Kleine Anfrage: Mehr Videoüberwachung zum OSZE- und G20-Gipfel?

Drucksache 21/6824

Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 22.11.16 und Antwort des Senats

Mit Sicherheitstechnik wird ein Milliardengeschäft gemacht. Das ist spätestens seit den – gescheiterten – Plänen Hamburgs, sich um die Austragung der Olympischen Spiele 2024 zu bewerben, bekannt. Damals hieß es, dass Hamburg insbesondere auf „lückenlose Videoüberwachung“ setzen wolle. 120 Millionen Euro sollten für den Ausbau der Videoüberwachung ausgegeben werden.

In Kürze steht das OSZE-Ministerratstreffen in Hamburg bevor und für Juli 2017 wird der G20-Gipfel geplant. Beide Ereignisse stellen ähnlich hohe Sicherheitsanforderungen an Hamburg wie Olympische Spiele. Andererseits hat das OVG Hamburg 2010 der polizeilichen Videoüberwachung Grenzen gesetzt. Gebäude, Gebäudeteile und Flächen, die zwar öffentlich zugänglich sind, aber nicht zu den öffentlich zugänglichen Straßen, Wegen und Plätzen gehören, dürfen nicht überwacht werden. Dies gilt insbesondere für Fenster und Eingangsbereiche dieser Gebäude.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Die Planungen zur Videoaufklärung für die Olympischen Spiele sind losgelöst von Einsatzplanungen für das OSZE-Ministerratstreffen und den G20-Gipfel zu betrachten. Pläne zu einer „lückenlosen Videoüberwachung“ im Zusammenhang mit den Olympi- schen Spielen in Hamburg sind der zuständigen Behörde im Übrigen nicht bekannt. Diese sind in Bezug auf Umfang und Kosten nicht übertragbar und nicht in die aktuel- len Einsatzplanungen eingeflossen. Auch die verschiedenen Beschaffungsmaßnah- men von Videotechnik durch die zuständige Abteilung der Polizei (IT 4) stehen nicht in direktem Zusammenhang mit den anstehenden Großeinsätzen, sondern sind Bestandteil längerfristig geplanter Videoerneuerungsmaßnahmen, welche nunmehr im zeitlichen Zusammenhang mit den Einsätzen eine gezielte und komprimierte Umset- zung erfahren. Die Einsatzplanungen für das OSZE-Ministerratstreffen sehen insofern keinen Ausbau der Videoaufklärung in Hamburg vor. Da die Rahmenbedingungen für den G20-Einsatz aufgrund fehlender Detailinformationen noch nicht abschließend betrachtet werden können, sind derzeit hierzu noch keine belastbaren Aussagen mög- lich.

Die Planungen für das OSZE-Ministerratstreffen sehen vor, für erforderliche einsatz- bedingte Videoüberwachungsmaßnahmen die bereits der Polizei Hamburg zur Verfü- gung stehende Technik (Verkehrsbeobachtungskameras, Videofahrzeuge, Kameras der Polizeihubschrauber) einzusetzen. Für den Fall, dass Veranstaltungen mit Bezug zur Elbe stattfinden sollten, wird die Polizei Hamburg mit entsprechender mobiler Kameratechnik tätig werden.

Ein Einsatz der Videotechnik erfolgt – abhängig vom Einzelfall und konkreten Anlass – nach Maßgabe der einschlägigen rechtlichen Vorgaben des Gefahrenabwehrrechts, der Strafprozessordnung (StPO) oder der versammlungsrechtlichen Bestimmungen. Eine Bildübertragung in den Führungsstab der Polizei Hamburg und in ausgewählte Befehlsstellen der Einsatzabschnitte sowie eine anlassbezogene Aufzeichnung sind möglich. Eine Rund-um-die-Uhr-Aufzeichnung sowie Tonübertragungen erfolgen nicht. Angaben zum konkreten Personaleinsatz sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht mög- lich. Vertretern des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informations- freiheit wurden die vorgesehenen Maßnahmen von der Polizei vorgestellt.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Gehört es zum Sicherheitskonzept beider Gipfel, die Videoüberwachung in Hamburg auszubauen?

Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

  1. Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage geschieht dies?
  2. Welche Erwägungen spielten bei der Technikfolgenabschätzung eine Rolle?
  3. Bitte der Antwort die Verfahrensbeschreibungen beifügen.
  4. Wie hoch sind die Kosten?
  5. Hat der Ausbau bereits begonnen?
  6. An welchen Standorten?
  7. Welche Sicherheitstechnik soll verwendet werden?
  8. Wie werden die Vorgaben der Entscheidung des OVG Hamburg zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung eingehalten?
  9. Werden die Kameras nach den Gipfeln wieder abgebaut?

Entfällt.

Vorhandene Videoanlagen der Polizei werden anlassbezogen genutzt.

a. Wenn ja, um welche Standorte handelt es sich?

Verkehrsbeobachtungskameras werden entlang der vorgesehenen Protokollstrecken genutzt. Zu den mobilen Komponenten können naturgemäß keine Standorte benannt werden. Darüber hinaus betrifft die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, zu der die zuständige Behörde aus grundsätzlichen Erwägungen keine detaillierteren Auskünfte erteilt.

Nein.

  1. Ist geplant, die im Rathaus vorhandenen Überwachungskameras für polizeiliche Zwecke zu nutzen?Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?
  2. Ist geplant, die Überwachungskameras der Hamburg Messe und Congress GmbH für polizeiliche Zwecke zu nutzen?Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?

2. Ist die vorhandene Videoüberwachung Bestandteil des Sicherheitskon- zepts für die Gipfel?

Die Nutzung dieser Videoaufnahmen erfolgt durch das Bundeskriminalamt (BKA). Die Zuständigkeit liegt mithin beim BKA. Die IT-Abteilung der Polizei hat in Absprache mit dem BKA technisch Vorsorge getroffen, dass der Polizeiführer im Führungsstab der Polizei Hamburg bei Bedarf Zugriff auf die Bilder hat. Rechtsgrundlage für diesen Fall sind die Bestimmungen des § 8 Absatz 2 des Hamburgischen Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (HmbPolDVG).

d. Wie wird sichergestellt, dass während einer polizeilichen Nutzung die Übertragung an den ursprünglichen Betreiber der Überwa- chungstechnik unterbrochen wird?

Die polizeiliche Nutzung der Videokameras auf dem Messegelände und die damit im Zusammenhang stehenden technischen Einschränkungen für die ursprünglichen Betreiber liegen im Zuständigkeitsbereich des BKA.

3. Wie sollen vorhandene oder geplante Videoüberwachungsanlagen im Zusammenhang mit den beiden Gipfeln genutzt werden?

a. Zur Bildübertragung?

Ja.

aa. Soll eine Echtzeit-Übertragung mit durchgehender Überwa- chung der Videobilder erfolgen?

Siehe Vorbemerkung.

ab. Welche Stellen werden befugt sein, die Videobilder zu überwa- chen und auszuwerten?

Die Überwachung und Auswertung von Videobildern geschieht auf der jeweiligen rechtlichen Grundlage, auf Basis des gültigen Rechte-Vergabekonzeptes und der Einzelfall-Entscheidung des Polizeiführers. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

  1. Welche Technik soll zur Übertragung der Videobilder genutzt werden?
  2. Sollen die Daten drahtgebunden oder drahtlos übertragen wer- den?
  3. Wie soll die Sicherheit bei Übertragungen, insbesondere über das Internet, gewährleistet werden?
  4. Wie sollen Netzwerkkameras vor unbefugten Zugriffen Dritter geschützt werden?
  5. Bitte auch die Sicherheitsvorkehrungen im Hinblick auf ac. bis af. insbesondere zur Netzwerksicherheit vorhandener Video- überwachungsanlagen losgelöst von den Gipfeln erläutern.

Die Polizei nutzt verschiedene Übertragungswege und sichert die Datenübertragung auf geeignete Weise gegen den Zugriff Dritter. Näheres beträfe sicherheitssensible Einsatzbelange der Polizei, zu denen die zuständige Behörde aus grundsätzlichen Erwägungen keine detaillierteren Auskünfte erteilt.

b. Soll es auch eine Tonübertragung geben? Wenn ja, wie soll diese genutzt und ausgewertet werden?

Nein.

c. Sollen Bildaufzeichnungen angefertigt werden?

Siehe Vorbemerkung.

