Ein Leben im Alter in Würde auch älteren Migrantinnen und Migranten ermöglichen – Masterplan 2020 einführen
BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache 20/11120
20. Wahlperiode 12.03.14
Antrag
der Abgeordneten Cansu Özdemir, Mehmet Yildiz, Kersten Artus, Tim Golke, Heike Sudmann, Norbert Hackbusch, Dora Heyenn und Christiane Schneider (DIE LINKE)
Betr.: Ein Leben im Alter in Würde auch älteren Migrantinnen und Migranten ermöglichen – Masterplan 2020 einführen
Die wachsende Zahl von älteren Menschen mit eigener oder familiärer Migrationsbiografie in Deutschland rückt zunehmend in den Blickpunkt der Sozialpolitik. Ein Faktor ist zum Beispiel die abnehmende Neigung älterer Migrantinnen und Migranten, in ihr Herkunftsland zurückzukehren, stattdessen wird öfter die Entscheidung getroffen, im Alter in Deutschland zu bleiben. Deshalb ist es notwendig, die besondere Lage von älteren Menschen mit Migrationshintergrund besser zu verstehen. Es bedarf einer differenzierten Betrachtung ihrer Lebenslagen, um ihre gesellschaftliche Partizipation zu fördern.
2030 wird, rechnet man die heutige Bevölkerungsstruktur hoch, fast jede dritte Hamburgerin und jeder dritte Hamburger 60 Jahre und älter sein. Zwischen den Jahren 2005 und 2025 ist zudem von einer Verdoppelung der über 55-jährigen Bevölkerung mit Migrationshintergrund auszugehen.
Der Sozialbericht der Stadt Hamburg 2014 gibt unzureichende und beschönigende Antworten auf die zunehmende Prekarisierung von Lebensverhältnissen. Gerade bei älteren Menschen spielen „Bildung und Qualifikation“ eine untergeordnete Rolle als Einflussfaktoren. „Hauptstadt der Altersarmut“ ist Hamburg und wird es bleiben, denn die Dynamik beim Anstieg der Altersarmut, programmiert durch die enorme Zunahme prekärer Beschäftigung und die Absenkung des Rentenniveaus durch die diversen Bundesregierungen der letzten 20 Jahre, die durch die nun geplanten Rentenreformen nur ein wenig abgemildert wird, zeigt sich auch und gerade im Zuwachs der Zahl der Menschen, die auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind.
Die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE, Drs. 20/10521 hat ergeben, dass Stigmatisierungen und strukturelle Benachteiligungen für in Hamburg lebende ältere Menschen mit Migrationshintergrund zusätzlich schlechte Lebensbedingungen hervorrufen. Menschen mit Migrationshintergrund haben eine dreimal höhere Armutsgefährdungsquote: Sie liegt bei Männern ohne Migrationshintergrund bei 9,9 Prozent, bei Frauen ohne Migrationshintergrund bei 10,0 Prozent. Bei Männern mit Migrationshintergrund beträgt sie hingegen 28,8 Prozent und bei den Frauen mit Migrationshintergrund 29,1 Prozent.
Hamburg muss sich seiner Verantwortung für mehrfach benachteiligte Menschen stellen: Es bedarf einer umfassenden Strategie, um die zu erwartenden beziehungsweise bereits eingetretenen Probleme älterer Hamburgerinnen und Hamburger mit Migrationshintergrund zu lösen.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird aufgefordert,
1. einen „Masterplan 2020“ vorzulegen, der eine zentrale Strategie des Senats, die Perspektiven älterer Menschen mit Migrationshintergrund betreffend, formuliert. Insbesondere sind für folgende Handlungsfelder verbindliche Maßnahmen mit zeitlichen Zielvorgaben auszuarbeiten:
a. Armutsrisiko, Einkommen, ergänzende Leistungen
b. Gesundheitliche Versorgung, Pflegebedürftigkeit
c. Spezifische Bedarfe an Beratungsstrukturen und Integrationsangeboten
d. Wohnsituation
e. Aufenthaltsstatus
2. der Bürgerschaft den Masterplan bis zum 30.09.2014 vorzulegen.
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Beschluss: Ablehnung; am 26.03.2014 mehrheitlich mit den Stimmen der SPD, CDU, FDP und des Abgeordneten Dr. Scheuerl gegen die Stimmen der LINKEN bei Enthaltung der GRÜNEN