Grundstückspolitik in Hamburg am Gemeinwohl orientieren – Verkauf städtischer Grundstücke stoppen!
Anders als alle anderen Parteien streitet DIE LINKE vehement gegen die Privatisierung öffentlicher Aufgaben und öffentlichen Eigentums. Zu dem Eigentum zählen auch die Grundstücke, die sich im Besitz der Stadt befinden. In den ersten beiden Legislaturperioden war es den anderen Parteien noch gelungen, die LINKE aus dem Gremium, wo alle Grundstücksgeschäfte der Stadt – Ankauf, Verkauf, Erbbaurecht, Nutzung von Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten – entschieden werden, herauszuhalten.
Seit der Bürgerschaftswahl 2015 ist die LINKE in Hamburg nun erstmals in der Kommission für Bodenordnung (kurz Bodenkommission) vertreten. Wir haben einen Sitz bei den „Vollmitgliedern“, den ich wahrnehme, sowie jeweils einen stellvertretenden Sitz für die Bezirke Altona, Wandsbek und Bergedorf. Seitdem streite ich vierzehntägig in den nichtöffentlichen Sitzungen vehement gegen den Verkauf öffentlicher Grundstücke und gegen die Ablösung von Erbbaurechten. Mittlerweile werden zwar hin und wieder Erbbaurechte vergeben, aber die verstärkte Nutzung des Erbbaurechts, wie sie in 2016 noch vom damaligen Finanzsenator verkündet wurde, findet nicht statt. Immerhin wurden die Erbbauzinsen dem Markt etwas angepasst, statt bei 5 Prozent liegen sie jetzt bei 2,1 Prozent für Wohnungsbaugrundstücke. Damit ist das Erbbaurecht attraktiver geworden.
Seit 2011 ca. 155 Hektar für 17.000 Wohnungen verkauft
Aus den Jahresberichten der Kommission für Bodenordnung lässt sich errechnen, wie viel Hektar städtischer Wohnungsbauflächen verkauft wurden. Von 2011 bis 2017 waren das rund 155 Hektar, auf denen über 17.000 Wohneinheiten entstehen sollten. Eine Vergabe im Erbbaurecht mit einer klaren Vorgabe für die Schaffung von leistbaren, preiswerten Wohnungen zu vergeben, hätte einen schönen Beitrag zur Dämpfung des Mietenwahnsinns leisten können.
Nachfolgend ist ein Bürgerschaftsantrag dokumentiert, den ich für die Linksfraktion geschrieben habe. Dieser Antrag harrt jetzt im Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft und wird irgendwann in 2019 auf die Tagesordnung kommen (irgendwann deshalb, weil die Tagesordnung von der rot-grünen Mehrheit abhängig ist). Ich werde über den weiteren Fortgang berichten.
Von Heike SudmannHamburg hat seit Jahren mit einer Explosion der Mieten und Bodenpreise zu tun. Das Wohnen wird dadurch immer teurer, für viele Menschen sind die Mieten in Hamburg kaum noch zu bezahlen.
