Fall Tayler: Systemverbesserungen statt Schnellschüsse!

Am Wochenende verstarb im UKE der einjährige Tayler an den Folgen schwerer Misshandlungen. Betreut wurde er zuvor vom Jugendamt – so wie auch die dreijährige Yagmur, die Ende 2013 unter ähnlichen Umständen starb. Und wie im Fall Yagmur kommen auch jetzt wieder aus Politik und Medien Forderungen nach personellen Konsequenzen statt struktureller Aufarbeitung und Neuausrichtung des Jugendhilfesystems. Doch das ist der falsche Weg. Deshalb konnte die Fraktion DIE LINKE auch den Abschlussbericht der „Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Yagmur“ nicht mittragen.

Die einseitige Schuldzuweisung an den ASD war für unsere Fraktion unerträglich. Aus unserer Sicht hat es in diesem Falle ein Gesamtversagen des Kinder- und Jugendhilfesystems gegeben. Vor diesem Hintergrund hat die Fraktion einen Minderheitenbericht mit eigenen Schlussfolgerungen und eigenen Vorschlägen und Forderungen herausgegeben.

Enquete-Kommissinon einrichten – jetzt!

Diese Broschüre, die hier zum Download bereitsteht, ersteht sich als Streitschrift für die Einrichtung einer Enquete-Kommission. Mit diesem Instrument wollen wir das gesamte System der Jugendhilfe auf den Prüfstand stellen und dafür sorgen, dass die ParlamentarierInnen sich nicht weiterhin selbst evaluieren. Mit der Beteiligung von Fachleuten an der Kommission erhoffen wir uns Erkenntnisse zum Zusammenhang von Armut und Kinderschutz, die Untersuchung der Wirkungen der Ökonomisierung der Sozialen Arbeit auf die Kinder- und Jugendhilfe oder zu den Auswirkungen der Finanzierung des Kinderschutzes nach Kassenlage. Für die Zukunft wünschen wir uns den Wegfall des Überschusses an Dokumentation und Kontrolle und dafür mehr Fachlichkeit und Bürgernähe.

Endlich System der Kinder- und Jugendhilfe durchleuchten – Arbeitsbedingungen im ASD verbessern!

Der Tod der fünf Mädchen Michelle, Jessica, Lara-Mia, Chantal und Yagmur und nun von Tayler sollte Anlass genug sein, sich endlich einmal Zeit zu nehmen und das gesamte System zu durchleuchten. DIE LINKE hat von Anfang an versucht, die Missstände eingehend zu durchleuchten und hatte schon beim Tod von Chantal mit der Drucksache 20/3754 einen Anlauf unternommen, eine Enquete-Kommission auf den Weg zu bringen. Damit standen wir bisher zu unserem Bedauern weitgehend allein. Wir hoffen, dass sich das nun ändern wird und sich SPD und Grüne an ihre Worte von vor der Wahl erinnern.

Sabine Boeddinghaus, jugendpolitische Sprecherin der Fraktion dazu: „Damit in Zukunft möglichst keine vom Jugendamt betreuten Kinder mehr zu Tode kommen, muss die Politik ihrerseits Verantwortlichkeiten und strukturelle Fehler wie beispielsweise Arbeitsüberlastung, mangelhafte finanzielle Ausstattung der Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) oder die Zusammenarbeit mit den Familiengerichten untersuchen. Das geeignete Mittel dazu ist und bleibt eine Enquete-Kommission, die das komplette System der Jugendhilfe fachlich durchleuchtet und Verbesserungsvorschläge macht. Hektische Sondersitzungen und individuelle Schuldzuweisungen helfen nicht weiter.“