„Hut ab!! Respekt! Und herzliche Gratulation!“ – Rede von Sabine Boeddinghaus zur Ehrenbürgerschaft von Udo Lindenberg

Lieber Udo Lindenberg! Die Linksfraktion sagt Ihnen: Hut ab!! Respekt! Und herzliche Gratulation!

Schön, dass Sie heute hier sind. Und schön, dass es Sie Ende der 60er hierher getrieben hat. Dass Sie Hamburg zur Wahlheimat gemacht haben und dass Sie geblieben sind.

Von der ersten eigenen Band – mit dem bis heute ziemlich passenden Namen „Free Orbit“ – bis zur Ehrenbürgerwürde! Was für ein Weg! Chapeau!

Musikalisch – vom Jazzdrummer bis zu den ersten eigenen Hits Anfang der 70er. Die Hymne der Nordlichter: „Hoch im Norden“. Und natürlich „Alles klar auf der Andrea Doria“oder„Cello“.

Mit Stücken wie diesen, war dank Ihnen etwas längst überfälliges in der Welt: Rock’n’Roll mit deutschen Texten, die Spaß machten, ohne oberflächlich zu sein.

Seit 1973 sind Sie auf Reisen mit dem Panikorchester – und sind damals schnell auf den Bühnen großer Stadien gelandet!

Großes Kino war das: von der „Dröhnland-Symphonie“-Tour bis natürlich zum “Sonderzug nach Pankow“ – und dem legendären Auftritt 1983 im Ostberliner Palast der Republik – als erster und einziger westdeutscher Rockmusiker, der je in der DDR aufgetreten ist. Nur 20 Minuten zwar – aber dafür umso einprägsamer.

Dafür jedenfalls nochmal – quasi nachträglich: Respekt!

Und Respekt auch davor, dass sie politisch immer klare Kante gezeigt haben. Gegen Rechts, gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, Homophobie, Krieg oder Menschenrechtsverletzungen. 

Vom ersten „Rock gegen Rechts“-Festival 1979 in Frankfurt am Main – bis zu Konzerten wie „Künstler für den Frieden“, 1982 im Bochumer Ruhrstadion – u.a. mit Miriam Makeba, Harry Belafonte oder Esther Bejarano vor 200.000 Zuschauer:innen.

Stellung bezogen haben Sie auch immer wieder mit öffentlichen Statements und offenen Briefen. Wie mit dem, den Sie 2012 geschrieben haben, als ein massiver rechter Aufmarsch in Hamburg angekündigt wurde: „Schluss mit dem ganzen Nazischeiß!“ war der übertitelt.

Und bis heute bekommen Ihre Fans Songs zu hören wie: „Wozu sind Kriege da” und „Wir ziehen in den Frieden” – leider so schmerzlich passend.

All diese Sätze und Zeilen bei Ihnen aber nicht bloß gedroschene Parolen, sondern echte Appelle: an Menschlichkeit, Respekt und Verantwortung. Ganz praktisch wird das dann in Ihrem Engagement in Projekten wie „exit“ – für Aussteiger:innen aus der rechten Szene und Ihre Unterstützung von Initiativen gegen Rassismus und Diskriminierung.

Oder in Ihren kulturpolitischen Aktivitäten – wie z.B. Nachwuchsförderung mit dem „Panik-Preis“ und der Udo Lindenberg-Stiftung für junge Musiker:innen und Texter:innen.

Und natürlich: Auch die Rettung der Clubkultur liegt Ihnen am Herzen! Und die braucht – bei den akuten Sorgen und der unsicheren Perspektive – dringend so laute Stimmen wie Ihre.

Aber wem sage ich das? Sie sind bekannt dafür, dass Sie „ihr Ding“ machen. Gregor Gysi hat es mal ganz treffend gesagt: „Sie haben es als politischer Künstler geschafft, sich nie von der Politik vereinnahmen zu lassen.“ Dem schließe ich mich an. Respekt!

Respekt aber auch davor, dass Sie sich nicht haben unterkriegen lassen und immer weiter gegangen sind – bei allen schwindeligen Höhen und fiesen Tiefen, die das Showbusiness so zu bieten hat. Sie sind stabil geblieben – inklusive Comeback – bis heute.

Zwei ausverkaufte Abende in der Hamburger Barclays Arena diesen Sommer vor 12.000 verzückten Fans sprechen Ihre eigene Sprache. Sie erreichen und bewegen viele – über Generationen hinweg. Und das ist ein echtes Verdienst!

Und auf Ihrem ganzen Weg – ihrer Tour durch’s Leben – haben Sie neben den Herzen Ihrer Fans dazu noch diverse Preise gewonnen und Ehrungen eingesammelt: Vom Bundesverdienstkreuz und den Bundesverdienstorden über den Bambi und die goldene Stimmgabel war alles mögliche dabei (um nur eine minimale Auswahl zu nennen). Und sogar zwei Briefmarkenmotive von Ihnen gibt es.

Wie singen Sie im Stück „Niemals dran gezweifelt“ so schön:  „Ich hab immer schon gewusst, dass ich die Top-Dinger drehe nie daran gezweifelt ich krieg’s hin.“ Und nun also die Ehrenbürgerwürde der Freien und Hansestadt Hamburg. Was soll da noch kommen?

Obwohl: Im Interview haben sie 2018 gesagt: „Wenn die Musik nicht reicht, muss ich in die Politik gehen, dann werde ich eben doch noch Bundespräsident.“

1990 haben Sie das auch schon angekündigt.  Wir bleiben also gespannt.

Und Sie: Bleiben Sie stabil und machen Sie ja weiter Ihr Ding!