DIE LINKE in der Bürgerschaft:
Kita-Gutscheine, Minijobs und Denkmalschutz
Am 27. Juni tagt wieder die Hamburgische Bürgerschaft. In der Sitzung fordern wir, dass die Beantragung von Kita-Gutscheinen vereinfacht wird, Hamburg sich auf Bundesratsebene für mehr reguläre Beschäftigungen einsetzt und der Senat den Zerfall den Schiller-Oper stoppt.
Wir fordern einen einfacheren Weg zu Kita-Gutscheinen für fast 73.000 Hamburger_innen Eltern. Vorbild ist hierbei das Berliner-Modell, welches eine einfache und schnelle Prozedur ermöglicht. Denn bislang müssen Eltern jedes Jahr aufs Neue eine Weiterbewilligung der Unterstützung beantragen – verpassen sie Fristen, entstehen ihnen hohe Kosten und den Kitas oft Zahlungsausfälle.
Seit 2003 gilt in Hamburg das Kita-Gutschein-System. Eltern beantragen beim zuständigen Bezirksamt einen Kita-Gutschein. Mit diesem Gutschein suchen sie eine Kindertageseinrichtung ihrer Wahl. Dort können sie dann den Gutschein einlösen. Gemeinsam mit diesem Gutschein wird ein Elternbeitrag gestaffelt nach Einkommen für Leistungen festgelegt, die über die fünfstündige beitragsfreie Grundbetreuung und das Mittagessen hinausgehen. Auch das Frühstück und der Zukauf von Leistungen wie zusätzliche Stunden oder Leistungen sind kostenpflichtig. In der Regel gilt der Gutschein für ein Jahr und muss dann neu beantragt werden. Bei diesen mindestens jährlichen Weiterbewilligungen kommt es immer wieder zu verspäteten Meldungen von Eltern, weil die Eltern die Weiterbewilligung aus verschiedenen Gründen nicht rechtzeitig beantragen können oder die Weiterbewilligung vergessen. Die Eltern und ihre Kinder werden bei der Weiterbewilligung dann von der Sozialbehörde so behandelt, als ob sie gar keinen Anspruch auf Betreuung für diesen Zeitraum haben, und sie müssen die gesamte Betreuung des Kindes zahlen. Das gilt sogar für die sonst beitragsfreie fünfstündige Grundbetreuung, und das, obwohl ein grundsätzlicher Anspruch auf weitere Betreuung des Kindes besteht. Vor allem bei Selbständigen kommt es darüber hinaus häufiger zu Nachberechnungen zum Beispiel aufgrund von verspäteten Bescheiden vom Finanzamt. Diese Sachverhalte führen zu Zahlungsrückständen, wie aus der Anfrage Drs. 21/12928 der Fraktion DIE LINKE hervorgehen. In Extremfällen sind das Zahlungsrückstände von bis zu über 165.000 Euro in einer Kita-Einrichtung. In rund 80 Einrichtungen der Elbkinder kommt es so zu Zahlungsrückständen von mindestens 20.000 Euro. Dies ist kein besonderes Problem der Elbkinder. Auch bei den Einrichtungen der Träger RudolfBallin-Stiftung und dem Kita-Träger Finkenau laufen Beträge in ähnlicher Höhe auf. Schon in einer früheren Anfrage der Fraktion DIE LINKE, Drs. 20/5684, wurde deutlich, dass dies ein Problem aller Kita-Anbieter ist. Diese Zahlungsrückstände gilt es zu reduzieren, um die dadurch oft belasteten Verhältnisse zum Beispiel durch Beauftragung von Inkassofirmen zwischen den Familien und der Einrichtung zu verbessern und den bürokratischen Aufwand für die betroffenen Eltern, die Einrichtungen und die Sozialbehörde zu reduzieren. Die Behörde hat laut Antwort auf die oben genannte Schriftliche Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE dieses Problem in der Vertragskommission-Kita besprochen und ein „Erinnerungsverfahren“ vorgeschlagen. Die Kita-Träger haben das mit Verweis auf eine weitere Bürokratisierung abgelehnt. Das Argument ist durchaus nachvollziehbar. Müssen doch im Verlaufe eines Jahres mindestens 72.800 Anträge neu gestellt werden. Laut Antwort des Senates auf die Anfrage weiß der Senat nicht einmal, wie viele Kosten für dieses Verfahren in der Behörde entstehen, aber bei so vielen Anträgen dürften die Kosten erheblich sein. Die Kita-Anbieter haben nach unserem Kenntnisstand in der Vertragskommission-Kita vorgeschlagen, das Verfahren zu vereinfachen und gemäß Berliner Modell die Kita-Gutscheine für eine längere Laufzeit auszustellen.
Zum Berliner Modell der Antragstellung. Hier wird einmal ein Antrag gestellt für den Bereich der null- bis dreijährigen Krippenkinder und dann wieder beim Übergang in den Bereich der drei- bis sechsjährigen Elementarkinder. Trotz der Unterschiede der beiden Kita-Gutschein-Systeme ist das Modell der rot-rot-grünen Regierung wesentlich nutzerfreundlicher und es lohnt sich, darüber in der Vertragskommission-Kita nachzudenken.
