Gewalttätige Polizeiübergriffe bleiben straffrei!
Staatsanwaltschaft Hamburg und Dezernat Interne Ermittlungen stellen Ermittlungsverfahren gegen PolizistInnen wegen Körperverletzung im Amt signifikant häufig ein. DIE LINKE fordert Polizeibeauftragten und externe Polizeikommission.
In der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zur Anzahl der Verfahren gegen Polizistinnen und Polizisten wegen Körperverletzung im Amt, hat der schwarz-grüne Senat folgendes offenbart:
1. Von 1999 bis 2004 sind nur 18 Disziplinarverfahren gegen PolizistInnen wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet worden. Seit 2004 werden die Daten über solche Disziplinarverfahren nicht mehr erfasst.
2. Die Anzahl der Ermittlungsverfahren, die vom Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) gegen Polizeibedienstete wegen Körperverletzung im Amt bearbeitet wurden, liegt seit 1999 bis heute zwischen 204 und 325 Verfahren pro Jahr. Insgesamt wurden 2.440 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten wegen Körperverletzung im Amt vom DIE im Zeitraum von 1999 bis Juli 2008 geführt.
3. Die Staatsanwaltschaft hat seit 2003 zwischen 543 und 366 Ermittlungsverfahren gegen PolizistInnen wegen Körperverletzung im Amt pro Jahr geführt. Insgesamt wurden seit 2003 bis Juli 2008 gegen 2.461 Beschuldigte PolizistInnen ermittelt. Von diesen 2.461 Beschuldigten wurde im Zeitraum von 2003 bis 2005 nur gegen 17 PolizistInnen Anklage erhoben. Seit 2006 bis Juli 2008 wurde keine einzige Anklage erhoben. Hingegen wurden von der Staatsanwaltschaft seit 2003 2.278 Verfahren nach § 170 II StPO mit der Begründung „kein hinreichender Tatverdacht“ eingestellt. Sechs weitere Verfahren wurden nach § 153 StPO eingestellt. Der Rest wird in der Statistik als sonstige Erledigung geführt.
4. Von den Gerichten wurden im Jahr 2003 und 2004 jeweils 3 Freiheitsstrafen mit Bewährung sowie eine Geldstrafe in 2005 ausgesprochen; in den Jahren 2005 bis 2008 gab es weder gerichtliche Verurteilungen noch Freisprüche.
Christiane Schneider: „Die Zahlen beweisen, dass Ermittlungsverfahren gegen PolizistenInnen wegen Körperverletzung im Amt sowohl vom Dezernat Interne Ermittlungen als auch von der Staatsanwaltschaft Hamburg signifikant häufig einstellt werden. Es ist skandalös, dass seit 2004 in der Innenbehörde nicht einmal mehr eine Statistik über Disziplinarverfahren geführt wird, die aufgrund von Körperverletzungen im Amt gegen PolizistInnen eingeleitet wurden.“
In den Jahren 2006, 2007 und 2008 ist von der Staatsanwaltschaft nicht ein einziges Verfahren wegen Körperverletzung im Amt angeklagt worden. Der Vergleich mit der allgemeinen Anklagequote in Höhe von 24,2 % in Hamburg im Jahre 2006 (Statistisches Bundesamt, Justiz auf einen Blick, 2008) zeigt, dass PolizistInnen trotz einer nicht unerheblichen Anzahl von Ermittlungsverfahren in der Regel straffrei bleiben.
Deshalb unterstützt DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft die Forderung von Humanistischer Union und anderen Bürgerrechtsorganisationen nach einem unabhängigen und professionellen Polizeibeauftragten, der auch durch eine externe Polizeikommission flankiert werden kann, damit polizeiliche Übergriffe dokumentiert und detailliert aufgeklärt werden können.
Außerdem wird DIE LINKE einen Gesetzentwurf in die Bürgerschaft einbringen, der sowohl die Ausweispflicht von PolizistInnen gegenüber BürgerInnen als auch die individuelle Kennzeichnung von PolizistInnen, gerade in geschlossenen Einheiten der Bereitschaftspolizei, gesetzlich festschreibt.