Kosmetische Korrekturen am geplanten Polizeigesetz

Bericht zur Innenausschusssitzung vom 01.10.2019

Von Nathalie Meyer

Nachdem am 19.09.2019 sechs Expert_innen im Innenausschuss ihre Einschätzung zum Gesetzesentwurf zum neuen hamburgischen Polizeirecht abgeben haben, sah es eigentlich so aus, als werde der Senat einige Änderungen am Entwurf vornehmen müssen. In der Senatsauswertung der Anhörung am 01.10.2019 machte der Senat aber deutlich, dass zahlreiche der Kritikpunkte der Expert_innen vom Senat übergangen werden sollen.

Der Senat plant an der automatisierten Datenanalyse (§ 49 PolDVG-E) einige Konkretisierungen vornehmen zu wollen. So könne sich der Senat etwa die Aufnahme einer Legaldefinition für die automatisierte Datenanalyse und eine Konkretisierung der Norm ebenso vorstellen, wie die Einführung einer Berichtspflicht an die Bürgerschaft. Wie diese Änderungen aussehen werden, bleibt aber vorerst genauso im Dunkeln, wie das geplante Einsatzfeld und die Funktionsweise der automatisierten Datenanalyse. Den Fragen welche Software mit welchem Funktionsumfang zu welchen Zwecken zum Einsatz kommen soll, wich der Senat nämlich aus.

Kleine Nachbesserungen wird es auch bei der Meldeauflage geben. Wie von fast allen Expert_innen gefordert, wird der Senat eine Befristung der Meldeauflage vorsehen. Wie diese genau aussehen wird, sagte der Senat aber nicht.

Quer stellt sich der Senat aber im Hinblick auf die elektronische Aufenthaltsüberwachung (aka Fußfessel). Während fünf von sechs Expert_innen der Ansicht waren, dass sie geplante Regelung viel zu weit geht, da sie den Einsatz der Fußfessel schon bei einer einfachen Gefahr für Leib, Leben legalisiere, meint der Senat offensichtlich, dass er es besser wisse. Andy Grote machte deutlich, dass eine höhere Eingreifschwelle für den Senat nicht in Betracht kommt, da es ihnen gerade darum gehe, die Fußfessel auch bei der Gefahr einer einfachen Körperverletzung einsetzen zu können. Zur Begründung wurde wieder das Beispiel der Beziehungsgewalt genannt. Das die Expert_innen wohlwissend um diese Motivation des Senats trotzdem der Auffassung waren, dass ein so weites Anwendungsfeld bei einer so grundrechtssensiblen Maßnahme mehr als problematisch ist, wurde damit einfach vom Tisch gefegt.

Auch die Kritik an der Mitziehregel – also die erhebliche Ausweitung der höchstmöglichen Speicherdauer von Daten, § 35 PolDVG-E – lässt der Senat an sich abprallen. Obwohl die Verlängerung der Prüffristen von den Expert_innen als zu lang und zu pauschal kritisiert wurde, weiß der Senat es auch hier besser und hält an der Regelung fest.

Für Überraschung sorgte der Senat mit der Ankündigung, dass sie an der Streichung der Anordnungsbefugnis des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit festhalten werden – obwohl ebenfalls fünf von sechs Expert_innen bei der vorausgegangenen Anhörung diese Änderung als europarechtswidrig bewertet und erhebliche Kritik geäußert haben. Der Senat vertrete hier eben eine andere Rechtsauffassung, so die lapidare Begründung.

Dieser Umstand war wohl auch einer der Hauptgründe – aber bei weitem nicht der einzige Grund – der zu einem heftigen argumentativen Schlagabtausch zwischen dem Senat und dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit führte, der seine Kritik an dem Gesetzesentwurf auf datenschutzrechtlicher Sicht ausführte (vgl. Stellungnahme HmbBfDI).

 

Welche Änderungen der Senat nun konkret vornehmen wird, werden erst die nächsten Wochen zeigen. Denn der Senat hat sich mit dem an den Tag gelegten Tempo der Gesetzesnovelle nun offensichtlich selbst überfordert. Da der Senat bisher noch keine konkreten Änderungsvorschläge vorlegen konnte, werden die Beratungen im Innenausschuss auf der nächsten Sitzung am 08.11.  fortgesetzt. Damit wird der Gesetzesentwurf frühestens in der darauf folgenden Bürgerschaftssitzung am 23.11. beschlossen werden können.