Elbphilharmonie: Kostenexplosion, Missmanagement, überforderte und hilflose Kultur-, Sport-, Tourismus- und Medien- Senatorin

BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG

  1. Sitzung

Mittwoch, 5. November 2008

Elbphilharmonie: Kostenexplosion, Missmanagement, überforderte und hilflose Kultur-, Sport-, Tourismus- und Medien- Senatorin

Norbert Hackbusch DIE LINKE:

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

es ist für uns, für das Parlament und für Hamburg äußerst ärgerlich, dass wir uns in fast jeder Aktuellen Stunde mit dieser Fragestellung beschäftigen müssen. Das liegt nicht daran, dass hier eine falsche Misstrauenskultur oder Ähnliches vorherrschen würde, sondern dass wir immer wieder von neuen Sachen überrascht werden. Darüber sind wir erstaunt. Ich werde gleich noch einmal darauf eingehen, was Frau Dr. Gümbel zu den alten Sachen gesagt hat. Aber in der Zwischenzeit ist Folgendes passiert:

Der Bürgermeister sagt, wir würden im ersten Quartal einen ungefähren Überblick über den Stand der Elbphilharmonie erhalten und darüber, wann und wie eine Rettung zu sehen sei.

Die Senatorin sagt, im November würden wir informiert und zudem habe Sie uns auch die ganze Zeit darüber informiert – ein eindeutiger Widerspruch. Wir haben noch nicht einmal mehr eine Ahnung, wann das Ganze eröffnet werden soll.

Herr Lieben-Seutter sagt uns, dass er das auch nicht mehr so genau wisse und dass er den Überblick verloren habe. Wir wissen noch nicht einmal, ob der Eröffnungstermin, der erst im letzten Sommer für die Elbphilharmonie festgesetzt worden ist, nicht schon wieder verschoben wird und es vielleicht noch ein Jahr später wird.

Das heißt, Sie richten hier ein Chaos zulasten dessen an, was Sie „Musikstadt Hamburg“ nennen. Das ist Ihr Fehler.

Frau Dr. Gümbel, weil Sie ein Bauernopfer haben wollen und meinen, damit sei das Problem gelöst, haben Sie gesagt, es sei eine schreckliche Situation mit der Deckelung auf 25 Millionen Euro Risiko. Diese 25 Millionen Euro Risiko stehen schon in der Drucksache. Sie haben gewissermaßen als Fraktion – Sie waren damals noch nicht dabei, ich auch nicht – gesagt, dass nicht mehr notwendig sei. Das stand in der Senatsdrucksache. Herrn Wegener dementsprechend für alle diese Sachen die Schuld zu geben, fasst deswegen nicht weit genug.

Ich bin auch nicht der Meinung, dass die Kultursenatorin die Hauptverantwortung für diese Situation trägt. Wir haben es hier zu tun mit dem Vorzeigeprojekt des Senats. Wir haben eine Situation, in der sowohl als auch die Senatskanzlei und Frau Senatorin die ständigen und zeitweise wichtigen Grundlagen für die Planung gemacht haben, und diese Planung ist gegenwärtig im Chaos. Der gesamte Senat trägt die Verantwortung. Wir wissen durch Kleine Anfragen, dass der Bürgermeister ständig gut informiert war.

Insofern ist es nicht möglich, nur der Senatorin die Schuld zu geben, so gern ich ihr auch – wenn Sie die Verantwortung hätte – diese allein geben würde. Das ist eine Gesamtverantwortung des Senats, es gibt keine einzelnen Bauernopfer.

Es geht um eine Grundfrage, die wir schon häufiger gestellt haben. Es gibt auch nicht die Ausrede, dass bei öffentlichen Bauten immer mehr Geld ausgegeben worden sei. Es handelt sich hierbei um eine Verdoppelung, eine Explosion des Preises. Dieser Senat muss zeigen, ob er mit Geld überhaupt vernünftig umgehen kann. Und das muss er an dieser Stelle zeigen. Das Geld ist im Allgemeinen zu verantworten für diese Stadt. Bei solchen Bilanzen ist eine Misstrauenskultur einer Fraktion verständlich.

Ich will noch einen dritten Punkt benennen. Wir haben es mit einem Public-Private Partnership-Vorzeigeprojekt zu tun. Wir haben wieder die Situation, die es schon häufiger gegeben hat, in der es anscheinend so ist, dass bei diesem PPP auch wieder die Privaten wunderbar aussehen und die Öffentlichkeit, wir Steuerzahler, die Dummen sind, die große Lasten zu tragen haben. Auch das gilt es an dieser Stelle zu bilanzieren.

Meine Damen und Herren, wir stehen, nachdem der Beschluss der Bürgerschaft zur Elbphilharmonie vor drei Jahren gefällt worden ist, vor einem Trümmerhaufen. Bisher ist nichts anderes getan worden, als ein Parkhaus dort errichtet zu haben. Das hörte sich in Ihren Worten ein bisschen schöner an, Frau Martens, aber mehr ist das nicht.

