Bericht: Expert_innen-Anhörung zum neuen Polizeigesetz am 19.09.19 im Innenausschuss

Von Nathalie Meyer

Am 19.09. fand im Innenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft die im August beschlossene Anhörung von Expert_innen zum neuen Polizeigesetz statt.

Die geplante Streichung der Anordnungsbefugnis des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit (HmbBfDI) kritisierten – bis auf Prof. Dr. Guido Kirchhoff, der von der SPD-Fraktion benannt wurde – alle Expert_innen. Dabei wurden insbesondere angezweifelt, dass die geplante Streichung der Anordnungsbefugnis mit dem Europarecht vereinbar ist. Die europäische Richtlinie zum Datenschutz bei Justiz und Polizei sehe nämlich vor, dass der Aufsichtsbehörde (also dem HmbBfDI) „wirksame“ Abhilfebefugnisse zustehen müssen, die bei Streichung der Anordnungsbefugnis nicht mehr gegeben seien.

Insbesondere Prof. Dr. Marion Albers (ebenfalls von der SPD-Fraktion benannt) hob hervor, dass Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geplanten Mitziehregelung bestehen, die die Prüffristen von gespeicherten Daten faktisch verdoppelt. Sie betonte, dass die geplante Regelung „in ihrer Pauschalität mit den datenschutzrechtlichen Grundsatz der Erforderlichkeit unvereinbar“ sei.

Auch die Legalisierung des Einsatzes von Software zur automatisierten Datenanalyse stieß auf Kritik. Insbesondere wurde die Regelung als zu unbestimmt und von den Voraussetzungen her unzureichend eingeschätzt.

Dr. Anna Luczak  vom Republikanischen Anwält_innen-Verein e.V. (benannt von der Fraktion DIE LINKE) hob in ihrer Stellungnahme hervor, dass der Gesetzesentwurf insgesamt dem Trend einer weiteren Vorverlagerung polizeilicher Eingriffsbefugnisse fortschreibe und sprach sich gegen die Einführung einer gezielten Kontrolle und lehnte die Einführung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung (Fußfessel) grundsätzlich ab. Andere Expert_innen beschränkten sich hierbei darauf, die niedrigen Voraussetzungen für die Anwendung einer Fußfessel zu kritisieren. Dass sie bereits zur Abwehr einer jeden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit eingesetzt werden soll, wurde – angesichts des erheblichen Grundrechtseingriffs – als zu niedrige Schwelle kritisiert.

Hinsichtlich der Meldeauflage waren sich die Expert_innen darin weitgehend einig, dass die gesetzliche Normierung notwendig sei. Die konkrete Umsetzung wurde mit Ausnahme vom Prof. Dr. Kirchhoff von allen Expert_innen – selbst von dem von der CDU-Fraktion benannten Prof. Dr. Mattias Fischer – bemängelt, da es insbesondere an einer Begrenzung der zeitlichen Dauer fehle.

Insgesamt haben die Expert_innen dem rot-grünen Senat einige Hausaufgaben aufgegeben. Der Gesetzesentwurf muss – zumindest wenn der Senat die Kritik und Bewertung der Sachverständigen ernst nimmt – erheblich nachgebessert werden. Ob und welche Nachbesserungen vorgenommen werden, wird sich bei der Senatsauswertung im Innenausschuss am 01.10.2019 zeigen.

Marie Bröckling hat für netzpolitk.org einen lesenswerten Bericht über die Anhörung geschrieben.

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