ÖPP-Schulsanierung: Gezielte Täuschung der Öffentlichkeit und Missachtung der Bürgerschaft

Der Hamburger Senat plant für die Behebung des gewaltigen Sanierungsstaus am Hamburgs Schulen in Höhe von 3-4 Mrd. Euro die Bildung eines Sondervermögens. Einzelne Tranchen sollen über ÖPP-Projekte vergeben werden, obwohl der Landesrechnungshof über das Referenzmodell „Hamburg Süd“ ein vernichtendes Urteil gefällt und eine „Täuschung der Öffentlichkeit“ konstatiert hat.

Die Kosten für „Hamburg Süd“ liegen laut Landesrechnungshof um 41,5 Mio. Euro höher als veranschlagt: 797,5 Mio statt der geplanten 756 Mio. Euro.  Damit schwindet der behauptete Kostenvorteil gegenüber einer Lösung in öffentlicher Eigenregie von 12,18 Prozent (83,4 Mio. Euro) auf 5,44 Prozent (38,4 Mio. Euro).

Joachim Bischoff, haushalts- und finanzpolitischer Sprecher, erklärt: „Die Kosten für die Eigenrealisierungsvariante werden künstlich in die Höhe getrieben, um die ÖPP-Variante als wirtschaftlicher erscheinen zu lassen. Obwohl es bisher keinen seriösen Effizienznachweis für ÖPP-Projekte gibt, sind die Projekte wider besseres Wissen, weil politisch gewollt, auf den Weg gebracht worden.“

Für eine Gesamtbewertung des Vergleichs müssen weitere Kosten berücksichtigt werden, die im Rechnungshofbericht, soweit bekannt, keine Erwähnung finden. So sind die Kreditkosten beim ÖPP-Projekt um 0,2 Prozent höher als bei der Eigenrealisierungsvariante. Bei einem Investitionsvolumen von 300 Mio. Euro mit beginnender Tilgung nach fünf Jahren ergeben allein in diesem Zeitraum schon 30 Mio. Euro an Zinsersparnis.

Um die notwendigen Kredite für Sanierung und Bau zu relativ günstigen Bedingungen zu erhalten, tritt die GWG Gewerbe ihre Forderungen an eine oder mehrere Banken ab. Die Stadt zahlt deshalb die Raten nicht an die GWG Gewerbe, sondern an die Banken und muss dafür den sogenannten Einredeverzicht („Forfaitiserung“) leisten. Das bedeutet, dass die Stadt zahlen muss, auch wenn die GWG Gewerbe die vertraglich vereinbarten Leistungen nicht erbringt bzw. gar insolvent ist – und das 25 Jahre lang. Ein Teil der „Effizienzgewinne“ bei ÖPP beruht auf Lohndrückerei und Outsourcing.

„Bei dieser Form der „intelligenten Privatisierung wird kein Cent an Steuergeldern gespart, sondern sie kommt unter dem Strich sogar noch teuerer, legt die Stadt mit einem großen Investitionsvolumen auf Jahre fest, bedient vorrangig die Interessen der GWG Gewerbe und der Banken, verschlechtert die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und ist mit einer demokratischen Organisation der Schulwesens nicht vereinbar“, bilanziert Joachim Bischoff.

Der Rechnungshof hat in der Vergangenheit immer wieder eingeklagt, dass bei ÖPP-Projekten der Kostenvorteil gegenüber einer Realisierung in Eigenregie genau ausgewiesen werden müsse. Das schreiben auch Bundes- und Landeshaushaltsordnung vor. Von einem solchen Effizienznachweis aber sind die Rechnungen beim Modell „Hamburg Süd“ weit entfernt. Die beanstandeten ÖPP-Projekte hätten deshalb nie begonnen werden dürfen, weil der gesetzlich vorgeschriebene Effizienznachweis nicht erbracht werden konnte.

Hinzu kommt noch die Entmachtung der Bürgerschaft. So prangert der Rechnungshof an, bei der Mittelvergabe sei eindeutig gegen die Landeshaushaltsordnung verstoßen worden. Die Schulbehörde sei „Verpflichtungen von insgesamt 16,6 Millionen Euro zu lasten Hamburgs eingegangen (…), ohne hierzu vorher von der Bürgerschaft ermächtigt gewesen zu sein“, schreibt der Rechnungshof.

Der Rechnungshofbericht muss Folgen haben. DIE LINKE fordert den Senat auf, alle Planungen für das Sondervermögungen einzustellen und gemeinsam mit den Beschäftigten und Betriebsräten der Behörde für Schule und Berufsbildung ein Konzept zur Realisierung der notwendigen Schulsanierung in öffentlicher Eigenregie zu entwickeln. Das ist allemal preiswerter und demokratischer als die teuren, letztlich nur für die finanzierenden Banken profitablen und den Schulbau der öffentlichen Kontrolle entziehenden Planungen des Senats.