Flüchtlingspolitisches Hearing: „Wir haben alle viel Wut im Bauch“
Text: Surya Stülpe / Foto: Philipp Nowack
Über 60 Haupt- und Ehrenamtliche aus der flüchtlingssolidarischen Arbeit und Geflüchtete aus einem der Hamburger Lager sind am 13. November zum „Flüchtlingspolitischen Hearing“ zusammengekommen. Ziel war, die aktuelle Flüchtlingspolitik in Hamburg zu bewerten – rund drei Stunden wurde intensiv über die Themen Unterbringung, Gesundheit und Bildung von Geflüchteten diskutiert.
Mit einem informellen Austausch bei Kaffee und Kuchen begann die Veranstaltung in den Räumen des Alternativen Wohlfahrtsverbandes. Christiane Schneider, MdHB und flüchtlingspolitische Sprecherin der Fraktion, eröffnete das Hearing mit den Worten „Uns geht es heute darum, von Euch zu hören was vor Ort los ist. Was sind die Missstände? Welche Lösungsideen habt ihr? Und wie müsste die Situation in einem Jahr aussehen?“
Teilnehmende aus ganz unterschiedlichen Bereichen nahmen an den drei Workshops teil. AnwohnerInnen- und Solidaritätsinitiativen aus Hamburger Stadtteilen waren ebenso vertreten, wie Mitarbeitende aus sozialen Einrichtungen. Viele berichteten von unhaltbaren Zuständen in den Unterbringungsstätten und in der Beschulung von Flüchtlingen. „Die Stadt verwaltet das Chaos und tut viel zu wenig dafür, dass es endlich besser wird. Die betreiben ihre Sparpolitik weiter, dieses Mal auf dem Rücken von Flüchtlingen. Vielerorts werden die Kinder wochenlang überhaupt nicht beschult“, so eine Teilnehmerin.
Kritik an Zusammenarbeit mit fördern & wohnen
Besonderen Ärger rief der Umgang des Betreibers fördern & wohnen mit Ehrenamtlichen hervor. Viele TeilnehmerInnen berichteten, dass massenhaft geschultes Personal fehle und Ehrenamtliche nicht richtig ein- und angewiesen würden. Private Kontakte zu Geflüchteten müssten Ehrenamtliche im Vorfeld ausschließen, sonst würden sie gar nicht in die Einrichtungen gelassen. Es gebe „kein Konzept“ und „keine Regeln“ für die ehrenamtliche Arbeit, das habe zur Folge, dass Hauptamtliche mit Willkür Regeln aufstellten und den Ehrenamtlichen „Steine in den Weg“ legten.
Gefordert wurden von den Teilnehmenden vor allem offene „Räume“ in Unterkunftsnähe. Diese sollten zur „Vernetzung“, „zum Kennenlernen“, „zur Selbstorganisation“, „zur Koordination des Ehrenamts“, „zum Kochen“ usw. genutzt werden können und nicht durch den Betreiber oder die Stadt dominiert werden.
Insgesamt haben wir eine riesige Fülle von Anregungen bekommen. Es gilt nun, diese weiterzudenken und in konkrete Politik, das heißt in Anträge und Initiativen, einfließen zu lassen. Das haben wir uns für die nächsten Wochen und Monaten vorgenommen“, so Christiane Schneider abschließend.