Haushaltsverhandlungen: Hamburg zur solidarischen Stadt für Alle machen!
Vom 11.-13. Dezember wurde im Hamburger Rathaus der Haushalt für 2019 und 2020 verhandelt. Der beschlossene Haushalt sieht Mehrausgaben in einigen Bereichen. Damit reagiert der Senat allerdings nur auf Missstände in der Stadt und stopft die größten Risse und Löcher – ohne eine wirkliche Idee für eine andere, soziale Politik zu haben. Für viele soziale und kulturelle Einrichtungen, aber auch für Behörden und Bezirke bedeutet der Haushalt Kürzungen. Wir finden: Es geht auch anders! In die Bürgerschaftsdebattte haben wir einen alternativen Haushaltsentwurf eingebracht, mit dem wir Hamburg zur solidarischen Stadt für Alle machen wollen.
Der rot-grüne Kürzungshaushalt
Der Hamburger Senat plant Mehrausgaben in Höhe von 1,3 Milliarden Euro 2019 und 800 Millionen Euro 2020. Warum bedeuten die Pläne des Senats trotzdem Kürzungen? Mit den Mehrausgaben wird nur erreicht, dass sich der Zustand von Straßen, Schulgebäuden und Brücken nicht noch weiter verschlechtert. Auch für einige wenige soziale Einrichtungen ist ein bisschen mehr Geld vorgesehen – allerdings immer noch viel zu wenig. Kürzungen ergeben sich aus dem Haushalt, weil auf steigende Kosten nicht reagiert wird. Ein soziokulturelles Zentrum wie die „Werkstatt 3“ in Altona erhält zum Beispiel seit 40 Jahren den gleichen Zuschuss: 100 000 Euro jährlich. Berücksichtigt man, wie stark die Preise und die Löhne in dem Zeitraum gestiegen sind, ist der Zuschuss an die „Werkstatt 3“ faktisch halbiert worden. Ein anderes Beispiel: Die Ausgaben für städtisches Personal werden in einigen Bereichen gar nicht, in anderen nur minimal erhöht – um 1,5 Prozent oder um 0,88 Prozent an der Universität. Die Tarifabschlüsse mit den Gewerkschaften sehen allerdings teilweise eine doppelt so hohe Steigerung der Löhne und Gehälter vor. Die Konsequenz: Der fehlende Tarifausgleich führt zu Einsparungen beim Personal. Damit können wichtige städtische Aufgaben nur noch unzulänglich erfüllt werden – wie bei der Heimaufsicht, der Wohnraumüberwachung oder den Kundenzentren (um nur einige zu nennen). Eine weitere Arbeitsverdichtung, Nichtwiederbesetzung von Stellen, Stellenkürzungen oder Befristungen sind die Folge. Kürzungen durch ausbleibende oder unzureichende Erhöhungen: Das ist der Trick, mit dem der Hamburger Senat seien Bilanz schon seit vielen Jahren aufpeppt.
Was wollen wir anders machen?
Unser Haushaltsentwurf besteht aus 36 Anträgen, in denen wir mehr Geld einfordern für Bildung, Armutsbekämpfung, Wohnen, Gleichstellung, Sport, Gesundheit, Soziales, Kultur, Wissenschaft und Umweltpolitik. Beispielhaft zeigen wir hier an drei Bereichen, wie wir eine andere Stadtpolitik finanzieren wollen.
Recht auf Bildung
Laut dem Koalitionsvertrag von SPD und Grünen soll Hamburg die „kinderfreundlichste Stadt in Deutschland werden.“ Allerdings ist in Hamburg jedes fünfte Kind unter 18 Jahren armutsgefährdet. Wir finden, dass in die Bekämpfung von Kinderarmut investiert werden muss. Chancengleichheit fängt beim Frühstück an. Viele Kinder gehen jeden Morgen mit leerem Magen zur Schule, weil ihre Eltern es nicht schaffen, ihnen ein Frühstück zuzubereiten. Wir beantragen ein beitragsfreies Frühstück für alle Kinder in Kitas und Grundschulen. Das würde 43 Millionen Euro kosten und hätte eine große Wirkung – denn hungrige Kinder können sich schlecht auf den Unterricht konzentrieren oder in der Kita spielend entwickeln.
Die monatlichen Leistungen für Bildung und Teilhabe (BUT) liegen derzeit bei maximal 20 Euro pro Monat und Kind. Dieser Betrag reicht nicht ansatzweise, um die tatsächlichen Bedarfe von Kindern und jungen Menschen zu decken. Wir fordern eine Erhöhung auf 100 Euro. Außerdem beantragen wir, das Schulstarterpaket von 100 auf 150 Euro zu erhöhen. Für beide Maßnahmen sollen 77 Millionen Euro im Haushalt bereitgestellt werden.
Mobilität
Auch im kommenden Jahr erhöht der HVV wieder die Preise. Jetzt schon kostet eine einfache Fahrt in Hamburg so viel wie nirgendwo anders in Deutschland! Die Folge ist, dass es sich viele Menschen nicht leisten können, mit Bus und Bahn zu fahren. Wir wollen den öffentlichen Nahverkehr in Hamburg nicht nur ausbauen, sondern auch deutlich günstiger machen. Dafür soll in einem ersten Schritt die HVV-Monatskarte auf 60 Euro verbilligt werden, die Sozialkarte soll kostenlos werden. Auch Schüler_innen, Student_innen und Auszubildende sollen den HVV gratis nutzen können. Dafür beantragen wir 167 Millionen Euro für 2019 und 224 Millionen für 2020. Damit es attraktiver wird, aufs Fahrrad umzusteigen, beantragen wir den Ausbau von geschützten Radfahrstreifen. An zehn stark befahrenen Straßen wollen wir baulich abgetrennte Fahrradstreifen installieren. Den Vorschlag wollen wir finanzieren durch die 29 Millionen Euro, die der Senat für die „Teststrecke für autonomes vernetztes Fahren“ ausgeben will. Denn im Gegensatz zu Fahrradwegen fördert eine solche Teststrecke lediglich den motorisierten Individualverkehr und die Automobilindustrie.