WAS FORDERT DIE LINKE?
Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen: Der Senat wird aufgefordert,
1. in der Vertragskommission-Kita mit den Kita-Anbietern über ein vereinfachtes Antrags- und Wiederbewilligungsverfahren zu verhandeln.
2. sich vor diesem Hintergrund mit dem Berliner Modell zu befassen.
3. die bei der verspäteten Weiterbewilligung des Kita-Gutscheins entstandenen Beitragsrückstände in den Kita-Einrichtungen den betroffenen Eltern zu erlassen.
4. der Bürgerschaft bis zum 31.10.2018 Bericht zu erstatten.
Derzeit sind 105.000 Hamburger_innen ausschließlich in einem Minijob beschäftigt – eine Niedriglohnbeschäftigung ohne weitere Zukunftsaussichten. Anders als erhofft, funktionieren sie nicht als Sprungbrett in eine reguläre Beschäftigung. Trotz dieser Umstände, nimmt die Zahl der geringfügig Beschäftigten jährlich durchgehend zu. Die Fraktion DIE LINKE fordert nun die Einführung einer Sozialversicherungspflicht und einer Aufklärungskampagne, um weiteren Zuwachs zu verhindern.
Im April 2018 stellte der DGB Hamburg einen Minijobreport für Hamburg vor (http://hamburg.dgb.de/presse/++co++5345cef6-3eec-11e8-97ec-52540088cada). Die Zahlen weisen eine deutliche Steigerung der geringfügigen Beschäftigung in Hamburg auf: Fast 177.000 Menschen waren 2017 in einem Minijob beschäftigt, davon über 105.000 ausschließlich. Von den ausschließlichen Minijobbern/-innen sind fast 63.000 Frauen. Die Lockerung der Rahmenbedingungen für Minijobs (insbesondere Anhebung der Verdienstgrenze und der Wochenstunden) geht auf die Hartz-Gesetze, die sukzessive ab 2003 in Kraft getreten sind, zurück. Sie haben die Zunahme der Niedriglohnbeschäftigung, zu der in der Regel auch Minijobs gehören, weiter gefördert. Von 2003 auf 2004 lässt sich ein sprunghafter Anstieg der Minijobs von circa 119.000 auf 144.000 Minijobbende feststellen. Doch auch in den Folgejahren gab es einen fast durchgehenden Anstieg. Diese Entwicklung erweist sich für die Betroffenen in vielfacher Hinsicht als verhängnisvoll, denn Minijobs sind weder ein Sprungbrett in reguläre Beschäftigung noch schaffen sie in nennenswertem Umfang neue Arbeitsplätze, wie der DGB Hamburg unter Verweis auf die Arbeitsmarktforschung feststellt. Geringfügig Beschäftigte werden in aller Regel geringer entlohnt, trotz gesetzlicher Regeln werden oft Urlaubsansprüche, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und geregelte Arbeitszeiten nicht gewährt. Vor diesem Hintergrund lohnen sich Minijobs allenfalls für Menschen, die anderweitig abgesichert sind. Wer in einem sozialversicherungspflichtigen Hauptjob arbeitet oder aus anderen Gründen sozialversichert ist, wie Rentner/-innen, Schüler/-innen, Studierende oder Familienangehörige, kann durchaus – kurzfristige – finanzielle Vorteile haben. Allerdings zementiert der Minijob eines/r Ehepartners/in im Zusammenhang mit dem Ehegatten-Splitting das Rollenbild der/des Alleinverdieners/in, von dem immer noch allzu oft Frauen betroffen sind. Ihnen fehlt dann zum Beispiel eine eigenständige auskömmliche Altersversorgung. Die Folge ist vielfach, dass sie auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind. Eine Sozialversicherungspflicht vom ersten verdienten Euro an und eine Beendigung der pauschalen Besteuerung zugunsten einer wirklichkeitsnäheren Steuerbelastung würden die beschriebenen Fehlentwicklungen eingrenzen, ohne dass die Vorteile vollständig verloren gehen müssen, wenn man etwa – ähnlich wie bei den sogenannten Midijobs – eine Gleitzone für Einkommen zwischen einem und 850 Euro einführen würde. Nach einer Modellrechnung des DGB Hamburg soll es einen Arbeitnehmer-/ -innenanteil zur Sozialversicherung von 3 Prozent ab 200 Euro Einkommen geben, der bis zu paritätischen Beiträgen bei 850 Euro anwächst. Auch wenn eine solche Änderung nur auf Bundesebene zu erreichen ist, ist es wichtig, daneben auch auf Hamburg-Ebene zu handeln. Nötig ist eine Aufklärungskampagne über die Nachteile geringfügiger Beschäftigung. Dazu gehört auch, dass in der Arbeitsagentur und im Jobcenter die Menschen nicht in Minijobs gedrängt und damit die Vermittlungsbemühungen in reguläre Beschäftigung weitestgehend eingestellt werden. Aber auch Arbeitgeber/-innen müssen darüber informiert werden, dass Minijobs sich nicht unbedingt rechnen und dass die oft vielfältigen Qualifikationen ihrer Minijobber/-innen nicht angemessen berücksichtigt werden.
