Illegaler Spitzel-Einsatz: Neue Details im Fall „Iris Schneider“
Die Hamburger Polizei hat offiziell bestätigt, dass der Einsatz der verdeckten Ermittlerin Iris P. (Deckname „Iris Schneider“) rechtswidrig war. Geklagt hatte eine Frau aus der linken Szene, mit der P. in der fraglichen Zeit (2003 bis März 2006) eine Beziehung eingegangen war. Wie neue Erkenntnisse zeigen, hatte P. das angebliche Liebesverhältnis offenbar intensiv für ihre Ermittlungen genutzt. Das späte Eingeständnis ist bereits das zweite innerhalb kurzer Zeit: Bereits vor vier Monaten hatte die Polizei im Fall der Ausschnüffelung des Radiosenders FSK die Rechtswidrigkeit des Einsatzes einer verdeckten Beamtin in Hamburg offiziell zugeben müssen.
„Die Klägerin bewegte sich in den Jahren 2003 bis 2006 in der queer-feministischen Szene“, fasst die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft Christiane Schneider besonders kritische Punkte zusammen. „Iris P. suchte entsprechend ihrem Auftrag den Kontakt zu dieser Szene. Sie schlug der Klägerin regelmäßig vor, gemeinsam Zusammenkünfte und politische Aktionen zu besuchen und hat sich mit ihr regelmäßig über die Personen aus dieser Szene und über deren private Verhältnisse ausgetauscht. Vor allem aber hat sie die Klägerin, die damals viel fotografierte, gezielt angehalten, Personen und Aktionen zu fotografieren. Die Beamtin hat sich die privaten Fotos dann zusammen mit der Klägerin angesehen und sie auch um Abzüge und Speicherkarten gebeten, welche die Klägerin ihr arglos überließ. Iris P., die in ihren beiden Deck-Wohnungen keinen Computer hatte, arbeitete regelmäßig mit dem Computer der Klägerin und dürfte sich auf diese Weise unkontrollierten Zugang zu den Fotos und zu anderen privaten Informationen verschafft haben, die ihr sonst verschlossen geblieben wären.“
Dass dies ohne Wissen der Vorgesetzten geschehen sei, kann Schneider sich nicht vorstellen: „Es ist angesichts der fast täglichen Besprechungen und Auftragsplanungen lebensfremd, dass die VE-Führerinnen und -Führer die Fotos nicht gesehen und erhalten haben sollen. Und selbst wenn es so wäre: Iris P. hat die personenbezogenen Informationen als Repräsentantin des Staates erhoben. Diese Ausnutzung einer ‚Beziehung‘ zur Abschöpfung von Informationen über drei Jahre hinweg ist ein tiefer Eingriff in die Grundrechte, in den Kernbereich des Privat- und Intimlebens der Betroffenen.“
Alles, was über das Verhalten von Iris P. Bekannt geworden ist, lasse nur einen Schluss zu: „Der Einsatz der Polizeibeamtin war nicht nur politisch problematisch, sondern von A bis Z rechtswidrig.“ Und das wohl bis heute: Denn obwohl der verdeckte Einsatz von Iris P. und auch ihre Identität seit 2014 öffentlich bekannt ist, hat die Polizei die betroffene Klägerin nie über die sie betreffende Maßnahme informiert, obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet war. „Ich fordere, dass alle von Iris P. rechtswidrig erhobenen und noch existierenden Informationen unverzüglich gelöscht werden“, sagt Schneider. „Die bisher von der Behörde gezogenen Konsequenzen reichen nicht, auch nicht der richterliche Vorbehalt: Die verdeckten Ermittlungen der Polizei in linken Strukturen müssen beendet werden.“