Senat beschließt Haushaltsanpassung: Späte Ankunft in der finanzpolitischen Realität

Den Beschlüssen zur Anpassung des Doppelhaushalts 2009/2010 zufolge muss Hamburg bis 2013 mit Steuermindereinnahmen von 6 Mrd. Euro rechnen. Allein für 2009 und 2010 ergibt sich dadurch ein Haushaltsdefizit von 3,5 Mrd. Euro. Der Senat will in dieser Konstellation auf „radikale Kürzungsmaßnahmen“ und „massive Privatisierungen städtischen Eigentums“ verzichten, sondern setzt auf antizyklisches Gegensteuern über Neuverschuldung.

Selbst die für 2009/2010 in der Finanzplanung vorgesehen Entnahmen aus Rücklagen und Stöcken in Höhe von1,6 Mrd. Euro sollen als Reserve für die Folgehaushalte bis 2013 vorgehalten werden. Für die Aufnahme der Kredite in Höhe von rund 6 Mrd. Euro will der Senat ein Sondervermögen bilden, aus dem bei Erholung der Konjunktur die Rückzahlung der Kredite erfolgen soll.

Dazu erklärt der haushaltspolitische Sprecher Dr. Joachim Bischoff:
„Mit der der Anpassung des Doppelhaushalts 2009/2010 an die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist der Senat endlich in der finanzpolitischen Wirklichkeit angekommen. Dass Senator Freytag es sich dabei nicht nehmen ließ, noch einmal das Märchen vom ausgeglichenen Haushalt aufzutischen, der völlig überraschend durch die Krise ruiniert wurde, demonstriert keine finanzpolitische Weitsicht. Dass das nicht funktionieren würde war schon lange absehbar. Aber Weitsicht ist eben keine Stärke des Senats und schon gar nicht in Finanzangelegenheiten.“

„Dass der Senat in dieser schwierigen Wirtschaftslage auf Sparpolitik und den weiteren Verkauf städtischen Eigentums verzichten will, findet unsere Zustimmung. Es macht keinen Sinn  in der schwersten Wirtschaftskrise seit 70 Jahren, sich aus der Neuverschuldung heraus sparen zu wollen. Allerdings tut der Senat gleichzeitig viel zu wenig, um den Krisenprozess aktiv zu bekämpfen. Die schwere Krise wird nicht im Selbstlauf verschwinden, wir brauchen auch in Hamburg eine aktive Politik zur Strukturveränderung. Der Senat sollte endlich die Aufforderung aufgreifen und ein mittelfristiges Angebot zur Entwicklung der Regionalökonomie auflegen. Senator Freytag schwingt die Klagelieder über die Schuldenpolitik und wo -bitte schön – ist die Partei des Wirtschaftsenators Gedaschko.“

Charakteristisch für die schwarzgrüne Senatspolitik der letzten Monate ist, dass dem weiteren Verlauf des Krisenprozesses tatenlos zugesehen wurde. Die Linksfraktion hat bei den abschließenden Haushaltsberatungen im März 2009 umfassende Impulse für die Regionalwirtschaft und zur Schaffung zukunftsträchtiger Arbeitsplätze eingefordert. Spätestens seit April 2009 war klar, dass die Wirtschaftsleistung mit minus 6 Prozent dramatisch einbrechen wird, die Massenarbeitslosigkeit deutlich steigt und die Stadt vor großen finanzpolitischen Löchern stehen wird.  Der Senat hat nicht mehr als ein schmalspuriges Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht, dass zudem noch vorwiegend vom Bund finanziert wird. Diese Passivität wird zur Bürde für den weiteren Krisenverlauf. Die Hoffnung, dass ab 2011 wieder alles besser werden wird, müsste schon durch deutlich mehr arbeitsmarkt- und strukturpolitische Aktivitäten untermauert werden, sonst wird sie sich als trügerische Illusion erweisen.

Wenn man die Krisenkonstellation aktiv bekämpfen will und den drohenden Anstieg der Massenarbeitslosigkeit regional abfedern möchte, muss man schon sehr viel mehr Geld in die Hand nehmen, um die Regionalökonomie zu stärken. Durch massive Investitionen in einen Umbau der Hamburg Wirtschaft in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Soziales, Infrastruktur und Ökologie kann zugleich ein Beitrag zur Milderung der starken Exportabhängigkeit der Hamburger Wirtschaft, die gegenwärtig vor allem im Hafen täglich sichtbarer wird, geleistet werden.

Bis 2013 sollen knapp 6 Milliarden Euro neue Kredite aufgenommen werden. Ab 2011 hofft Finanzsenator Freytag auf eine wirtschaftliche Erholung und wachsende Steuereinnahmen. Die Zinsen für diese Neuverschuldung sollen aus dem laufenden Haushalt bezahlt werden; d.h. es wird darauf ankommen, welche  Aufgaben umgeschichtet werden. Hamburg bringt gegenwärtig viele „Leuchttürme“ auf den Weg; in den nächsten Jahren werden für die Elbphilharmonie, die Doppelrennbahn in Horn, die Universitätsneubauten weitere Mittel in Anspruch genommen werden müssen. Die Hansestadt kann nicht so weitermachen, wie dies in den Boomzeiten des „Raubtierkapitalismus“ ersonnen wurde.

1,7 Milliarden Euro hat Hamburg noch in seinen Rücklagen aus diesen besseren Zeiten. Dieses „Tafelsilber“ soll in die Haushalte bis 2013 „eingebracht“ werden. Dahinter steht die Überlegung, dass die rabenschwarze Bilanz der CDU-GAL wirtschafts- und Finanzpolitik noch nicht das letzte Wort ist. Es gibt – sieh HSH Nordbank – weitere Risiken.