aussage des Bürgermeisters für die Stadt und für die ReGe zusätzlich bedeutet. Er sagt: Ich vertraue den Institutionen in dieser Stadt nicht, ich vertraue meinem Unternehmen nicht, sondern ich vertraue eher dem Unternehmen HOCHTIEF.

(Dirk Kienscherf SPD: Bisher war es doch genau umgekehrt! – Gabi Dobusch SPD: Das ist Quatsch!)

Das zeigt, in welcher Art und Weise der Bürgermeister den Institutionen dieser Stadt gegenüber steht. Ich halte diese Art zumindest für diskussionswürdig,

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

und wir müssen sie dementsprechend mit Zahlen demontieren. Wenn beides gleich teuer ist, warum schmeiße ich mich dann demjenigen an den Hals, der uns monatelang, wie wir in unseren gemeinsamen Diskussionen festgestellt haben, vera… hat? – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Zweiter Beitrag

Norbert Hackbusch DIE LINKE: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist die erste Debatte, um diese Drucksache zu behandeln. Wir werden uns das in den weiteren Diskussionen und Gutachten anschauen und im Ausschuss betrachten. Im Gegensatz zu Ihrer Aussage, Sie hätten die Drucksache sehr fleißig gelesen, haben wir von der Opposition konkret gesagt, dass wir die Drucksache nicht nur insgesamt beurteilen wollen, sondern die Einzelheiten genau wissen möchten. Sie haben nicht ein einziges Argument genannt, warum es nicht notwendig sein sollte, Einzelheiten darzustellen. Das ist eine sehr schlechte Leistung von Ihnen, und Sie haben den Einstieg in diese Debatte völlig verpatzt.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU und den GRÜNEN)

Zu sagen, dass wir über die Einzelheiten nicht diskutieren können, wie Frau Kisseler das dargestellt hat, sondern dass wir über das Große und Ganze entscheiden müssen, hü oder hott, ist eine Art und Weise, die der Demokratie fremd ist.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist Ausschussarbeit! Das hat sie doch gar nicht gesagt!)

Wir wollen die einzelnen Punkte wissen, wir wollen wissen, warum wir in dieser Drucksache die verschiedenen Szenarien nicht dargestellt bekommen haben. Darauf war diese Debatte fokussiert. Sie aber antworten mit allgemeinen pauschalen Fragen, ob wir die Elbphilharmonie mögen oder nicht und ob wir dahin wollen oder nicht; das ist nicht die Frage. Und wenn Sie nicht dazu in der Lage sind, die Mühen der Ebenen zu durchschreiten, dann können Sie Ihren Bürgermeister mögen, aber das reicht nicht, um eine Debatte zu bestehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU und den GRÜNEN)