Plenarprotokoll 20/39: Stillstand und Verhandlungschaos: Hat die SPD das Projekt Elbphilharmonie im Griff?
Norbert Hackbusch DIE LINKE: Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Ob ich nachts nicht schlafen kann? Ich weiß nicht, ob ich das beantworte.
(Finn-Ole Ritter FDP: Das wollen wir auch gar nicht wissen!)
Wo stehen wir eigentlich? In den letzten Monaten, zuerst im Februar und dann noch einmal im Juli, hatten wir mehrfach die euphorische Meldung im „Hamburger Abendblatt“ und der sonstigen Regionalpresse, dass das Problem um die Elbphilharmonie gelöst sei. Frau Dobusch, bei all Ihrer Begeisterung für die SPD-Politik wäre es doch angemessen, an dieser Stelle etwas vorsichtiger oder zumindest etwas
(Zuruf von den GRÜNEN: Demütiger!)
demütiger zu sein, denn wir müssen doch alle feststellen, dass das so einfach nicht zu lösen ist. Nach dem Motto aufzutreten, dass das die Lösung wäre und der Weg klar und einfach sei, ist der erste Grund dafür, dass die Politik im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie immer scheitern wird.
(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Robert Heinemann CDU)
Sie selber haben versprochen – Sie persönlich nicht, nur die Senatorin, die ich in diesem Punkt auch kritisiere –, dass mit dieser Eckpunktevereinbarung wichtige Sachen gelöst seien. Zu diesem Zeitpunkt lag uns die Vereinbarung noch nicht vor. Wir haben sie etwas später bekommen und mussten feststellen, dass sie nichts anderes ist als eine Erklärung, irgendetwas in dieser Richtung vereinbaren zu wollen. Das reicht nicht aus, um in der Lage zu sein, die Probleme wirklich zu lösen,
(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Robert Heinemann CDU)
das sollten wir doch gemeinsam feststellen. Ich will einige der Eckpunkte nennen, die nach unserer Meinung entscheidend sind. Zunächst einmal müssen wir wirkliche Transparenz herstellen.
(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)
Ich bin mir sicher, dass diese Art und Weise, im Kämmerchen zu verhandeln – begründet mit uralten Erklärungen von HOCHTIEF und damit, dass irgendetwas geheim sei –,
(Dirk Kienscherf SPD: Wir machen das per Livestream!)
nicht der richtige Schritt ist, um die Hamburger Bevölkerung beim Thema Elbphilharmonie wieder mit den politischen Kräften zusammenzubekommen. Transparenz ist das nicht; das müssen Sie verändern.
(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)
Auch das geheime Schiedsgericht scheint mir ein falsches Instrument zu sein. Es wird nicht in der Lage sein, die bestehenden offenen Forderungen zu lösen. Wir sind der Meinung, dass wir auch dort zu einem transparenten Verfahren kommen müssen, indem die verschiedenen gegenseitig vorhandenen Ansprüche öffentlich debattiert werden. Das ist die Transparenz, die Voraussetzung dafür ist, die Menschen in dieser Stadt mitzunehmen. Der letzte Punkt hängt mit den Kosten zusammen.
Was Sie hier vorgetragen haben, Frau Dobusch, ist eine falsche Darstellung gegenüber der Hamburger Bevölkerung. Der Stillstand bei der Elbphilharmonie kostet jeden Monat Geld. Diese Kosten laufen auf. Ein Nachtrag 5, das haben wir im PUA erfahren, ist vom Namen her schon vorhanden. Sie sagen als einziges dazu nur – und das ist ein Teil der Eckpunktevereinbarung, der mir überhaupt nicht gefällt –, dass darüber nicht jetzt und in der Bürgerschaft entschieden werde, sondern erst ein Jahr, nachdem das Verfahren beendet ist. Meine Damen und Herren, das geht nicht.
(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)
Dieses Parlament ist der Souverän, der zu entscheiden hat, wie viel Geld wir für die Elbphilharmonie insgesamt ausgeben wollen. Sie können nur dann in Auftrag geben, etwas weiterzubauen,
wenn dieses Parlament das bestimmt hat.
(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)
Das war die Grundlage für das sicherlich unbequeme Papier im Zusammenhang mit dem Nachtrag 4, aber das ist die Grundlage für solide Politik. Sie wollen einen Blankoscheck darauf haben, dort alles Mögliche zu allen möglichen Kosten bauen zu können. Das wird dieses Parlament nicht zulassen.
(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)
Das ist der Punkt, wo wir Ihnen kräftig widersprechen müssen. Sie wollen etwas an Intransparenz einführen, was Schwarz-Grün nicht gewagt hat, und das geht nicht.
