Elbphilharmonie: Der Hamburger Albtraum geht weiter
Heute um 17:00 befasst sich der Haushaltsausschuss erneut mit Hamburgs Vorzeige-Chaosprojekt. Bislang wurden weder die Gründe, noch die Verantwortlichkeiten für die Kostenexplosion geklärt. Außerdem bleibt offen, warum überwiegend die öffentliche Hand die Mehrkosten zu tragen hat. DIE LINKE fordert Antworten statt Durchhalteparolen.
Am 26. November 2008 überbrachte der Senat demonstrativ zerknirscht die unangenehme Botschaft: statt des Festpreises von 114,3 Mio. EUR, dem die Bürgerschaft im März 2007 zugestimmt hatte, müsse die öffentliche Hand nun den dreifachen Preis von insgesamt 323,3 Mio. für den Bau der Elbphilharmonie aufbringen.
Bis Heute, mehrere Sitzungen des Kulturausschusses und eine Senatsdrucksache weiter, haben weder die VertreterInnen des Senats noch die der städtischen Realisierungsgesellschaft (ReGe) ausreichend deutlich gemacht welche zusätzlichen Baumaßnahmen die Kosten derart in die Höhe getrieben haben, bei wem die Verantwortung dafür liegt und warum diese Erhöhung fast ausschließlich die Stadt zu tragen hat.
Die politische Aufarbeitung des Albtraums Elbphilharmonie ist noch längst nicht abgeschlossen. Von CDU und GAL hören wir das immer gleiche Argument: „Die Elbphilharmonie wird ein Magnet sein und die Menschen in der Welt begeistern“. Sie sei wichtig für die Kultur in Hamburg, für die Architektur und die Menschen in Norddeutschland. Nach Fertigstellung des einzigartigen Baus würden die kleinkarierten Debatten um Kosten und Zeitpläne vergessen sein.
Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher, erklärt:
„Die Fraktion DIE LINKE hält dies für eine krasse Fehlbewertung. Die Kostenexplosion bei dem Konzerthausbau und das katastrophale Zeit- und Projektmanagement haben nicht nur Vertrauen der BürgerInnen in eine verlässliche öffentliche Projektplanung zerstört. Durch den zutage getretenen einzigartigen Dilettantismus ist vielmehr zugleich die Glaubwürdigkeit der Politik in Hamburg schwer beschädigt worden. Die BürgerInnen sollen für das Symbol der „wachsenden Stadt“ in einer schweren Wirtschaftskrise einen unakzeptablen Preis zahlen. Und dieser Preis ist in den letzten Jahren ständig in die Höhe getrieben worden.“
Auf Nachfragen musste der Senat diverse katastrophale Fehler bei der Koordinierung des Projektes durch die ReGe einräumen.
Nach Einblick in Teile der Verträge, die der Senat in der Zwischenzeit den Abgeordneten der Fraktionen zugänglich gemacht hatte, verfestigt sich allerdings auch der Eindruck, dass die darin verankerten Vereinbarungen eindeutig zu Gunsten des privaten Partners bzw. des Generalunternehmers Hoch Tief auslegbar sind.
Trotz allem beharrt der Senat darauf, dass sich die Vertragspartner nach intensiven Verhandlungen nun terminlich und preislich auf fest(!)gelegte 95 Prozent des Bausolls geeinigt haben, lediglich 5 Prozent, für die der Senat gerade mal 22 Mio. EUR veranschlagt hat, habe man bisher noch nicht abschließend durchplanen können.
„Vor dem Hintergrund des bisherigen Projektverlaufes ist es mehr als fraglich, ob es nun ausgerechnet bei dieser Kostenkalkulation bleiben wird. Angesichts einer derart undurchsichtigen und nach wie vor beunruhigenden Sachlage sollten die Fraktionen der Bürgerschaft ihr Verhältnis zu diesem Bauprojekt dringend neu bestimmen, bevor sie es in die nächste möglicherweise katastrophale Etappe durchwinken“, erklärt Joachim Bischoff, haushaltspolitischer Sprecher der Fraktion.
Zu Beginn des Projektes hieß es noch: Die Stadt solle lediglich das Grundstück zur Verfügung stellen. Dann wurden 50 Mio. Euro für ein Kulturzentrum vom Senat als öffentlicher Beitrag verkündet, später fielen angeblich 77 Millionen Euro für die Stadt an. Plötzlich waren es 114,3 Mio. von den geplanten Gesamtkosten von 241 Mio. Jetzt kommen weitere Millionen hinzu. Die ganze Geschichte vom vermeintlichen Festpreis ist eine politische Bankrotterklärung der Senatsbehörden.
Der Bau des Konzerthauses soll nach der jüngsten Vereinbarung im Herbst 2011 abgeschlossen werden. Allerdings sind die Anfahrtswege noch nicht geklärt. Insbesondere der Neubau der Sandtorhafenklappbrücke kommt nicht voran. Den Senatsbeschluss dazu hatte die Stadtentwicklungsbehörde nach massiver Kritik des Rechnungshofs zurückgezogen. Die bisherige Brücke ist nämlich erst zwölf Jahre alt. Der Rechnungshof monierte: Die Notwendigkeit eines Neubaus für rund 7 Millionen Euro sei nicht nachgewiesen. Schlimmer noch: Der Bürgerschaft sei keine etatreife Beschlussvorlage zu geleitet worden. Wörtlich: Auch die besondere Bedeutung des Projektes Elbphilharmonie erlaubt es nicht, jeden Aufwand von vornherein als gerechtfertigt anzusehen.
Es wäre ein schwerer politischer Fehler, nach Aufdeckung der Kosten von 323 Millionen Euro für die öffentliche Hand, einfach zur Tagesordnung übergehen zu wollen.
Drei Punkte müssen geklärt werden:
1. Wir erwarten einen Senatsbericht aus dem die Gründe und die Verantwortlichkeiten für diese Fehlentwicklung hervorgehen.
2. Zugleich fordern wir eine Aufschlüsselung, wie die massiven Kostensteigerungen gegenfinanziert werden sollen.
3. Schließlich wird es Zeit, dass eine genaue Prüfung des Konzepts für die laufenden jährlichen Betriebskosten erfolgt. Im Zusammenhang mit den Kostensteigerungen für den Bau ist eine deutliche Aufstockung der jährlichen Betriebskostenzuschüsse angekündigt worden.