Die Kosten sind jetzt schon explodiert, obwohl die großen Fragestellungen, die insgesamt da mit zu tragen sind, noch nicht gelöst worden sind.

Es soll eine Eröffnung geben, von der wir noch nicht wissen, wann sie eigentlich stattfindet. Das heißt, eine Planung im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie hat noch nicht stattgefunden.

Ich finde, es gibt nur einen Ausweg daraus. Der Ausweg kann nur heißen, dass sich diese Bürgerschaft neu mit der Frage der Elbphilharmonie beschäftigen muss, dass Sie neue Grundlagen dafür zeigen müssen, mit welchem Geld diese Elbphilharmonie zu finanzieren ist, ob das der Hamburger Steuerzahler bezahlen möchte, ob das für dieses Projekt insgesamt berechtigt ist und dass wir das dementsprechend neu bestimmen müssen. Ein verdoppelter oder verdreifachter Preis, eine verlängerte, eine nicht vorhandene Planung zeigt, dass dieses Projekt noch nicht auf dem richtigen Weg ist und in dieser Bürgerschaft neu bestimmt werden muss.

Das verlange ich. – Vielen Dank.

 

Norbert Hackbusch DIE LINKE:*

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister,

Ihre Art und Weise zu reden gefällt mir ja. Ich muss aber feststellen, dass der Informationsgehalt, den Sie uns gegeben haben, nicht sehr hoch war.

Die Schwierigkeit, vor der wir stehen, ist, dass Sie uns praktisch gesagt haben, dass der Vertrag sehr kompliziert ist, dass man verhandelt, dass man viele Termine hat, dass man versucht, etwas von einem Tag auf den nächsten zu schieben und dass es immer irgendwelche Auseinandersetzungen gibt.

Ich finde, dass das in dem Zusammenhang nicht ausreicht, um die gegenwärtige Situation zu beurteilen, vor allen Dingen aufgrund dessen, weil die Äußerungen, die heute in der Debatte gesagt worden sind, zum Teil andere waren.

Es war nicht nur Herr Neumann, der vor allen Dingen etwas über den Vertrag gesagt hat, sondern auch Frau Dr. Gümbel hat gesagt, dass in der Grundstruktur etliche große Fehler gemacht worden sind, unter anderem mit den 25 Millionen Euro. Sie haben gesagt, in der Grundstruktur sei eigentlich alles richtig gewesen und trotzdem haben Sie in Ihren Verhandlungen jetzt alles Mögliche versucht. Das ist ein Widerspruch, der gelöst werden muss.

Herr Lafrenz hat gesagt, dass wir bisher in einer sehr komplizierten Situation gewesen sind und dass wir große Schwierigkeiten gehabt hätten, dass jetzt aber die Senatorin ein Bravourstück hingelegt hätte. Ich habe das nicht genau verstanden mit dem Bravourstück und was genau passiert ist. Wir bekommen ja auch keine Informationen darüber, aber ich muss sagen, dass das doch ein Unterschied ist zu der Aussage, die Sie gemacht haben. Wenn ein neues Bravourstück hingelegt worden ist, eine neue Grundstruktur, dann ist das etwas anderes als dass praktisch nur Verhandlungen geschehen sind.

Ich bin mir auch ganz sicher, dass dort jeden Tag Herr Wegener und alle getagt haben, um irgendetwas hinzubekommen. Trotzdem ist die Frage, die wir hier zu behandeln haben, noch nicht richtig beantwortet worden. Was sind die Grundstrukturen, dass hier solche groben Fehlentwicklungen geschehen sind. Dazu war Ihr Beitrag leider auch noch nicht ausreichend genug.

Ich möchte aber auch noch etwas zu dem Beitrag von Herrn Hamann etwas sagen. Ist er eigentlich noch da? Wir haben sehr häufig und mit Begeisterung und großer Bravour den Vorwurf von der CDU gegenüber der LINKEN und dann und wann gegenüber der SPD im Zusammenhang mit Populismus gehört. Herr Hamann hat gesagt, es sei Populismus, wenn wir vom Festbetrag reden, und jeder wisse doch, dass es einen solchen Festbetrag nicht gibt. Wir haben die Situation, dass dieser Senat gegenüber der Presse, den Talkshows, den Menschen in dieser Stadt gesagt hat, es gebe einen Festpreis. Jeder Mensch in dieser Stadt hat Festpreis als Festpreis verstanden. Dann sind doch diejenigen die Populisten, die ein Jahr später sagen, das war gar nicht so gemeint.

Das ist Populismus und das ist eine Art und Weise, die ich unanständig finde und die ich auch nicht akzeptieren will und dann noch diejenigen so zu beschimpfen, die nachfragen und sagen, Sie haben feste Preise versprochen und haben sie nicht eingehalten. Darauf geben Sie dann wutschäumend den anderen die Schuld. Das ist unakzeptabel, das ist unbürgerschaftlich und das gehört sich nicht.