Integrationsstudie zeigt Misere der deutschen Integrationspolitik

Die kürzlich veröffentlichte Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung lässt viel Spielraum für Mutmaßungen und Kritik an in Deutschland lebenden Minderheiten zu. Der Kern der Studie befasst sich mit den Integrationsleistungen verschiedener Bevölkerungsgruppen in Deutschland. Liest man die Tageszeitungen scheint schnell deutlich: Vor allem türkischstämmige Migrantinnen und Migranten liegen, was die Integrationsleistungen angeht, weit hinten. Doch der Schein trügt.

„Integration verläuft auf einer zweigleisigen Schiene. Die Studie des Berlin-Instituts bedient Vorurteile gegenüber bestimmten MigrantInnengruppen, wird teilweise aber auch falsch interpretiert“, kritisiert der migrationspolitische Sprecher der Linksfraktion, Mehmet Yildiz. „Man kann nicht einerseits bei bestimmten Bevölkerungsgruppen diagnostizieren, sie wären weniger integrationsbereit als andere, sie dann aber von gesellschaftlicher Teilhabe ausschließen.“

Damit beschreibt Yildiz einen wunden Punkt in der Studie:  Während beispielsweise die erste eingewanderte türkischstämmige Generation als ungelernte Gastarbeiter für Bergbau und Industrie  angeworben wurden und die Jobs nach dem Strukturwandel verloren gingen, kamen die ersten Spätaussiedler nach der Wende – oft mit hohen Bildungsabschlüssen. Zudem waren sie mit dem Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft per se „Deutsche“, was das Berlin-Institut als einen maßgeblichen Faktor zur Integrationsbereitschaft wertet. Das bedeutet gleichzeitig, dass vielen türkischstämmigen Einwanderern seit dem Strukturwandel in der Bundesrepublik die Teilhabe am neuen Arbeitsmarkt praktisch verwehrt bleibt.

„Die Indikatoren für die Feststellung der Integrationsbereitschaft sind teilweise unglücklich gewählt. Wenn beispielsweise allein die Tatsache, ob jemand integriert ist oder nicht, am Vorhandensein der deutschen Staatsbürgerschaft abhängig gemacht wird oder nicht, dann bestehen erhebliche Zweifel an der Verwertbarkeit der Studie“, kritisiert Yildiz. „Zudem besteht weiterhin das Problem, dass bestimmte Abschlüsse von MigrantInnen aus Nicht-EU-Staaten oft nicht anerkannt werden, was auch die aktive Teilhabe am Arbeitsmarkt erschwert.“

„Erst seit 2003 gesteht die Bundesregierung überhaupt ein, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Das sind sechzig Jahre der Versäumnisse von Seiten der Politik, die ihren Verpflichtungen nicht nach gekommen ist.“ Yildiz bekräftigt damit die Aussage Klaus Bades von der deutschen Stiftung für Integration  und Migration, der vor einer Überbewertung der Studie warnt.

„Hamburgs Vorreiterrolle kann nur ausgebaut werden, wenn wir die frühkindliche Förderung von Migrantenkindern ausweiten. Denn führen wir uns vor Augen: Es ist kein ethnisches Problem, sondern gründet sich auf die Armut vieler Schichten unserer Gesellschaft,“ erklärt Yildiz abschließend.