(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)
Zweiter Beitrag:
Norbert Hackbusch DIE LINKE: Das war ein schöner Abschluss. Herr Präsident! Ich möchte positiv anfangen.
(Jan Quast SPD: Enden Sie doch mal positiv!)
Das, worüber wir uns einigen können und was ich als positives Moment der Diskussion herausstellen will, ist, dass der Zeitdruck doch völlig aus diesem Projekt herausgenommen werden sollte, denn Zeitdruck war der entscheidende Faktor dafür, dass in der letzten Legislaturperiode so einiges schief gegangen ist. Ich möchte gern als positives Moment mitnehmen, dass wir gemeinsam feststellen, dass dieser Zeitdruck nicht vorhanden ist. Und wenn es noch etliche Jahre dauert, dann dauert es eben noch etliche Jahre.
Das Zweite, was ich natürlich sagen muss, bezieht sich auf den Vorwurf der Frau Senatorin zur verpassten Möglichkeit einer Diskussion im Kulturausschuss. Frau Senatorin, Sie werden es wahrscheinlich mitbekommen haben, wir hätten nach der Haushaltsberatung im Kulturausschuss um 23.30 Uhr den Tagesordnungspunkt Elbphilharmonie behandeln müssen.
(Dirk Kienscherf SPD: Der Gesundheitsausschuss tagt bis halb zwei!)
Um 23.30 Uhr wäre keine ernsthafte Auseinandersetzung darüber mehr möglich gewesen. Dementsprechend finde ich es richtig, dass wir uns auch hier Zeit genommen haben, um das Thema in Ruhe besprechen zu können.
(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)
Beim Faktor Zeit fällt mir ein, dass Sie sehr euphorisch dargestellt haben – und ich bin erstaunt, dass ich dazu in Ihrer Eckpunktevereinbarung gar nichts gefunden habe –, dass ab nächstem Montag, dem 17. September, das Dach abgesenkt werden soll.
(Dirk Kienscherf SPD: Sehr gut!)
Das ist einer der entscheidenden Punkte, und ich bin entsprechend erstaunt, dass ich nichts dazu höre,
(Dr. Andreas Dressel SPD: Doch, Frau Dobusch hat es angesprochen!)
wie das praktisch geschehen wird und was insgesamt damit ist. Das Dach ist doch einer der Knackpunkte, warum so lange Zeit auf der Baustelle gar nichts geschehen ist. Das muss beantwortet werden und das fehlte mir an Information.
Als zweiten Kritikpunkt möchte ich anmerken, Frau Senatorin, dass beim Eckpunktepapier gerade nicht alle an einem Tisch waren; die Planer saßen nicht mit am Tisch. Das Eckpunktepapier wurde zwischen dem Senat und HOCHTIEF ausgehandelt, dementsprechend ist eine der Grundkonstruktionen mit diesem Eckpunktepapier noch nicht erledigt. Das ist doch gerade einer unserer Diskussionspunkte. Ich finde, man sollte vonseiten des Senats selbstkritisch feststellen, dass hier etwas fehlt und man dementsprechend noch etliche Schritte machen kann.
Herr Dressel, mir ist wichtig festzustellen, dass es selbstverständlich möglich ist, Schiedsgerichtsurteile zu einzelnen Teilen zu machen. Es ist eine nicht vorstellbare Situation, dass sich vom Nachtrag 4 bis heute ein Riesenberg von Anforderungen an die Stadt angesammelt hat. Das erinnert mich an die Anforderungen, die es damals gab, kurz bevor der Nachtrag 4 durch dieses Haus gejagt worden ist. Die Forderungen haben eine ähnliche Höhe, und deshalb wäre es bei einem Neubeginn wichtig, auch einen finanziellen Neubeginn anzusetzen. Es ist für dieses Haus nicht erträglich, dass das praktisch nicht geschieht.
Wir brauchen bis dahin eine Lösung und müssen sagen, wie teuer das ist. Sie können nicht Haushaltsberatungen, wie gegenwärtig, durchführen, wo jeder Euro umgedreht wird und um jeden Euro gekämpft werden muss, und dann die Entscheidung über Hunderte von Millionen Euro einmal so eben in die nächste Legislaturperiode schicken. Das geht nicht, selbst wenn es nur Forderungen sind.
(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)
Deswegen stehen Sie hier in der Verantwortung. Wir brauchen bei einem Neubeginn auch einen finanziellen Zwischenstrich. Ohne den wird dieses Parlament Ihnen das nicht durchgehen lassen. Das verlangt die Verfassung, das verlangt die Landeshaushaltsordnung, und Sie werden uns da nicht beschummeln können.
(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)