G20-U-Haft – Ein Signal der Abschreckung an EU-Bürger_innen?
In Hamburger JVAs sitzen noch immer 35 Untersuchungsgefangene, die beim G20-Gipfel festgenommen wurden – dabei werden besonders nicht-deutsche Gefangene mit haltlosen Begründungen festgehalten, wie uns Anwält_innen berichten. Soll hier ein Exempel statuiert werden, um Aktivist_innen aus dem Ausland abzuschrecken?
In Hamburger JVAs befinden sich zurzeit 35 Untersuchungsgefangene, die während des G20-Gipfels festgenommen wurden, darunter 20 aus dem EU-Ausland. Einigen wird keine individuell zuzuordnende Straftat vorgeworfen, anderen lediglich solche, die normalerweise höchstens mit Bewährungsstrafen geahndet werden.
„In einigen Fällen wird die Fortdauer der U-Haft allein mit dem Vorwurf einer ,psychologischen Unterstützung‘ von Demonstrant_innen begründet, die Flaschen oder Böller geworfen hätten – weil die nun Inhaftierten sich nicht aus diesen Gruppen entfernt hätten“, kritisiert Martin Dolzer, justizpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Anwält_innen berichten von mehreren ähnlich haltlosen Begründungen in denen keine nachvollziehbaren Haftgründe vorliegen, es werden mehrere Verfassungsbeschwerden eingelegt werden.“ Dagegen sind mehrere Personen mit Wohnsitz in Deutschland, mit zum Teil weit schwereren Vorwürfen, mittlerweile freigelassen worden.
„Es drängt sich der Eindruck auf, dass an den nicht-deutschen Gefangenen im Rahmen einer Feindbildzuschreibung ein unverhältnismäßiges Exempel statuiert werden soll“, so Dolzer. „Das verstößt zumindest gegen das Diskriminierungsverbot in Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das davon ausgehende Signal wäre eines der Abschreckung: dass entgegen geltenden Rechts in Deutschland kein Protest von Menschen aus anderen EU-Ländern zugelassen wird, ohne dass diese überzogene Sanktionen befürchten müssen. Es wäre verheerend, wenn die Justiz den Forderungen von Teilen des Senats nach harten Strafen nachkommt, ohne Berücksichtigung, ob den Einzelnen eine konkrete Tat tatsächlich vorgeworfen werden kann und ohne Prüfung, ob die tatsächliche Lebenssituation eine Fluchtgefahr nahelegt.“
Foto: Linksfraktion Hamburg