In der Bürgerschaftsdebatte über den Haushalt der Behörde für Wirtschaft und Arbeit warf der haushaltspolitische Sprecher der LINKEN, Dr. Joachim Bischoff, dem Senat erneut Untätigkeit und Unentschlossenheit in Zeiten der Krise vor und warnte vor den Folgen. So habe sich Finanzsenator Freytag für die zentrale Rolle des Staates in einer historischen Krisenkonstellation ausgesprochen, „auf der anderen Seite schrecken Sie vor einer wirksamen staatlichen Intervention zurück, weil sie nach wie vor ordnungspolitisch große Vorbehalte gegen ein zu großes Gewicht des Staates haben. Auch die so genannte Hamburger Konjunkturoffensive bleibt von diesem Zweispalt geprägt. Vor wirksamen Maßnahmen schrecken Sie zurück, weil sie keine weitere öffentliche Verschuldung in Kauf nehmen wollen. Was Not tut ist ein energisches Gegensteuern, weil Nichthandeln oder zögerliches Handeln letztlich noch eine größere Verschuldung nach sich zieht.“ Das zu gering dimensionierte Konjunkturprogramm berge die Gefahr in eine ausgedehnte Phase der Stagnation hineinzuschlittern und damit nicht nur die Haushaltslage weiter zu verschlechtern, sondern auch die Phase von Produktions-, Beschäftigungs- und Einkommensrückgängen zu verlängern. „Wir brauchen kein Konjunkturprogramm, sondern Maßnahmen gegen die Depression: der Staat muss selbst als Investor auftreten. Ansonsten drohen die Milliarden in der Liquiditätsfalle oder in der Sparquote zu versickern. Jeder Euro der in den Kreislauf gepumpt wird, muss eine vielfache Wirkung entfalten. Das ist bei ihrer ‚Konjunkturoffensive nicht der Fall“, sagte Bischoff. „DIE LINKE setzt sich für das Haushaltsjahr 2009 – gerade unter dem Blickwinkel der Wirtschaftskrise – für ein umfassendes Landesprogramm gegen Armut und soziale Spaltung, die Abschaffung der Ein-Euro-Jobs und die massive Ausweitung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in den Bereichen Bildung, Schule, Soziale Dienste und Stadtentwicklung ein. Es ist gilt für uns in der Tat: Jeder Euro, der in die Wirtschafts- und Einkommenskreisläufe gepumpt wird, sollte eine möglichst große Wirkung entfalten. Auch bei Investitionen in öffentliche Infrastruktur gibt es diese Multiplikatoreffekte. Aber bei Maßnahmen gegen Armut und soziale Spaltung oder Mitteln für eine aktive Arbeitsmarktpolitik haben wir eben einen weitaus höheren Effekt. Mit einem Maßnahmenpaket – wir nennen es Landesprogramm gegen Armut und Landesprogramm Arbeit – könnten ca. 15.000 neue, versicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen und weitere 40.000 bestehende stabilisiert werden können.“ Die zentralen Fragen der politischen Debatte seien: „Welche Ausgaben sind in der aktuellen Krise sozial und ökonomisch geboten und mit welchen Maßnahmen kann in den nächsten Jahren eine Sanierung der öffentlichen Finanzen durchgesetzt werden? Die LINKE fordert die Erweiterung des Haushaltes 2009 in Richtung eines bürgerbezogenen Strukturprogrammprogramms. Die Bekämpfung der sozialen Spaltung und die Ausweitung von öffentlichen, sozialen und kulturellen Dienste sind nicht nur der wirksamste Beitrag gegen die Wirtschaftskrise, sondern auch der Einstieg in eine andere Politik- und Gesellschaftsentwicklung. Hamburg hat – nicht zuletzt mit Blick auf den großen Bereich öffentlicher Unternehmen – gute Voraussetzung aus eigener Kraft einen Beitrag gegen die Wirtschaftskrise zu leisten.“

Mitten in die Woche der Haushaltsdebatten platzierte Senatorin Anja Hajduk (GAL), Oberhaupt der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, die Verkündung zweier hochbrisanter Entscheidungen. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe war sicherlich kein Zufall.

