Plenarprotokoll 20/52: Zukunft der historischen GEG-Gebäude auf der Peute
Norbert Hackbusch DIE LINKE: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Links-Fraktion beantragt in diesem Haus, die historischen Gebäude der GEG auf der Peute zu retten,
(Dirk Kienscherf SPD: Ja, Sie machen ja immer alles!)
und zwar alle zu retten, und damit gleichzeitig den in dieser Stadt dringend benötigten Kulturspeicher für die Museen zu realisieren. Worum geht es? Ich
will es Ihnen kurz erzählen, weil nicht allen bekannt ist, um was es dabei eigentlich geht. Auf der Peute
(Hansjörg Schmidt SPD: Gleich neben Neuwerk!)
– das ist so eine kleine Halbinsel bei der Veddel, damit das auch klar ist – steht eines der historisch bedeutendsten Ensembles der Hamburger Industriearchitektur, die Gebäude der „GroßeinkaufsGesellschaft Deutscher Consumvereine“, die Produktionsanlagen für die Konsumgenossenschaften
in Hamburg, die nicht nur in Hamburg gewirkt haben, sondern weit darüber hinaus. Es ist ein Herzstück der Hamburger Arbeiterbewegung, weil es insgesamt in den Zwanzigerjahren eines der entscheidenden Momente war, dass die Arbeiterbewegung sich selbst organisiert hat, dass sie selbst praktisch produziert hat und in ihren eigenen Bereichen diese Sachen auch vertrieben hat, eine der entscheidenden Möglichkeiten von Genossenschaften, die in der heutigen Zeit wieder eine neue Aktualität bekommen und ein neues Interesse in dieser Stadt hervorbringen.
Das ist dasjenige, was wir dort als Ensemble insgesamt gesehen haben. Es hat die ganze Zeit überlebt, bis sich in den letzten Monaten die Gefahren zusammengebraut haben. Deswegen ist es uns so wichtig, darüber als ein konkretes Beispiel für Denkmalschutz zu diskutieren. Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass nach den Diskussionen über ipsa lege, die wir in den letzten Wochen geführt haben und die sehr im Abstrakten geblieben sind nach dem Motto „Was könnte passieren, wenn irgendjemand auf eine Idee kommt?“, es entscheidend und wichtig ist, anhand von konkreten Beispielen diskutieren zu können, was Denkmalschutz praktisch in dieser Stadt bedeutet.
(Beifall bei der LINKEN)
Als jemanden, der miterlebt hat, wie das Gängeviertel weiter existieren kann, erstaunt es mich auch, dass wieder in einer Art und Weise hinter geschlossenen Türen und ohne öffentliche Debatte entschieden worden ist, dass dieses Ensemble, das von vielen Wichtigen verteidigt worden ist, abgerissen werden soll. Die Erfahrungen aus dem Gängeviertel hätten uns zumindest eine öffentliche Debatte darüber bringen müssen.
(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE – Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)
Diese Entwicklung wurde vom Denkmalrat kritisiert, die Hamburger Architektenkammer forderte den vollständigen Erhalt des GEG-Ensembles, und Anfang dieses Jahres haben Museumsvertreter und Architekten die HPA noch einmal aufgefordert, dieses Ensemble im Ganzen zu erhalten. Die HPA hat laut Medienberichten den Senat aufgefordert, eine endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit zu treffen. Diese Aufforderung ist genau der richtige Anlass, das jetzt an dieser Stelle zu diskutieren und zu besprechen und eine normale, ordentliche Berichterstattung darüber in den Ausschüssen hinzubekommen.
(Dirk Kienscherf SPD: Wir bereiten das erst einmal vor!)
Dieser Bereich auf der Peute bietet nicht nur die Möglichkeit, ein wichtiges Denkmal der Arbeiterbewegung, sondern auch der Architektur in Hamburg zu erhalten. Sie alle, die den Hamburger Hafen einigermaßen kennen, wissen, wie wenige solcher Gebäude noch vorhanden sind. Die HPA hat sich immer als sehr gründlich erwiesen. Ich habe zusammen mit der Präsidentin Frau Veit, die leider nicht da ist, vor mehreren Jahren hier zum Beispiel einen kräftigen Kampf mit der HPA bestritten wegen der Brücke, die in Billwerder lag. Frau Veit war damals meine große Unterstützerin dabei, dieses unbedingt zu erhalten. Diese Gebäude auf der Peute sind eigentlich ein noch größeres und wichtigeres Beispiel dafür, nur damals war die SPD in der Opposition und heute ist sie in der Regierung und hat häufig vergessen, was sie damals erzählt hat.
Das Wichtige ist, dass dieses Ensemble eben auch die Möglichkeit bietet, an dieser Stelle eines der wichtigen Versprechen der SPD im Zusammenhang mit dem Kulturspeicher realisieren zu können. Die Studien, die uns in den Kleinen Anfragen dazugelegt worden sind, zeigen auch, dass das durchaus eine Möglichkeit ist. Wir wissen, dass die Museumsvertreter in der Zwischenzeit die Hoffnung hatten, ein noch besseres und günstigeres Angebot in Bramfeld zu bekommen, das sich aber zerschlagen hat. Dementsprechend ist die Situation im Augenblick so, dass der zentrale Kulturspeicher, wenn er nicht an der Stelle errichtet wird, praktisch in dieser Zeit nicht mehr kommt. Alle, die sich noch an die große Auseinandersetzung in der letzten Legislaturperiode über die Frage der Museen in dieser Stadt erinnern können, wissen, dass es darüber unendliche Kontroversen gab. Aber in einem Punkt waren sich alle einig, nämlich dass ein zentraler Kulturspeicher unerlässlich ist. Dieser kleinste Nenner, auf den man sich überhaupt nur zurückziehen konnte, wurde damals von allen unterstützt, und das ist immer noch die wichtigste Voraussetzung.
