Erst mit voller Kraft ins Milliardendefizit, dann unsoziale Sparpolitik

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) will einen politischen Kurswechsel durchsetzen und mit einem  strengen Sparkurs die desolate Lage der öffentlichen Finanzen beheben. In den nächsten vier Jahren würden rund fünf Milliarden Euro in der Kasse der Stadt fehlen, sagte von Beust. Die Defizite im laufenden und nächsten Jahr sollen durch neue Kredite finanziert werden.

Daneben geht es darum, bei den Parteien und Abgeordneten ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sich die finanziellen Rahmenbedingungen von Politik nachhaltig veränderten. Zum neuen Doppelhaushalt, der im kommenden Jahr für 2011/12 auf den Weg gebracht wird, müssten dann die entsprechenden Einschnitte erfolgen.

Erste Gespräche, wo gekürzt werden soll, seien im Senat bereits angelaufen, sagte von Beust. In der Koalition gibt es bereits konkrete Überlegungen, in welchen Bereichen gespart werden kann. So steht der eigentlich vereinbarte weitere Ausbau der Kindertagesbetreuung auf dem Prüfstand.

Dazu erklärt der finanzpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE Dr. Joachim Bischoff:
„Genau dieser hilflose Strategiewechsel war zu erwarten. Bis letzte Woche hat der schwarz-grüne Senat das knappe Geld mit vollen Händen ausgeben wollen. Dabei ist seit der Steuerschätzung im Mai klar, dass Hamburg für 2009/10 mit Steuermindereinnahmen von 1,8 Milliarden Euro rechnen muss. Mittlerweile zeichnet sich ab, dass die Steuereinnahmen noch größer ausfallen werden.“

Trotzdem sind in der Alltagspolitik die laufenden Projekte weiter betrieben worden als habe man keine Probleme:

•    Bau des Leuchtturms der HafenCity-Universität  für rund 80 Millionen  €
•    Verlagerung der Uni auf den Grasbrook, ein Projekt von einigen Milliarden €
•    Bau einer ersten Trasse der Stadtbahn
•    Doppelrennbahn in Horn für 30 Millionen  €
•    Mehrkosten bei der U 4
•    Massive Kostensteigerungen bei der Elbphilharmonie
•    Sanierung der HSH Nordbank

Bischoff weiter: „Wenn der Bürgermeister und sein Finanzsenator ein verändertes Bewusstsein für die neuen ökonomisch-finanziellen Rahmenbedingungen schaffen wollen, müssten sie bei sich anfangen. Sich in einer der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrisen aus einem Milliarden-Haushaltsdefizit heraus sparen zu wollen, verrät keine wirtschafts- und finanzpolitische Kompetenz. Wer mit Kürzungen – zudem dann noch im Sozialbreich wie der Kinderbetreuung  – die Schuldenexplosion auffangen will, hat die wirtschaftspolitische Entwicklung seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise völlig verschlafen. Leider läuft die Krisenverarbeitung bislang auf die Wiederholung eines bekannten Auswegs hinaus: Die Rechnung wird – wie schon so oft in der Geschichte – von der Masse der kleinen Leute bezahlt.“

Aus einem solch massiven Schrumpfungsprozess der Ökonomie – und wir reden in Hamburg um ein Minuswachstum des Wirtschaftsprodukts von 7 Prozent – mit Sparen herauskommen will,  verschärft die Krise und vertieft die soziale Spaltung. Die konservative Regierung will trotz anhaltender Rezession ein hartes Sparprogramm durchsetzen, was die drastisch angestiegene Arbeitslosigkeit weiter befördern wird. Diese Situation verlangt eine Wirtschaftspolitik zu Umstrukturierung der regionalen Ökonomie auf eine binnenwirtschaftliche, sozial-ökologische Struktur. Immer noch geben die wirtschaftspolitischen Amateure in Hamburg den Ton an.  Öffentliche Gelder und staatliche Investitionen müssen zur Umstrukturierung in Richtung auf eine Stärkung der Binnenwirtschaft mit einem entsprechenden sozialökologischen Umbau des Produktionsapparates eingesetzt werden.