Plenarprotokoll 20/86: Unterfinanzierung der Bezirke durch Schuldentilgung beenden

Norbert Hackbusch DIE LINKE: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Welch eine Freude bei der SPD aufgrund dieser Rede, das habe ich selten gesehen.

(Jens Kerstan GRÜNE: Herr Bläsing ist Mitarbeiter der Woche!)

– Hat er schon einen Antrag gestellt? Nein, gut.
Ich möchte jetzt nicht die allgemeinen Wahlkampftrommeln rühren, die wir im Bezirkswahlkampf in den letzten Wochen nun hinter uns haben. Aber ich möchte Sie alle, vor allem die SPD-Fraktion, daran erinnern, wie denn Ihre Bilanz in den Diskussionen in den Bezirken war. Wir haben Bezirkswahlen am nächsten Sonntag. Wir haben alle intensiv in verschiedenen Institutionen in den Bezirken diskutiert, und Sie werden doch sicherlich mit dem Gleichen konfrontiert worden sein, mit dem ich konfrontiert wurde und wahrscheinlich viele hier. Es knirscht in den Bezirken gewaltig. Und jeder, der so tut, als wenn das kein Problem wäre, macht einfach nur die Augen zu und ist eigentlich für Politik nicht fähig.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Schauen Sie sich die einzelnen Sachen an, beispielsweise die Öffnungszeiten. Reden Sie mit allen Menschen, die dort in den Bezirken arbeiten. Schauen Sie sich das Grün an oder die Bürgerhäuser. Denken Sie an die Diskussion, die wir in Bergedorf hatten, oder an den Zustand des Grüns, über den wir in Altona diskutiert haben. Was ist denn dort? Das sind doch riesige Defizite. Entweder Sie sagen, die Bezirke organisieren das falsch und sind nicht richtig aufgestellt, oder Sie müssen feststellen, dass es dort ein strukturelles Defizit gibt. Ich denke doch, dass Sie die Augen dort aufgemacht und diese Defizite festgestellt haben.
Nehmen wir beispielsweise die Wohnpflege, die in Altona praktisch nicht mehr besetzt ist. Das sind alles aktuelle Probleme, und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Abgeordneter oder eine Abgeordnete in den letzten drei Wochen dort durch die Gegend gelaufen ist und damit nicht konfrontiert wurde. Dementsprechend gehört es sich nicht, so zu tun, als wenn es dort keine Probleme gäbe, denn die gibt es dort. Und damit müssen Sie sich auseinandersetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie müssen sich auch mit dem grundsätzlichen Problem der Tarifsteigerungen auseinandersetzen und dass sie nicht abgedeckt sind. Im Kulturbereich und in anderen Bereichen haben wir noch
größere Probleme. Fragen Sie den Finanzsenator, was die Bezirke ihm abgeliefert haben vor einigen Wochen, dass sie nämlich nicht in der Lage sind, das für die nächsten Jahre in der mittelfristigen Finanzplanung zu schaffen. Und Sie tun so, als wäre das kein Problem, weil Sie nicht wissen, wie Sie das gegenwärtig lösen können. Genauso ist Herr Quast hier aufgetreten und hat es diskutiert, und deswegen sehen Sie meiner Meinung nach dort nicht richtig hin. Nur derjenige, der feststellt, dass diese Probleme da sind, ist auch in der Lage, sich damit auseinanderzusetzen.

Die letzten ein, zwei Jahre ging das vielleicht noch so einigermaßen. Aber alle Planungen für die nächsten drei, vier Jahre sagen Ihnen, dass das nicht mehr funktionieren wird. Wir werden die mittelfristige Finanzplanung gerade im Zusammenhang mit den Bezirken sehr intensiv diskutieren, und wir werden feststellen, was dort genau überlegt wird. Ich bin nicht der Meinung, dass Sie das durchhalten können. Wir werden diskutieren, inwieweit Sie das durchhalten können und wie weit man in der Lage ist, dieses Moment an der Stelle aufzumachen, denn wir werden diese Kürzungen in den Bezirken nicht durchsetzen, wenn dort nicht richtige, strategische Einschnitte gemacht werden. Und dazu machen Sie momentan keine Vorschläge. Ich würde sie auch politisch für falsch halten. Dementsprechend ist es notwendig, dass wir mehr Geld für die Bezirke ausgeben. Ich bin aber der Meinung – da stimme ich der SPD erstaunlicherweise zu –, dass die Tricks, die dort genannt werden, nicht richtig ziehen.

Wir haben gegenwärtig das Geld zur Verfügung, da hat Herr Kerstan recht, aber für alle strategischen Überlegungen gibt es, das müssen wir als Haushälter sagen, die strukturelle Unterfinanzierung des Hamburger Haushalts, das stellt der Rechnungshof fest. Und diese strukturelle Unterfinanzierung des Hamburger Haushalts führt dazu, dass wir an irgendeiner Stelle überlegen müssen, wie wir damit zurechtkommen.

Wir sagen, die einzige wesentliche Lösung, die es dazu gibt, sind mehr Einnahmen. Wir müssen dafür gemeinsam gesellschaftlich kämpfen. Ich bin der Meinung, dass es zu diesem Weg keine Alternative gibt. Und den müssen wir gemeinsam beschreiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit den paar Millionen Euro, die es momentan gibt, kann man aber das Problem nicht lösen. Wir sind nicht in der Lage, die Finanzierung in dieser Stadt zu schaffen, wenn wir nicht die Einnahmen kräftig erhöhen und dafür gesellschaftlich gemeinsam kämpfen. Ich hoffe, dass es dafür noch eine Mehrheit in dieser Stadt gibt. An und für sich gibt es sie, aber wir müssen sie auch politisch zu etwas Aktivem gestalten. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)