Schanzenfest: Wie zu Schills Zeiten

Ohne erkennbaren Anlass hat die Polizeiführung am Abend des 4. Juli das traditionelle politische Schanzenfest aufmischen lassen. Obwohl das Fest auch nach 18.00 Uhr friedlich und fröhlich weiterging, ließ sie immer mehr Einsatzkräfte in die umliegenden Straßen  einsickern.

Bald war das Zentrum des Festes umstellt, Beobachter gewannen den Eindruck eines belagerten Stadtteils. In unverantwortlicher Weise begannen dann starke Polizeitrupps, sich immer wieder aufs Neue drängelnd und schubsend mitten durchs dickste Gewühl einen Weg zu bahnen. Um Vorwände für die gewaltsame Zerschlagung zu schaffen?

Es kam, wie es kommen musste. Den erstbesten Vorwand nutzend, räumten die Einsatzkräfte unter krasser Missachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes den Platz vor der Roten Flora. Immer wiederkam es zu panikartigen Szenen. Die Bühne war noch nicht abgebaut und versperrte Fluchtwege. Zahlreiche Menschen wurden in  Seitenstraßen abgedrängt, die sie aufgrund von Wasserwerfern und Polizeiknüppeln auf der einen, Flaschen- und Steinwürfen auf der anderen Seite nicht verlassen konnten. Im späteren Verlauf säuberte die Polizei ganze Straßenzüge von BesucherInnen und AnwohnerInnen, zog gewaltsam RestaurantbesucherInnen von Bänken, zwang zahllose
Menschen eingesperrt zwischen Polizeiketten auszuharren.

Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, kritisiert das Vorgehen der Polizei: „Innenbehörde und Polizeiführung hatten das Schanzenfest von
vornherein verhindern wollen. Nachdem sie damit gescheitert waren, haben sie mit einer unverantwortlichen Eskalationsstrategie versucht ihr Ziel zu erreichen. Leider ist diese Strategie aufgegangen: Das durch eine klar erkennbare Ausrichtung gegen die mit Verdrängung und Vertreibung verbundene Yuppisierung des Schanzenviertels
gekennzeichnete Fest wurde durch unprovozierte Polizeigewalt beendet.

Eine Polizeiführung, die vorsätzlich den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mit Füßen tritt; ein Einsatzleiter, der seine Leute in einer unkalkulierbaren Situation mit Hunderten
friedlicher Menschen auffordert, kräftig zuzuschlagen – das ist untragbar.

Ich fühle mich an die Zeiten erinnert, als ein Innensenator Schill der Polizei völlig freie Hand gelassen hat, mit all den bekannten Folgen. Ich fordere deshalb die schwarz-grüne
Koalition auf, diesen Weg der Provokation und der gewaltsamen Unterdrückung politisch unliebsamer Lebensäußerungen zu verlassen. Polizeiknüppel und Wasserwerfer lösen keine gesellschaftlichen Probleme.“