Statistiklüge – Leiharbeit schafft keine neuen Arbeitsplätze!

Mit fast einem Jahr Verspätung wird der Fall Schlecker nun in den Medien behandelt. Die Gewerkschaften und auch die Parteigremien und Fraktionen der Partei DIE LINKE haben sich von Anfang an mit dem Thema Schlecker und zahlreicher anderer Beispiele beschäftigt. Mit vielen Initiativen und Veröffentlichungen hat DIE LINKE auf das Problem der Leiharbeit hingewiesen.

„Seit der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Jahre 2003 ist dem Missbrauch und vor allem dem Lohndumping der Arbeitgeber Tür und Tor geöffnet worden. Den Belegschaften wurde sehr deutlich vor Augen geführt, wie austauschbar man als Arbeitnehmer/in bei der momentanen Arbeitsmarktlage ist“, erklärt Elisabeth Baum, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.

Auch in Hamburger Firmen ist diese Praxis im verarbeitenden Gewerbe, im Einzelhandel und ebenfalls bei Institutionen der öffentlichen Verwaltung inzwischen etabliert. So ist uns bekannt, dass inzwischen im Reinigungs- und Küchenbereich von Altenheimen und Krankenhäusern Leiharbeitnehmer/innen nicht ausschließlich als Urlaubs- und/oder Krankenvertretungen eingesetzt werden. Ebenfalls bekannt ist uns, dass bei immer mehr um sich greifenden verlängerten Öffnungszeiten des Einzelhandels kurzerhand Leiharbeitnehmer/innen eingesetzt werden, wenn sich die Belegschaft selbst nicht bereit erklärt, diese verlängerten Arbeitszeiten abzudecken. In einigen Hamburger Firmen der verarbeitenden Industrie werden die Produkte inzwischen mehrheitlich von Leiharbeitnehmer/innen hergestellt.

Vor diesem Hintergrund ist es eine Statistiklüge, wenn behauptet wird, dass Leiharbeit  zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen hätte. Welche Arbeitnehmer/innen zugunsten von Leiharbeitnehmer/innen ihren regulären Arbeitsplatz verloren haben, steht nicht in der Statistik. Und der Fall Schlecker ist nachgewiesenermaßen nur die Spitze des Eisberges.
Aber es gibt durchaus noch mehr Fußangeln für Leiharbeitnehmer/innen. Da wären die im Tarifvertrag fest geschriebenen Arbeitszeitkonten, die für „Normalbeschäftigte“ durchaus zu begrüßen sind. Grundsätzlich werden aber in der Leiharbeits-Branche mehrheitlich Arbeitsverträge nur auf Grundlage der tariflich festgeschriebenen Mindeststundezahl für Vollzeitarbeitsverträge von fünfunddreißig Stunden geschlossen. Die Überstunden die dadurch regelmäßig anfallen, weil in den ausleihenden Firmen selten eine 35-Stundenwoche gilt, werden den Arbeitszeitkonten der Leiharbeitnehmer/innen gut geschrieben. Leider ist es aber auch gängige Praxis, dass bei fehlenden Aufträgen der Leiharbeitsfirma, den Leiharbeitnehmer/innen verordnet oder zumindest nahe gelegt wird, zunächst diese Stunden abzubummeln. Dies ist zwar so im Tarifvertrag nicht vorgesehen, doch die Arbeitnehmer/innen müssen abwägen, ob sie dies dulden oder ihren Job verlieren wollen.

Eine weitere Praxis der Leiharbeitsfirmen besteht darin, Einarbeitszuschüsse von der Agentur für Arbeit zu beantragen. Diese Zuschüsse sind aber eigentlich dafür gedacht, dass diese Arbeitnehmer/innen  spezielle Anleitung und Unterstützung erhalten sollen. Es dürfte eher unwahrscheinlich sein, dass solche Arbeitnehmer/innen, die eine solche spezielle Begleitung brauchen, als Leiharbeitnehmer/innen geeignet sind.

„Für mich steht fest, Leiharbeit ist eine moderne Form von Sklaverei. Das Gesetz muss wieder so verändert werden, dass Leiharbeit wirklich nur als Urlaubs- und Krankenvertretung sowie der Abarbeitung von Auftragsspitzen  dient. Und gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss gesetzlich fest geschrieben werden. Auch die Tarifverträge müssen überarbeitet und missbrauchssicher gestaltet werden. Und ich wäre froh, wenn die Tarifverträge der sog. Christlichen Gewerkschaften als das entlarvt werden was sie sind – nämlich ausschließlich arbeitgeberfreundlich“, so Baum abschließend.