War es am 3. März die angekündigte Überdeckelung der A7 von Bahrenfeld bis Schnellsen und Stellingen mittels einer Finanzierung vor allem durch den Verkauf von Grundstücken der Kleingartenvereine, sollte es tags darauf, offenbar nur für ausgewählte Medienkreise, die Veröffentlichung der Entscheidung für den Bau der Hafenquerspange im südlichen Verlauf als Verbindungsstück zwischen A7 und der A26 über die Kornweide sein. Damit ist auch die Verlegung der Reichsstraße an die Bahntrasse als ein „Baustein“ dieser Planung verfestigt.

Der stadtentwicklungspolitische Sprecher Joachim Bischoff erklärt:

„Bei einer Gesamtbetrachtung dieses Kunststück-Kunstwerks fällt zunächst ins Auge, dass die verlegte Reichsstraße eigentlich gar nicht mehr benötigt wird. Die Kosten lassen sich sparen: Ersatzlose Streichung. Niemand glaubt wirklich, dass die Verbindung zwischen der Südtrasse und der verlegten Reichsstraße gekappt bleibt; niemand glaubt ernsthaft daran, dass mit der neuen Autobahn weniger Verkehr in Wilhelmsburg fließen wird.“

Bischoff weiter: „Es ist kaum 14 Tage her, als Frau Hajduk auf einer Veranstaltung zum Thema Ver¬legung der Reichstraße vor ca. 700 WilhelmsburgerInnen auf sehr direkte Fragen der Bevölkerung („Ist dies eine Veranstaltung zur Verkündigung oder ein ergebnisoffener Dialog?“) in nur scheinbar klarer Weise antwortete, dass die Querspange und Reichsstraße gemeinsam weiter diskutiert wer¬den müssten und sie diesbezüglich sehr bald wieder nach Wilhelmsburg käme. Wie wir seit gestern wissen, handelte es sich schlicht um eine Falschaussage um die Wilhelmsburger Gemüter auf der Veranstaltung zu beruhigen.

Nun ist also ganz deutlich geworden: Es gab nichts zu diskutieren, es handelte sich lediglich um tak¬tische Winkelzüge. Der Schaden, welchen die Stadtentwicklungssenatorin in dieser Woche in Wil¬helmsburg anrichtete, aber auch in ihrer eigenen Partei, ist groß und geht weit über den Vertrauens¬verlust in eine grüne Politik auf der Elbinsel hinaus. Nun wird die Bevölkerung vollständig in nächster Nähe von Autobahnen eingekreist. Von einem schwarzen oder gar gelben Senat hätte man es viel¬leicht nicht anders erwartet. Aber von einer grünen Senatorin, einer GAL, die aus der Wiege der umweltpolitischen Bürgerbewegungen und verkehrskritischen Initiativen stammt, schlägt damit weitere Wunden in das Vertrauen der Menschen gegenüber grünen MandatsträgerInnen sowie in den Ruf einer sowieso schon arg beschädigten Politik.

Dr. Joachim Bischoff weiter: „Chancen, die Stadtentwicklung gemeinsam mit den Menschen vor Ort zu betreiben, wurden von der grünen Senatorin Hajduk nun gleich mehrfach ausgeschlagen, ja ins Gegenteil verkehrt! Sei es in Wilhelmburg mit dem Versprechen der Weiterführung des Gesprächs in Sachen Reichsstraße und Hafenquerspange, sei es im Hamburger Westen über die Missachtung ei¬nes Bürgerbegehrens bezüglich der A7-Deckel-Finanzierung oder auch in Horn, wo nun eine 30 bis 50 Mio. Euro teure Kombibahn entstehen soll, die das bisher auch als Freizeitpark genutzte Gelände der Horner Rennbahn stark einschränken wird. Nicht zu vergessen, dass Frau Hajduk vor genau einem Jahr in Wilhelmsburg erklärte, dass es mit der GAL in der Regierung kein Kohlekraftwerk Moor¬burg geben würde… Die GAL hat durch ihre noch vor einiger Zeit undenkbare Praxis des kompletten Übergehens von BürgerInneninteressen dem Demokratieverständnis der Menschen einen nachhalti¬gen Schaden zugefügt, der seine Spuren hinterlassen wird.“