HSH Nordbank: Senator ganz allein im Tal der Ahnungslosen?

Der Finanzinvestor J.C. Flowers hat Management und Mehrheitseignern der HSH Nordbank, Schleswig-Holstein und Hamburg, die Hauptschuld für die desaströse Lage der Landesbank gegeben: „Wir haben bereits frühzeitig auf Probleme hingewiesen und hier immer wieder eine Kursänderung angemahnt“, sagte Flowers-Europachef Ravi Sinha dem Handelsblatt, „gehört wurden wir jedoch nicht.“

Dazu erklärt der Finanz- und Haushaltsexperte Dr. Joachim Bischoff: „Diese Kritik kommt nicht überraschend. Nur Senator Freytag scheint als einer der wenigen nichts bemerkt zu haben. Auch der jetzige HSH Nordbankvorsitzende Nonnenmacher hat darauf hingewiesen, dass der Bank 2007 eine entwickelte Risikokultur fehlte.“

Nonnenmacher am 2.6.2009 in der FAZ: „Formal sind aufsichtsrechtliche Anforderungen offenbar erfüllt gewesen. Heute wissen wir: Das war nicht ausreichend. Die Kultur der Bank war zu stark davon geprägt, Neugeschäft zu machen. Die Risikokontrolle war qualitativ und quantitativ unterentwickelt.

Der Vorwurf der schweren Untreue gegen das Führungspersonal zielt darauf, dass:

  • Die Einhaltung der Vorschriften nur scheinbar gegeben war
  • Der Aufsichtsrat seine Kontrollpflichten bei der Risikobewertung nur unzureichend wahrgenommen hat.

Seit Beginn der öffentlichen Krisenbewältigung geht es darum, ob die Bankenrechtsvorschriften eingehalten wurden und welche Rolle der Vorsitzende des Aufsichtsrates Peiner (CDU) und der Finanzsenator Freytag als Mitglied des Aufsichtsgremiums eingenommen haben.

Bankenrechtliche Vorschriften, die durch die Bankenaufsicht Bafin konkretisiert und kontrolliert werden, zielen darauf ab, dass Handelsgeschäfte und die zugehörigen Risikopositionen regelmäßig auf die mit ihnen verbunden Verlustrisiken zu untersuchen sind. Offenkundig ist bei einigen Landesbanken – auch der HSH Nordbank – diese Risikokontrolle unzureichend gehandhabt worden. Die Bank hat kurz vor Auslaufen der Gewährsträgerhaftung billig Kredite aufgenommen und damit hoch riskante Papiere gekauft. Bei dieser Operation wurde ein „Schnellankaufverfahren“ praktiziert, bei dem eine genauere Prüfung der Risiken zunehmend unterblieben ist. Es steht seit langem fest, dass die HSH-Führungsebene  maßgebliche Direktiven der Bankenaufsicht nicht beachtet hat. Zudem ist nach Ausbruch der Krise im Frühjahr 2007 die Krise nachweislich schöngeredet worden.

Bevor sich die HSH Nordbank mit Finanzderivaten im Wert von rund 30 Milliarden Euro eingedeckt hat, ist keine konzernweite Risikokontrolle eingerichtet worden. Die entscheidende Frage ist, ob durch den Untersuchungsausschuss oder die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dieser Vorwurf  erhärtet werden kann. Es muss geprüft werden, ob sich die Bankmanager wissentlich über Mindestanforderungen hinweggesetzt haben, die die Bankaufsicht für das Risikomanagement festgesetzt habe.