  1. Wenn ja, sollen ereignisbezogene Aufzeichnungen ausgelöst oder soll rund um die Uhr aufgezeichnet werden? Auf welcher Rechtsgrundlage?
  2. Wie lange sollen die Aufzeichnungen gespeichert werden und auf welcher Rechtsgrundlage?
  3. Für welche Anlässe sollen die Aufzeichnungen genutzt werden und auf welcher Rechtsgrundlage?

Das Aufzeichnen, die Speicherdauer und die Nutzung von Videobildern werden anlassbezogen aufgrund verschiedener, in der Einsatzsituation zu prüfender rechtlicher Grundlagen erfolgen. Je nach Sachlage ergeben sich hieraus die unterschiedli- chen rechtlichen Voraussetzungen für die Datenverarbeitung. Beispielhaft können Aufzeichnungen zur Strafverfolgung gemäß § 100h StPO oder zur Gefahrenabwehr bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen gemäß § 8 Absatz 1 HmbPolDVG benannt werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

 

  1. Wird es Löschungsprotokolle geben?Ja.
  2. Wenn ja, wie lange sollen diese gespeichert und von wem sol- len sie kontrolliert werden?

Die Löschprotokolle werden in Papierform vorgehalten. Die Aufbewahrungsfrist ergibt sich aus den einschlägigen rechtlichen Bestimmungen. Während der Speicherdauer stehen sie dem Behördlichen Datenschutzbeauftragten der Polizei für eine Kontrolle zur Verfügung.

cf. Wo werden aktuell die Bildaufzeichnungen gespeichert und wo sollen sie während der Gipfel gespeichert werden? Gelangen Daten auch auf Server im Ausland?

Wenn ja, wohin?

Die Daten werden auf Datenträgern, auf denen sie erzeugt wurden, als Original gespeichert. Sicherungen werden auf DVD gespeichert (als Ur- beziehungsweise Arbeitskopien). Arbeitskopien werden als DVD an den jeweiligen Sachbearbeiter herausgegeben. Sofern Daten auf Festplatten aufgezeichnet und gespeichert wurden, wird von dieser entsprechenden Datei eine Sicherungskopie erzeugt (Urkopie). Die Daten von der Festplatte werden anschließend nach entsprechender Löschroutine gelöscht oder überschrieben. Die Bildaufzeichnungs- und Speicherungsverfahren der Polizei sind so konzipiert, dass kein Bildmaterial auf Server im Ausland gelangen kann.

cg. Wie werden und wie sollen die Daten vor dem unbefugten Zugriff Dritter geschützt werden?

Die Datenträger werden in verschlossenen Räumen/Schränken gelagert. Die Zutrittskontrolle im Bereich IT der Polizei erfolgt mittels eines elektronischen Zutrittssystems. Die Datenträger, die sich im Zugriff der Sachbearbeiter befinden, werden gemäß der einschlägigen Bestimmungen der Polizeidienstvorschrift 350 behandelt und sind vor unbefugtem Zugriff zu sichern und entsprechend aufzubewahren.

  1. Wie viel Personal aus welchen Stellen soll während der Gipfel jeweils für die Videoüberwachung eingesetzt werden?
  2. Wurde der Hamburgische Datenschutzbeauftragte über die Planun- gen zur Videoüberwachung informiert?

Siehe Vorbemerkung.

f. Wie sind die Informations- und Meldewege für die jeweilig festgeleg- te Gefahrensituation?

Die eingesetzten Kräfte nutzen die zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel und treffen jeweils im Einzelfall notwendige Maßnahmen.

g. Werden Bildübertragungen sowie Bild- und Tonaufzeichnungen auch Sicherheitskräften außerhalb der Hamburger Polizei insbeson- dere ausländischen Sicherheitskräften zugänglich gemacht?

Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?

Nein.

  1. Ist geplant, bei Demonstrationen im Zusammenhang mit den Gipfeln Übersichtsaufnahmen der öffentlichen Ansammlungen anzufertigen?
  2. Ist geplant, bei Demonstrationen im Zusammenhang mit den Gipfeln Beweissicherungsfahrzeuge zur standardmäßigen Videoüberwachung mit Übertragung der Bilder auf Monitore einzusetzen? Sollen auch friedliche Versammlungen mit Kamera-Ausrichtung auf die Demonstranten/- innen beobachtet werden? Wenn ja, bitte zu beiden Fragen die Rechtsgrundlage angeben.

Nein. Im Übrigen siehe Drs. 20/14659.