WAS FORDERT DIE LINKE?
Die Bürgerschaft möge daher beschließen:
Der Senat wird aufgefordert,
1. eine Bundesratsinitiative mit folgendem Inhalt auf den Weg zu bringen: a) Sozialversicherungspflicht für geringfügige Beschäftigung vom ersten Euro an, b) Ausdehnung der Gleitzone mit anwachsenden Arbeitnehmer-/-innenbeiträgen zur Sozialversicherung, wie es sie bei Midijobs gibt, auf den Bereich zwischen einem und 850 Euro, c) Eingliederung von Minijobs in das allgemeine Besteuerungssystem unter Berücksichtigung der Besonderheiten bei Schülern/-innen, Studierenden, Rentnern/innen und Familienangehörigen.
2. sich in der Trägerversammlung des Jobcenters t.a.h. dafür einzusetzen, dass Vermittler/-innen angesichts der Nachteile geringfügiger Beschäftigung ihre Vermittlungsbemühungen auf reguläre Beschäftigung konzentrieren und verstärkt auf Fort- und Weiterbildung der Betroffenen setzen,
3. ähnlich dem Berliner Projekt „Joboption“ (https://www.minijob-machmehrdraus.de und https://www.berlin.de/sen/arbeit/berlinarbeit-ziel-2/joboption/) eine Beratungsstelle für Minijobber/-innen und Arbeitgeber/-innen einzurichten, die über die Rechte von geringfügig Beschäftigten sowie Nachteile von Minijobs informiert, aber auch in Form von Kampagnen und anderen Aktivitäten unterstützend bei der Reduzierung prekärer Beschäftigung tätig wird,
4. der Bürgerschaft hierüber bis zum 31. Dezember 2018 zu berichten.
Die Schiller-Oper auf St. Pauli ist ein ehemaliges, denkmalgeschütztes Zirkus-Theater in Hamburg. Das fast 120 Jährige Gebäude ist mit seiner besonderen Stahlkonstruktion europaweit einmalig. Aus diesem Grund versuchen viele Hamburger_innen den Zerfall der Oper zu verhindern. Wie bereits bekannt, ist eine Sanierung dieser möglich, nur kommt die Eigentümerin ihren Verpflichtungen des Denkmalschutzgesetztes zur Erhaltung des Denkmales nicht nach.
Die Schiller-Oper auf St. Pauli ist mit ihrer denkmalgeschützten Stahlkonstruktion des ehemaligen Zirkusbaus in Deutschland und wohl auch europaweit einmalig. Seit Jahren müssen die Anwohner/-innen und viele weitere Denkmalschutz-Engagierte dem Zerfall des Gebäudes zusehen. Mit großem Engagement versuchen sie, dieses Denkmal zu retten. Wie jetzt durch die Schiller-Oper-Initiative bekannt wurde, liegt seit Anfang April 2018 die gutachterliche Stellungnahme zu dem baulichen Zustand und dem Sanierungsaufwand vor.
Die gute Nachricht: Noch ist das Denkmal zu retten. Die schlechte Nachricht: Der kritische Zustand des Denkmals verschlechtert sich weiter, unter anderem durch die teilweise großflächig ungeschützte Stahlkonstruktion und durch Undichtigkeit im Dach. Die Eigentümerin kommt den Verpflichtungen des Denkmalschutzgesetzes zur Erhaltung des Denkmals nicht nach. Deshalb muss jetzt der Senat handeln und „die gebotenen Maßnahmen selbst durchführen oder durchführen lassen.
Die Kosten der Maßnahmen tragen im Rahmen des Zumutbaren die Verfügungsberechtigten.“ (Vergleiche § 7 Absatz 6 Denkmalschutzgesetz.) Bei der „Säulenvilla“ an der Elbchaussee 186 hat der Senat bereits unter Beweis gestellt, dass eine Ersatzvornahme als Maßnahme durchführbar ist.
WAS FORDERT DIE LINKE?
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird aufgefordert,
1. die Eigentümerin mit kurzer Frist aufzufordern, die gebotenen Maßnahmen zur Erhaltung des Denkmals „Schiller-Oper“ durchzuführen und bei Fristüberschreitung selber im Wege einer Ersatzvornahme nach dem Denkmalschutzgesetz umgehend durchzuführen.
2. die aktuelle gutachterliche Stellungnahme zur Schiller-Oper zu veröffentlichen.
3. der Bürgerschaft bis zum 31.8.2018 über die ergriffenen und weiter geplanten Maßnahmen zu unterrichten.Foto: Huhu Uet alias Frank Schwichtenberg (CC Wikimedia Commons) / „Polizei“ (CC BY-SA 2.0) by Eoghan OLionnain
Foto: © Ajepbah / Wikimedia Commons /