„Containern muss entkriminalisiert werden!“
Statement der Rechtspolitikerinnen und Rechtspolitiker der Bundestags- und der Landtagsfraktionen der Partei DIE LINKE zum Abschluss der Justizministerkonferenz
Als Rechtspolitikerinnen und Rechtspolitiker der Linksfraktionen begrüßen wir, dass auf der Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 5. und 6. Juni 2019 das Thema Ersatzfreiheitsstrafe diskutiert wurde.
Die Bundestagsfraktion hat hierzu im April 2018 einen Gesetzentwurf zur Aufhebung der Ersatzfreiheitsstrafe eingebracht (BT-Drs. 19/1689). Eine Ersatzfreiheitsstrafe muss derjenige verbüßen, der eine Geldstrafe nicht zahlen kann oder will. Dabei gilt der Umrechnungsmaßstab: ein Tag Haft für einen Tagessatz.
Jährlich verbüßen ca. 5.000 Menschen eine Ersatzfreiheitsstrafe. Ein Hauptgrund ist Armut. Zu den Gründen, warum ärmere Menschen häufiger von Ersatzfreiheitsstrafen betroffen sind, zählen beispielsweise soziale Desintegration in Form von Arbeitslosigkeit, Wohnungslosigkeit und Abhängigkeit von legalen und illegalisierten Drogen. Ersatzfreiheitsstrafen werden in der Praxis überwiegend wegen Bagatelldelikten („Schwarzfahren“, Ladendiebstähle u. Ä.) gegen mittellose, erwerbslose bzw. mehrfach (durch Abhängigkeit, psychische Probleme, Wohnungslosigkeit etc.) belastete Personen verhängt. Für die Betroffenen ist unter Resozialisierungsgesichtspunkten zudem eine kontinuierliche, professionelle soziale Begleitung sinnvoller als eine freiheitsentziehende Maßnahme.
Die Ersatzfreiheitsstrafe ist eine „normale“ Haftstrafe und aus kriminalpolitischer Sicht hochproblematisch. Bei der Ersatzfreiheitsstrafe handelt es sich de facto um eine kurze Freiheitsstrafe. § 47 Strafgesetzbuch bestimmt, dass die „kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen“ verhängt werden darf. Grund dafür ist, dass kurze Freiheitsstrafen resozialisierungsfeindlich sind. Daher fordern wir die Aufhebung der Ersatzfreiheitsstrafe.
Daneben sollten sämtliche Bagatelldelikte, wie „Schwarzfahren“, „Containern“ und „Besitz von geringen Mengen Cannabis“, entkriminalisiert werden, da deren Unrechtsgehalt gering ist. Die Experten bei der Anhörung im Bundestag, waren sich weitgehend einig: Wir brauchen mehr aufsuchende soziale Sozialarbeit und eine Stärkung der gemeinnützigen Arbeit. Flächendeckend ist sicherzustellen, dass gemeinnützige Arbeit zur Vermeidung von Ersatzhaft angeboten wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe kostet die Länder jährlich 200 Millionen Euro. Wir fordern, dass die Länder in Zusammenarbeit mit dem Bund mehr Mittel für Projekte wie „Schwitzen statt Sitzen“ zur Verfügung stellen.
Armutsdelikten muss mit sozialstaatlichen Maßnahmen begegnet werden statt mit Freiheitsentzug.
Niema Movassat, Sprecher für Verfassungspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Friedrich Straetmanns, Sprecher für Rechtspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Dr. Iris Martin-Gehl, Sprecherin für Justizpolitik der Fraktion DIE LINKE. im Thüringer Landtag
Sebastian Schlüsselburg, Sprecher für Rechtspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Abgeordnetenhaus Berlin
Dr. Ulrich Wilken, Sprecher für Rechtspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Hessischem Landtag
Jacqueline Bernhardt, Sprecherin für Rechtspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Landtag Mecklenburg-Vorpommern
Martin Dolzer, Sprecher für Justizpolitik der Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft
Dennis Lander, Sprecher für Justizpolitik der Fraktion DIE LINKE. im Landtag des Saarlandes
Margitta Mächtig, Sprecherin für Rechts- und Justizpolitik der Fraktion DIE LINKE. im Landtag Brandenburg
Klaus Bartl, Sprecher für Verfassungs- und Rechtspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Landtag Sachsen
Eva von Angern, Sprecherin für Justiz- und Rechtspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Landtag von Sachsen-Anhalt