Norbert Hackbusch
Norbert Hackbusch

Die nachträgliche Ausladung von Farid Esack ist ein Fehler

Am Mittwoch wurde in der Bürgerschaft intensiv über die Boykottbewegung BDS diskutiert – die CDU wirft ihr Antisemitismus vor. Wie sieht die Haltung der LINKEN zu diesem Thema aus? Unser Abgeordnete Norbert Hackbusch hat diese in seiner Rede vor der Hamburgischen Bürgerschaft offen dargelegt.

 

Meine Fraktion hat sich immer und eindeutig gegen Antisemitismus in jeder Form ausgesprochen. Der Antisemitismus war die zentrale Wurzel des deutschen Faschismus. Die üblen Kampagnen der NSDAP, aber auch breiterer Kreise von Antisemiten, wie „Kauft nicht bei Juden“ haben die Kristallnacht 1938 und die Vernichtung der Juden im Deutschen Reich, die Shoa, eingeleitet. Dabei ist uns besonders wichtig, auch auf die tiefe Verankerung des Antisemitismus und des Faschismus in allen Institutionen und in weiten Kreisen der Bevölkerung in der Geschichte Deutschlands hinzuweisen. Meine Fraktion freut sich darüber, dass wir in Hamburg eine lebendige Erinnerungskultur aufgebaut haben, die hoffentlich einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann und wird, dass sich ähnliches nie wieder wiederholt.

Im Angesicht dieser Erfahrungen möchte ich aber deutlich herausstellen, dass ich die Boykott-Bewegung BDS nicht als antisemitisch bezeichnen kann. Sie ist vielmehr eine Kampagne gegen eine Politik der israelischen Regierung, die die Rechte der palästinensischen Bevölkerung vor allem in den besetzten Gebieten unterdrückt. Das wurde in diversen Resolutionen der UNO in den letzten Jahrzehnten klar und unmissverständlich ausgedrückt.

Doch sie greift nicht Juden oder andere Menschen wegen ihres Blutes an, wegen ihrer Abstammung oder ihrer Religion. Das ist der markante Unterschied zu Rassismus (wie wir ihn hier in der Bürgerschaft in der Form der Islamophobie mittlerweile vernehmen) oder zu Antisemitismus. Dementsprechend gibt es auch viele Juden in der Welt, die die Kampagne der Boykott-Bewegung unterstützen.

Damit will ich nicht ausdrücken, dass die Boykott-Bewegung die richtige politische Antwort auf die Unterdrückung in Israel ist. Vielmehr halte ich gerade in Deutschland einen intensiven und kräftigen Austausch mit Israel für wichtig – gerade angesichts der antisemitischen Geschichte in unserem Land.

Aber das gilt nicht für Professor Farid Esack aus Südafrika, ein herausragender Wissenschaftler, der seine Wurzeln im Befreiungskampf im Kampf gegen das Apartheit-Regime in Südafrika hat und von Nelson Mandela als Verantwortlicher für Gleichstellung in die Regierung von Südafrika aufgenommen wurde. Er ist – auch aufgrund seiner Erfahrungen in Südafrika – ein unabhängiger und streitbarer wissenschaftlicher Kämpfer gegen Kolonialismus, Rassismus und religiöse Beschränktheit. Die Erfahrung aus Südafrika besteht gerade in der Kampagne „Boykottiert das Apartheitsregime“ in Südafrika, die einen bedeutenden Sieg über den Rassismus bewirkt hat.

Daher können wir eine Positionierung akzeptieren, die davon ausgeht, dass ein Wissenschaftler mit den Positionen von Farid Esack „auszuhalten“ sei.

Die neuerliche Positionierung von Senatorin Fegebank und auch des Beirates  der Akademie der Weltreligionen, dass eine solche Berufung nicht wieder geschehen wird, ist falsch und provinziell. Demnach dürften als nächstes auch Judith Butler, Naomi Klein, Saskia Sassen, Stephen Hawkins (für die Physiker unter Ihnen) nicht mehr eingeladen werden, da sie den Aufruf für BDS unterschrieben haben.