Freispruch im G20-Prozess: Widersprüchliche Aussagen von Polizisten in Zivil werfen Fragen auf
In einem aufsehenerregenden Prozess hat das das Amtsgericht Altona einen 32 Jahre alten Mann in allen Punkten freigesprochen. Dem Beschuldigten war vorgeworfen worden, während des G20-Gipfels drei Flaschen geworfen zu haben. Nach dem Ende des Gipfels hatte er deshalb zunächst vier Monate in Untersuchungshaft verbracht.
Während des 15 Verhandlungstage dauernden Prozesses hatte das Gericht die Aussagen von sechs verdeckt ermittelnden Polizeibeamt_innen (Tatbeobachter_innen) als widersprüchlich kritisiert. Auch ein seitens der Verteidigung eingeführtes Video stand im Widerspruch zu deren Aussagen. Selbst die Staatsanwaltschaft hatte letztlich Freispruch beantragt.
„Der Freispruch ist ein positives Signal im Sinne der Rechtsstaatlichkeit“, meint Martin Dolzer, justizpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. Dennoch werfe der Verlauf des Prozesses viele Fragen an die Polizei auf. So waren die Tatbeobachter_innen während des Verfahrens verkleidet aufgetreten und verweigerten auf Fragen des Gerichts und der Verteidigung mehrfach die Aussage. Dabei beriefen sie sich unter anderem auf fehlende Aussagegenehmigungen. „Dass das Gericht die Angaben der Beamt_innen als nicht zuverlässig genug ansah, spricht Bände“, meint Dolzer.
Der aus Russland stammende Angeklagte erhält aufgrund des Freispruchs eine Entschädigung in Höhe von nahezu 4.000 Euro für die zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft. „Die Verteidigung des Freigesprochenen wirft zu Recht die Frage auf, warum die Angaben von sogenannten Tatbeobachter_innen in strittig geführten Prozessen kaum gerichtsfest verwertbar sind“, meint Dolzer. Weil die Staatsanwaltschaft bis Fristablauf keine Berufung einlegte, ist der Freispruch rechtskräftig.