Schule der Zukunft? „Raus aus Routine und Resignation!“

Es gibt nur wenige Themen, über die in Hamburg in den vergangenen Jahren so heftig gestritten wurde, wie um die Frage nach der richtigen Schulform. Nicht erst der öffentliche Hilferuf von Rektor_innen der Hamburger Stadtteilschulen hat deutlich gemacht, dass der sogenannte Schulfrieden nichts weiter ist als ein fauler Kompromiss. Doch wie soll die Schule der Zukunft aussehen? Die Linksfraktion hat im Rahmen einer Zukunftswerkstatt dazu eingeladen, neue Ideen zu entwickeln und konkrete Ziele zu entwickeln.

 

Seien wir ehrlich: Noch immer geht es im städtischen Schulwesen durch die Trennung von Gymnasium und Stadtteilschule vor allem um eines – um eine strikte soziale Auslese, die nach wie vor Sondergruppen produziert.“Inklusion“ wird dabei zur leeren Worthülse. Echte individuelle Förderung? Fehlanzeige.
Wir finden: Der „Schulfrieden“ gleicht einer Friedhofsruhe. Es ist an der Zeit, endlich weiter zu denken, neue Ideen zu entwickeln und festgetretene Pfade zu verlassen. Und sich nicht in emotionalen Debatten zu verlieren, sondern ganz konkrete Kritikpunkte und Änderungswünsche zur Papier zu bringen. Zu eben diesem Zweck hat die Fraktion DIE LINKE am 2. Juli Pädagog_innen, Eltern und Interessierte zu einer Zukunftswerkstatt eingeladen: In der Europaschule, einer Stadtteilschule in der Neustadt, haben wir uns einen Tag lang Zeit genommen, um einmal ganz in Ruhe zu brainstormen,  „herumzuspinnen“, und Schule neu zu denken – ohne schnöde Frontal-Vorträge der „üblichen Verdächtigen“ in der Hamburger Schuldebatte.

 

Kritik – Phantasie – Realisierung

35 Gäste waren unserer Einladung gefolgt. Gegliedert wurde die Veranstaltung vorab in drei Phasen: In der Kritikphase haben die Teilnehmer_innen ihrem Ärger Luft gemacht: Was macht wütend, was stört an der aktuellen Hamburger Schulpolitik? Gebastelt, gebaut und gemalt wurde anschließend in der Phantasiephase. Und in der Realisierungsphase wurde es schließlich ganz konkret: Welche Ziele können wir aus all den vorgebrachten Ideen formulieren? Welche Schritte sind nötig, um diese zu erreichen – und wo finden wir mögliche Verbündete?
Eines wurde schnell klar: Die undemokratischen Strukturen an vielen Schulen und die soziale Auslese durch das Zwei-Säulen-Modell sorgen für heftige Kritik – ebenso wie die Tatsache, dass eben nicht das einzelne Kind und seine jeweilige bestmögliche Förderung und Unterstützung im Fokus der Bildungspolitik liegt. Zudem teilten viele TeilnehmerInnen dein Eindruck, Strukturdebatten seien ohnehin ‚verboten‘ („Schulfrieden als Maulkorb!“), während die Gymnasial-Lobby einen zu großen Einfluss ausübe.

Wie geht’s weiter? – Ideen haben wir genug!

Doch es wäre keine Zukunftswerkstatt, wenn es beim Sammeln von Kritikpunkten geblieben wäre. Am Ende konnten wir ein ganzes Paket an Wünschen und konkreten Zielvorstellungen schnüren:

 

Ziele, die im Rahmen der Zukunftswerkstatt formuliert wurden: 
  • ein Kinder- und Jugendbeteiligungsgesetz
  • konkrete Konzepte gegen Rassismus an Schulen
  • mehr Pädagog_innen mit Migrationshintergrund
  • der Ausbau demokratischer Strukturen
  • die Öffnung der Schulen in den Stadtteil
  • eine regionale Schulentwicklung vor Ort mit dem Ziel, dass Stadtteilschulen und Gymnasien, die in unmittelbarer Nähe zueinander liegen, miteinander kooperieren
  • Inklusion an allen weiterführenden Schulen.
Die Zukunftswerkstatt war ein voller Erfolg – das beweist nicht zuletzt das durchweg positive Feedback der Teilnehmer_innen. Und schließlich haben wir an diesem Tag ganz konkret erleben können, wie produktiv und motivierend es sein kann, einfach mal „loszulassen“: Raus aus Routine und Resignation, hin zu neuen Ideen – selbst wenn diese auf den ersten Blick vermeintlich abwegig erscheinen.

 

Übrigens: DIE LINKE hat einen Antrag zur Stärkung der Stadtteilschulen in die Hamburgische Bürgerschaft eingebracht. In Zukunft sollen Gymnasien dabei unterstützt werden, Vera Sabine Boeddinghaus ntwortung für alle ihre Schüler_innen zu übernehmen. Das heißt: Einmal am Gymnasium angekommen, sollen Schüler_innen mindestens ihre Pflichtschulzeit bis zum Ende der zehnten Klasse beenden können. „Dies bietet zugleich die enorme Chance, eine neue Verständigung über Ziele von Bildung in Gang zu setzen, die auf Inklusion, Entfaltung aller Fähigkeiten und selbstbestimmtem Lernen ausgerichtet ist, statt auf Auslese und Stigmatisierung“, sagt unsere schulpolitische Sprecherin Sabine Boeddinghaus dazu. Der ganze Antrag in voller Länge kann hier eingesehen werden.