Einfamilienhäuser: in Neubaugebieten ablehnen, als Nachverdichtung fordern

Vorbemerkung: 

Es geht um den Neubau von Einfamilienhäusern, nicht um bestehende Einfamilienhäuser. Letztere werden niemandem weggenommen.

 

Stadt und Land: Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen

Die Diskussion um den Neubau von Einfamilienhäusern muss in einer Großstadt anders geführt werden als in ländlichen Bereichen. In einer hochverdichteten Stadt, wie Hamburg sie in weiten Teilen darstellt, sind bebaubare Flächen Mangelware. Gleichzeitig werden jedoch für die 30.000 – 90.000* Wohnungen, die in Hamburg seit Jahren fehlen, Neubauflächen benötigt. Wer aus ökologischen (und finanziellen) Gründen sparsam mit Flächen umgehen will, muss die unterschiedlichen Flächenverbräuche eines Einfamilien-, Zweifamilien-, Reihen- und Mehrfamilienhaus sowie die Zahl der jeweils dort unterzubringenden Menschen einander gegenüberstellen.

 

Nein zu Flächenfraß durch Neubaugebiete für Einfamilienhäuser

Sehr schnell wird klar, dass ein Einfamilienhaus die meiste Fläche verbraucht, aber der geringsten Zahl von Menschen ein Dach über dem Kopf bietet. Auch bei Zweifamilienhäusern (Doppelhäusern) sieht es nicht viel besser aus. Reihenhäuser schneiden nicht ganz so schlecht ab, sind aber auch noch weit von der Flächeneffizienz eines Mehrfamilienhauses entfernt.

Fazit: auf der gleichen bebauten Flächen können in einem Mehrfamilienhaus wesentlich mehr Menschen ein Dach über dem Kopf finden als bei einem oder mehreren Einfamilien- und Zweifamilienhäusern. Hamburg hat wenig bebaubare Flächen, aber einen großen Wohnungsbedarf. Deshalb sind bei der Ausweisung von neuen Baugebieten Einfamilien- und Zweifamilienhäusern generell auszuschließen. Die Qualitäten, die sich viele Menschen von einem Einfamilienhaus versprechen, wie z.B. ein eigener Garten, können zum großen Teil auch in Mehrfamilienhausgebieten umgesetzt. Zum Beispiel mit Grünanlagen incl. Mieter:innengärten direkt am Haus.

 

Ja zu Nachverdichtung mit Einfamilienhäusern in bestehenden Quartieren

Hamburg hat viele Gebiete, in denen Einfamilienhäusern auf relativ großen Flächen stehen. Wenn hier Nachverdichtungen möglich sind – je nach vorhandenem Platz mit Einfamilien- oder Zweifamilienhäusern (oder mehr) – , sollte das (weiter) realisiert.

Ein besonderes Kapitel sind die Villengebiete, vor allem im Hamburger Westen. Da ist oft  genug Platz, um auch Mehrfamilienhäuser unterzubringen.

 

Aber über was reden wir eigentlich?  Der Mangel an leistbaren Wohnungen und nicht der Mangel an Einfamilienhäusern ist das Problem

Die ganze aufgeregte Debatte verschweigt, dass ein Großteil der Hamburger:innen sich kein Einfamilienhaus leisten kann. Allein 50% aller Haushalte haben so wenig Einkommen, dass sie berechtigt sind, eine öffentlich geförderte Wohnung zu beziehen. Und wer mit dem Einkommen darüber liegt, hat nicht automatisch genug Geld, um ein Einfamilienhaus zu bezahlen.

 

Der Mietenwahnsinn sorgt jedoch auch in Hamburg dafür, dass viele Menschen 40% oder gar 50% ihres Einkommens für die Miete ausgeben müssen. Wenn wir also in Hamburg etwas brauchen, sind das leistbare Wohnungen für Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen. Darüber sollten wir reden!

 

P.S.: Falls es noch nicht aufgefallen ist: die selben Politiker:innen, Planer:innen, Journalist:innen, die Bewohner:innen in hochverdichteten Stadtteile kritisieren, wenn sie nicht mit Begeisterung eine Hinterhof- oder Innenhofbebauung begrüßen, schweigen bzw. verweigern Nachverdichtungen in Einfamilienhausgebieten und erst recht in Villengebieten.

 

P.P.S.: Und nein, mit Mehrfamilienhäusern und Geschosswohnungsbau sind nicht die vielgescholtenen Plattenbauten gemeint. Aber das ist eine andere Diskussion.