Meine Damen und Herren! Das ist dementsprechend eine gute Möglichkeit, dieses Thema ausführlich und fachlich fundiert im Kulturausschuss diskutieren zu können und öffentlich entscheiden zu können, was eigentlich das Vernünftige bei der Entwicklung für den Kulturspeicher dieser Stadt ist.
Wir sind jetzt überrascht worden von einem Antrag der SPD, der mit einem erstaunlichen Buchstabensalat, wie ich finde, agiert.
(Dirk Kienscherf SPD: Das ist etwas Inhaltliches!)
Das Erstaunliche dabei ist, dass ein Inhalt dadurch gar nicht klar wird.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Doch!)
Man schreibt unheimlich viele einzelne Sätze zusammen, um eigentlich nur eines zu erreichen: Man will über diese Fragestellung im Ausschuss nicht fundiert diskutieren, sondern es wird irgendetwas versprochen und über irgendetwas geredet. Ich will Ihnen das an einigen Sätzen deutlich machen, damit es klar ist, wenn Herr Schmidt nachher eine Rede hält, die langweilig noch einmal aufzählt, was dort alles richtig ist.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Der redet nie langweilig! Das ist unglaublich!)
Er kann es stattdessen gleich mit aufnehmen, damit die Debatte auch interessant wird. So heißt es beispielsweise, sollte es eine wirtschaftlich tragbare, hafenkonforme und denkmalgerechte Nutzung für Gebäude 19 geben – hier sind schon mehrere Sachen nebeneinander, bei denen man weiß, irgendetwas von diesen Dingen wird im Zweifelsfall nie erreicht werden –, wäre das sicherlich im Sinne des Denkmalschutzes. Logisch, denn wenn es im Sinne des Denkmalschutzes ist, ist es auch im Sinne des Denkmalschutzes. Welch eine Logik und welch ein toller Satz.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Freie und Hansestadt Hamburg könnte auch in diesem Fall ihrer Vorbildfunktion im Hafen nachkommen. Welch eine Tautologie. Wie wenig Sinn ist in dieser Aussage vorhanden. Der zweite Punkt ist das lockere Versprechen, dass ein potenzieller, möglicherweise geeigneter Investor – potenziell ist er – mittlerweile sein Interesse konkretisiert habe. Woran er eigentlich Interesse hat und was das bedeutet, wird uns nicht gesagt.
(Dirk Kienscherf SPD: Das kommt ja noch!)
Das Schlimme ist aber, dass wir das Gefühl haben, dass irgendetwas passiert, und die SPD sagt uns, irgendetwas passiert, aber wir diskutieren das lieber nicht im Ausschuss, sondern bügeln es mit schönen Worten ab.
(Dirk Kienscherf SPD: Wir haben doch einen Bericht!)
Das ist keine Politik, das ist ein An-der-Nase-Herumführen, aber das sollte uns nicht passieren. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweiter Beitrag
Norbert Hackbusch DIE LINKE: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss schon sagen, dass ich mir Demokratie anders vorgestellt habe, Herr Schmidt. Ich habe gedacht, ein Parlament ist dafür da, wichtige Fragen, die in dieser Stadt vorhanden sind, zu diskutieren und zu entscheiden,
(Hansjörg Schmidt SPD: Das tun wir doch!)
und nicht, dass das Entscheidende darin besteht, der Senat werde es schon richten.
(Hansjörg Schmidt SPD: Gemeinsam!)
Die Rede, die Frau Kisseler eben gehalten hat, hat einiges enthalten, das spannend zu diskutieren ist. Wir können überlegen, ob die 26 000 Quadratmeter ausreichen oder vielleicht eine Teillösung möglich wäre. Aber das ist keine normale Aufgabe für eine Parlamentsdebatte, es ist eine klassische Aufgabe für einen Fachausschuss.
Mir ist völlig unklar, warum diese klassische Aufgabe für einen Fachausschuss Ihnen nicht am Herzen liegt. Ich kann mir nur vorstellen, dass es Ihre eigenen Widersprüche sind, die hier in gewisser Weise wirken, dass in diesem Punkt die Veddel beispielsweise anders denkt als der Rest. Die Museen haben gegenwärtig mit einem Kulturspeicher zu kämpfen und sagen angesichts ihrer nicht vorhandenen Kapazitäten, dass sie dringend einen Kulturspeicher bräuchten und selbst mit einer Übergangslösung oder einer Teillösung dort sehr zufrieden seien. Aber das ist doch Demokratie, diese Fragen auszusprechen und zu diskutieren, statt über einzelne Quadratmeter hin- und herzuchinchen.
(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)
Dementsprechend ist es ein schwaches Zeichen, dass Sie es nicht schaffen, diese Sache dorthin zu überweisen, wohin sie zu überweisen ist und sie dort zu besprechen, wo sie auch fachlich vernünftig diskutiert werden kann. Das wäre der richtige Schritt. Es ist ein böses Zeichen für die SPD, dass sie es noch nicht einmal wagt, so einen Schritt zu tun.
(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)