DIE LINKE setzt sich schon lange für eine andere Grundstücks- und Bodenpolitik ein. Wer eine langfristige Stadtentwicklung betreiben möchte, muss auch noch in Jahrzehnten die Möglichkeit haben, auf stadteigene Flächen zurückgreifen zu können. Aus diesem Grund haben die früheren Stadtväter und -mütter städtische Grundstücke im Erbbaurecht vergeben und nicht verkauft. Doch in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts setzte bundesweit eine Entwicklung weg vom Erbbaurecht ein. In Hamburg wurde durch den jahrzehntelang betriebenen Verkauf von städtischen Grundstücken die Möglichkeit für eine langfristige und nachhaltige Bodenpolitik drastisch reduziert. Langsam setzt ein Umdenken ein. Das zeigt sich z.B. beim Gruner&Jahr-Gelände am Baumwall, das vor Jahrzehnten von der Stadt verkauft wurde, nun von der Stadt zurückgekauft und im Erbbaurecht neu vergeben wird. Mittlerweile gibt es – zumindest rhetorisch – die Absicht des Senats, Erbbaurechte verstärkt anzugehen. Insofern hofft DIE LINKE, dass ihre Forderung nach einem Stopp des Verkaufs städtischer Grundstücke doch Wirklichkeit wird. Unterstützung für diese Forderung gibt es auf vielen außerparlamentarischen Ebenen. Prominent und aktuell ist der „Münchner Ratschlag zur Bodenpolitik“. Aus dem dort verabschiedeten Papier wird nachfolgend zitiert:
„Am 22. und 23. Juni 2018 sind auf Einladung der Münchner Initiative für ein soziales Bodenrecht (www.initiative-bodenrecht.de) über 60 hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der Städte Berlin, Bremen, Frankfurt a. M., Freiburg, Hamburg, Leipzig, München, Münster, Tübingen und Ulm sowie Expertinnen und Experten des Deutschen und des Bayerischen Städtetags, des Deutschen Instituts für Urbanistik, des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung, des vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung sowie von zahlreichen weiteren Akademien, Stiftungen und Hochschulen zu einer kommunalen Werkstatt, dem Münchner Ratschlag zur Bodenpolitik, zusammengekommen. …
Eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik ist der Dreh- und Angelpunkt sozialer Wohnraumversorgung und lebenswerter Städte. Boden ist wie Luft und Wasser kein Gut wie jedes andere. In seinem Beschluss zu Artikel 14 Grundgesetz vom 12. Januar 1967 hat das Bundesverfassungsgericht u.a. festgestellt: „Die Tatsache, dass der Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, verbietet es, seine Nutzung dem unübersehbaren Spiel der Kräfte und dem Belieben des Einzelnen vollständig zu überlassen; eine gerechte Rechts- und Gesellschaftsordnung zwingt vielmehr dazu, die Interessen der Allgemeinheit in weit stärkerem Maße zur Geltung zu bringen als bei anderen Vermögensgütern‘!
Eine „dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung“ (§ 1 Abs. 5 Baugesetz- buch) ist angesichts eines immer mehr in die internationalen Finanzmärkte einbezogenen Boden und Immobilienmarktes, der in den letzten Jahren stark gestiegenen Bodenpreise und Mieten und eines anhaltenden Wachstumsdrucks in vielen Städten immer weniger zu gewährleisten. Die Städte sehen sich mehr denn je in der Pflicht, die gegebenen Handlungsspielräume für eine soziale Stadtentwicklungspolitik kreativ zu nutzen und den Erfahrungsaustausch zu erfolgreichen Modellen in der kommunalen Bauland- und Wohnungspolitik zu verstärken. Diese Bemühungen im Rahmen des gegebenen rechtlichen Instrumentariums stoßen aber angesichts eines zunehmenden Wachstumsdrucks und eines gravierenden Mangels an bezahlbaren Wohnungen immer mehr an ihre Grenzen.“
Handlungsspielräume für eine soziale Stadtentwicklung und gemeinwohlorientierte Bodenpolitik gibt es auch in Hamburg. Hier können Senat und Bürgerschaft tätig werden ohne auf die Änderung von bundesgesetzlichen Regelungen warten zu müssen.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird aufgefordert,
- städtische Grundstücke nicht mehr zu verkaufen, sondern im Wege des Erbbaurechts zu vergeben
- für die Schaffung langfristig bezahlbaren Wohnraums für breite Kreise der Bevölkerung städtische Wohnungsbaugrundstücke ausschließlich an Akteur_innen des Wohnungsmarkts zu vergeben, die sich dem Gedanken der Gemeinnützigkeit verpflichten. Bei der Vergabe der Grundstücke im Erbbaurecht wird
- eine langfristige Zweckbindung des Grundstücks für Wohnen
- eine Gewinnbeschränkung der Wohnungsmarktakteur_innen
- eine dauerhafte Bindung der entstehenden Wohnungen nach den Grundsätzen der öffentlichen Wohnungsbauförderung festgelegt.
- der Bürgerschaft bis zum 28. Februar 2019 über den Stand der Umsetzung zu berichten.