Plenarprotokoll 20/83: Schneller ans Ziel – durch lebendige und zielführende Bürgerbeteiligung

Heike Sudmann DIE LINKE: Die Überschrift des CDU-Antrags lautet: „Schneller ans Ziel – durch lebendige und zielführende Bürgerbeteiligung“. Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen heute Abend nicht schneller ans Ziel, wenn Sie die Bürgerbeteiligung hier so fortführen, alle herumsabbeln und man laufend unterbrochen wird. Es scheint nicht zu helfen. Diese SPD-Genossen dort haben einen großen Klärungsbedarf. Danke, Sie hören zu, wunderbar.

(Wolfgang Rose SPD: Du hast dich vorhin auch unterhalten!)

Dann kann ich jetzt zum Antrag der CDU kommen. Die Rede von Herrn Hesse war richtig kämpferisch und gut. Er hat auch gelernt, auf eine Demonstration zu gehen, er macht also Erfahrungen. Aber der Inhalt Ihrer Rede und Ihres Antrags passen überhaupt nicht zusammen. Was Sie nämlich sagen und beantragen, bedeutet Information und einen stetigen Austausch, Sie wollen abstimmen lassen.
Aber dann sagen Sie in der Bezirksfraktion und der Bürgerschaftsfraktion, das machen wir aber alles anders. Was Sie wunderbar beschreiben, HerrHesse, ist die sogenannte Mitmachfalle. Ich suggeriere den Bürgerinnen und Bürgern, sie könnten mitbestimmen…

(Glocke)
Vizepräsidentin Antje Möller (unterbrechend):
Meine Damen und Herren! Es ist eindeutig zu laut im Plenarsaal. – Frau Sudmann, fahren Sie fort,bitte.

Heike Sudmann DIE LINKE (fortfahrend): – Vielen Dank.
Sie suggerieren, man könne mitbestimmen, aber letztendlich passiert nichts. Dagegen sind wir LINKEN strikt, denn wenn eine Beteiligung, dann auch eine echte.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit Herr Kienscherf auch noch ein bisschen mitbekommt: Er hat versucht, die Demonstration ins Lächerliche zu ziehen, bei der Herr Hesse, Herr Schinnenburg und auch Frau Kilgast waren. Es
waren ungefähr 100 Leute, aber das ist gar nicht so relevant, denn Sie dürfen das nicht auf die ganze Stadt beziehen. Sie wissen vielleicht, Herr Kienscherf, dass in der Sitzung des Verkehrsausschusses in Hamburg-Mitte,

(Dirk Kienscherf SPD: Dann machen wir einen Kompromiss!)

der das zweite Mal tagen musste, weil er das erste Mal unter Ausschluss der Öffentlichkeit so ganz en passant über die Busbeschleunigung diskutiert hat, beim zweiten Mal über 200 empörte Bürgerinnen und Bürger waren. Das sollte Ihnen zu denken geben. Es gab dann auf Druck der Bürger und Bürgerinnen eine öffentliche Diskussionsveranstaltung, anders als in Eidelstedt, meine liebe Kollegin Koeppen. Es hat in St. Georg vorher nichts gegeben. Man hat versucht, klammheimlich eine Planung durchzuziehen, die, ehrlich gesagt…

(Glocke)
Vizepräsidentin Antje Möller (unterbrechend): Entschuldigen Sie, Frau Sudmann, ich versuche einfach noch einmal, für ein wenig mehr Ruhe zu sorgen. Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen
der CDU und der FDP, aber auch aller anderen Fraktionen bitten, entweder der Rednerin zuzuhören oder,
(Olaf Ohlsen CDU: Insbesondere die FDP! – Wolfhard Ploog CDU: Alle hier im Saal!)
Herr Ploog, den Plenarsaal zu verlassen. – Frau Sudmann Sie haben das Wort.

