Pflegekongress in Hamburg: „Die neoliberale Politik im Gesundheitswesen zu Fall bringen!“
Privatisierungen, Kürzungen, schlechte Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte: Die Auswirkungen neoliberaler Politik prägen unser Gesundheitswesen. Doch was tun, um den „Pflegenotstand“ zu bekämpfen? Auf einem Pflege-Kongress hat DIE LINKE gemeinsam mit Aktiven Strategien erarbeitet.
Gesprächsbedarf war offenbar zur Genüge vorhanden: Mehr als 50 Expert_innen und Aktivist_innen aus ganz Deutschland waren am vergangenen Wochenende der Einladung zur Pflege-Konferenz der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft gefolgt. „Strategien gegen den Pflegenotstand in den Krankenhäusern“ sollten erarbeitet werden, und dafür interessierten sich außer den Abgeordneten und Mitarbeiter_innen der LINKEN vor allem Gewerkschafter_innen und Aktive aus Krankenhaus-Initiativen.
Das Ziel linker Pflegepolitik umriss Deniz Celik, gesundheitspolitischer Sprecher der Hamburger Linksfraktion schon in seiner Begrüßungsrede: “Die Krankenhäuser gehören in öffentliche Hand, das System der Fallpauschalen gehört abgeschafft. Die Profitorientierung geht auf Kosten der Gesundheit. Wir wollen die neoliberale Politik im Gesundheitswesen zu Fall bringen!“
Operation? Was zählt, ist die Rendite
Auch Olaf Harms, ver.di Landesbezirksvorsitzender Hamburg, meinte in seinem Grußwort: „Das Gesundheitswesen gehört zwingend in staatliche Hand, auch um die Versorgung armer Menschen zu gewährleisten.“
Dass das gegenwärtige System mehr als nur mangelhaft ist, führten in den anschließenden Vorträgen mehrere Expert_innen aus. Nadja Rakowitz vom Verband demokratischer Ärztinnen und Ärzte, vdää) kritisierte das Fallpauschalen-System, das Patient_innen „vom Zweck des Krankenhauses zu einem Mittel der Profitsteigerung“ mache – vorausgesetzt ihre Erkrankung sei für das Krankenhaus profitabel. Sie erläuterte das am Beispiel von Operationen, die zunehmend aus wirtschaftlichen und nicht medizinischen Gründen durchgeführt würden. Auf der anderen Seite werden Patient_innen, bei denen es sich nicht lohnt, nicht mehr vernünftig behandelt. Gesundheitsaktivist Axel Hopfmann verwies auf den Zusammenhang zwischen mangelnder Pflegepersonalausstattung und Profitorientierung: Während immer mehr Menschen in Krankenhäusern behandelt würden, sinke die Verweildauer der Patienten.
Druck aufbauen durch soziale Kämpfe
Im Anschluss berichteten Aktivist_innen von aktuellen sozialen Kämpfen rund um die Krankenhäuser. Aus Berlin war Jan Latza vom „Bündnis BerlinerInnen für mehr Personal im Krankenhaus“ angereist. Er sprach sich für mehr Streiks als Druckmittel zur Durchsetzung besserer Pflegebedingungen aus, so wie es die Beschäftigten der Charité in Berlin exemplarisch vorgemacht habe. Nicht nur lasse sich auf diese Weise großer Druck auf die Arbeitgeber_innen ausüben. Streiks seien auch hervorragend geeignet, um den Pflegenotstand in der Öffentlichkeit insgesamt zum Thema zu machen. Jan Schalauske berichtete vom Engagement des „Aktionsbündnises gemeinsam für unser Klinikum“, das 50.000 Unterschriften gegen die Folgen der Privatisierung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg sammeln konnte.
Öffentlichkeit sensibilisieren
In Workshops berieten die Teilnehmer_innen anschließend über konkrete Aktionen – sowohl solche, die schon stattgefunden haben als auch solche, die noch kommen könnten. Sie kamen zum Ergebnis, dass parlamentarisches Wirken allein nicht ausreiche, um einen Richtungswechsel bezüglich Rekommunalisierung der Krankenhäuser oder Abschaffung der Fallpauschalen zu bewirken. Das gehe nur mit dem Druck der Öffentlichkeit. Einig war man sich, dass noch viel getan werden müsse, um die Bevölkerung und die Beschäftigten für das Thema zu sensibilisieren – aber dass es nicht unmöglich sei, etwas zu ändern.
Vorträge vom Pflege-Kongress zum nachlesen
Wie wirken sich die Einsparungen in den Krankenhäusern konkret auf die Arbeit der Beschäftigten und die Qualität der Pflege…? Die wichtigsten Erkenntnisse unserer Referent_innen finden sie hier – wir haben die einzelnen Vorträge archiviert.
Patientensicherheit und Pflegepersonal in Krankenhäusern: Informationen für Patienten- und Personalvertretungen (von Axel Hopfmann)
Ein gescheitertes Großprojekt: Auswirkungen der Fallpauschalen und politische Gegenwehr (von Dr. Nadja Rakowitz)
Strategien zur Herstellung einer gesetzlichen Personalbemessung (von Jan Latza)
Auswirkungen der Privatisierung von Krankenhäusern auf die Beschäftigten und Patient_innen (von Nils Böhlke)