Recht auf Wohnen
Beim Anstieg der Mieten ist in Hamburg weiterhin kein Ende in Sicht. Es wird immer schwieriger, in der Stadt eine Wohnung zu finden, insbesondere für Menschen mit niedrigen Einkommen. Der Senat ist bisher der Meinung, die Wohnungskrise lösen zu können, indem er Baugrundstücke an Investor_innen verkauft, die dort Wohnungen bauen. Die Realität zeigt aber: Privatwirtschaftliche Akteur_innen auf dem Immobilienmarkt haben kein Interesse an bezahlbaren Mieten. Wir fordern eine langfristig ausgerichtete Flächenpolitik. Dort, wo es möglich und notwendig ist um Spekulation mit Wohnraum zu verhindern, soll die Stadt ihr Vorkaufsrecht ausüben. Städtische Grundstücke sollen nur noch im Erbbaurecht an gemeinwohlorientierte Akteur_innen vergeben werden.
Nach wie vor fallen jedes Jahr mehr Wohnungen aus der Sozialbindung als neue Sozialwohnungen gebaut werden. Auch die vom Senat geplante Verlängerung der Bindungszeiten von 15 auf 20 Jahre bzw. für die SAGA auf 30 Jahre ändert nichts an der Tatsache, dass nach dem Auslaufen der Bindungen erneut Wohnungen mit Bindungen errichtet werden müssen. Um diesen ineffektiven Kreislauf zu durchbrechen, ist eine Neuausrichtung der Förderpolitik erforderlich. Der künftige Grundsatz sollte lauten: „einmal öffentlich gefördert, dauerhaft öffentlich gebunden“. Deshalb beantragen wir die Überarbeitung der Fördergrundsätze, so dass ab 2020 Neubauwohnungen nicht für 20 oder 30 Jahre, sondern dauerhaft gebunden sind. Dafür sollen 2025 125 Millionen Euro im Haushalt bereitgestellt werden. Außerdem fordern wir, dass der Neubau geförderter Wohnungen auf 6.000 pro Jahr verdoppelt wird. Die neuen Wohnungen sollen vor Allem von der SAGA gebaut werden.
Finanzierung
Unser Haushaltsentwurf bedeutet gegenüber den Plänen des Senats Mehrausgaben von rund 660 Millionen 2019 und 870 Millionen 2020. Ist das realistisch? Wir haben genau nachgerechnet. Die Hälfte unserer Vorschläge kann über zusätzliche Steuereinnahmen generiert werden. Wir wollen die Grunderwerbssteuer wie in Schleswig-Holstein von 4,5 Prozent auf 6,5 Prozent anheben. In Hamburg wird nur ein Bruchteil der Steuererklärungen von Einkommensmillionär_innen überprüft, weil an der falschen Stelle beim Personal gespart wird. Wir beantragen 64 zusätzliche Stellen bei Steuerfahndung, Betriebs- und Umsatzsteuersonderprüfung. Die andere Hälfte unserer Vorschläge kann finanziert werden durch Umbuchungen aus den zentralen Reserven der Stadt. Das sind Gelder, die der Senat für besondere Zwecke sichert und die bisher nicht in den Haushalt einfließen. Damit langfristig ausreichende Mehreinnahmen in den Haushalt fließen, muss sich der Senat auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Vermögenssteuer wieder eingeführt wird.
Eine solidarische Stadt ist möglich!
Mit der Verabschiedung des Haushalts für die kommenden beiden Jahre werden wichtige Weichenstellungen vorgenommen, die festlegen, in welche Richtung sich die Stadt entwickelt. Klafft die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander? Werden sich noch mehr Menschen hohe Mieten, Preiserhöhungen im HVV oder den Zugang zu Bildung nicht mehr leisten können? Leiden die Beschäftigten von Behörden oder städtischen Unternehmen unter erhöhter Arbeitsbelastung, weil beim Personal gespart wird? Sind die Krankenhäuser ausreichend finanziert oder verschlechtern sich die Bedingungen weiter? Wird etwas gegen Luftverschmutzung unternommen oder setzt der Senat auf wirkungslose Placebos wie Dieselfahrverbote? Geht es nach den Plänen des rot-grünen Senats, werden sich die Lebensbedingungen vieler Menschen in der Stadt verschlechtern. Mit unseren Anträgen zum Haushalt zeigen wir, dass die Politik des Senats nicht alternativlos ist. Hamburg kann es schaffen, sozialer Ungleichheit entgegenzuwirken. Eine andere Finanzplanung ist ein Schritt auf dem Weg zu einer solidarischen, sozial gerechten Stadt.
Unseren Leitantrag und alle Einzelanträge finden Sie hier:
Haushaltsplan-Entwurf 2019/2020
Leitantrag: Hamburg zur solidarischen Stadt für alle machen!
Einzelplan 2.0. Verfahrensdauer in den Sozialgerichten verringern – Drei Richter/-innen
Einzelplan 3.3 – Hamburgs kulturelle Infrastruktur langfristig sichern
Einzelplan 5 – Gute Gesundheitsversorgung und Pflege für alle sicherstellen und verstetigen
Einzelplan 7 – Langfristige Investitionsplanung im Hamburger Hafen durch die HPA offenlegen