Heike Sudmann DIE LINKE (fortfahrend): – Die tief röhrenden Kollegen und die etwas anders röhrenden Kollegen und Kolleginnen, hören Sie doch einfach noch einmal zu, vielleicht komme ich dann auch schneller zum Ende.
Die Planung in der Langen Reihe, Herr Ohlsen, die nicht in Ihrem Wahlkreis liegt,

(Olaf Ohlsen CDU: Was wissen Sie denn von meinem Wahlkreis!)

war wirklich grottenschlecht. Es ist ein Beispiel dafür, wie Beteiligung nicht funktionieren kann. Sie haben leider, Herr Horch, als Vertreter der Verkehrsbehörde, auch in der Gerichtstraße eine grottenschlechte Beteiligung gemacht. Und in beiden Fällen, auch am Mühlenkamp und in der Bornheide, also in insgesamt vier Fällen, hätten Ihnen, wenn Sie vorher mit den Bürgern und Bürgerinnen gesprochen und Sie darüber informiert hätten, was Sie vorhaben, die Expertinnen und Experten vor Ort gesagt, dass das nicht geht. Es geht nicht, in der Langen Reihe, in der sich mehrere Schulen befinden, einfach die Ampeln abzuschaffen. Es geht nicht, für 250 000 Euro einen Kreisel zu bauen, wo sich alle fragen, was da eigentlich im Kopf herum kreist; für die Straße macht das überhaupt keinen Sinn.
Ich finde es fast schon perfide, dass der Senat aufgrund dieser wirklich schlechten Erfahrungen mit der Busbeschleunigung, bei der Sie mit einer grottenschlechten Planung die Menschen gegen sich aufbringen, jetzt sagt, wenn das schon nicht ginge, dann könne die Stadtbahn erst recht nicht funktionieren. Das ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, und das ist wirklich schlecht.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Herr Münster, wenn Sie so weitermachen auch bei vielen anderen Projekten in dieser Stadt, dann werden Sie immer sehr viel Protest bekommen. Wenn Sie Beteiligung ernst nehmen – und Sie machen sogar Planungswerkstätten und alles Mögliche…

(Arno Münster SPD: Wir wollen Verkehrspolitik machen!)

– Sie wollen Verkehrspolitik machen, ohne die Bürger und Bürgerinnen zu fragen.

(Arno Münster SPD: Das hat keiner gesagt!)

– Herr Münster, Sie, Ihre SPD und die BSU veranstalten Planungswerkstätten, Sie suggerieren den Leuten, dass sie mitreden könnten. Wenn sie dann mitreden, dann passiert nichts. Das geht überhaupt nicht, und das ist auch keine Beteiligung. Ich nenne Ihnen ein Argument, wie Sie die Stadtbahn wunderbar durchsetzen könnten. Wir haben heute in der Pressekonferenz gehört – was wir auch vorher wussten –, dass ein U-Bahn-Kilometer fünfmal teurer ist als ein Stadtbahn-Kilometer. Nun können Sie sagen, das Geld käme doch vom Bund – Klammer auf: Kommt es wirklich vom Bund? – und sei für uns nicht so wichtig. Aber Sie haben nicht nur die Schuldenbremse einzuhalten, Sie haben auch eine Verantwortung für die Finanzen.
Wenn Sie nur einen kleinen Teil des Unterschieds bei diesen Summen nehmen und davon eine Kampagne für die Stadtbahn starten und eine vernünftige Beteiligung machen, dann bekommen Sie auch eine Stadtbahn durch. Aber Sie versenken lieber das Geld, Sie bringen lieber die U-Bahn-Nutzerinnen und –nutzer unter die Erde und lassen oben auf der Straße enorm viel Platz für Individual- und Wirtschaftsverkehr. Das ist keine Verkehrspolitik und auch keine Beteiligung, das ist einfach nur schlecht.

(Beifall bei der LINKEN und bei Heidrun Schmitt und Dr. Till Steffen, beide GRÜNE)