Haushaltsplan-Entwurf 2009/ 2010
BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
- Sitzung
Mittwoch, 4. März 2009
Haushaltsplan-Entwurf 2009/ 2010,
Drs 19/2370 – 1310,
Zu Einzelplan 3.3:
Behörde für Kultur, Sport und Medien
Norbert Hackbusch DIE LINKE:
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
Auch ich freue mich über einige Dinge, die im Kulturhaushalt gemacht werden. Wir haben das auch im Zusammenhang mit den Privattheatern, den Symphonikern und Ähnlichem hier besprochen. Wir finden es erstaunlich, was im Zusammenhang mit den gestellten Anträgen bei einigen Punkten geschieht, es ist zum Teil äußerst lächerlich. Die CDU hat sich geweigert, dass die LINKE beim Säurefraß-Antrag mit im Antrag steht und so stehen alle Parteien im Antrag, nur wir nicht. Das ist eine lächerliche parlamentarische Aktivität.
Ich möchte auch hinzufügen, dass wir uns sehr freuen, dass das Frauenmusikzentrum in einem Antrag extra gewürdigt und auch unterstützt wird. Wir selber werden uns bei diesem Punkt enthalten, weil wir der Auffassung sind, es sollten zusätzliche Mittel dafür ausgegeben werden und nicht aus dem allgemeinen Topf kommen, der für sonstige Aktivitäten in dem Bereich zur Verfügung steht. Das halten wir für Augenwischerei und finden es nicht weitgehend genug.
So weit zu diesen allgemeinen Betrachtungen. Wie geht es eigentlich der Hamburger Kultur und den Kulturstätten? Haben wir eine ähnliche Gefahr, wie wir gestern beim Stadtarchiv in Köln beobachten konnten? Besteht so eine ähnliche Gefahr in Hamburg für die kulturellen Zustände gegenwärtig auch? Die ganze Zeit hatte man das Gefühl, alles sei in Ordnung, und plötzlich bricht das ganze Haus zusammen.
Ich nenne ein Beispiel zu den Punkten, bei denen ich finde, dass Sie mit ihren Aussagen nicht weit genug reichen, zum Beispiel die Geschichtswerkstätten. Sie sind ein absolut vitaler Teil der Hamburger Kultur im unteren Bereich. Sie werden von den verschiedensten Menschen aktiv genutzt, was für viele Stadteile eine neue Kraft bedeutet.
Sie wurden in einer unsäglichen Art und Weise von der CDU-Alleinregierung beziehungsweise damals zusammen mit Schill abgesägt und das in einem Umfang von 25 Prozent. Wir alle, Grüne, SPD und auch die LINKE, haben gesagt, die Förderung der Geschichtswerkstätten sollte stattdessen ausgebaut werden. Das Einzige, was Sie erreicht haben, ist die Wiederherstellung der vorherigen Situation, bevor Frau Horáková daran herumgearbeitet hat. Ich finde es nicht ausreichend, was an Geschichtswerkstätten in dieser Stadt vorhanden ist.
Wenn wir uns die Situation im Bereich der Privattheater ansehen, dann können wir feststellen, dass die Kulturschaffenden in dieser Stadt sehr kreativ und aktiv sind, aber auf dem letzten Zahnfleisch kriechen. Diese Situation ändert sich nicht durch diesen Kulturhaushalt, zumindest sollten wir das gemeinsam feststellen.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen, was in dieser Stadt im Bereich der Kultur ein Skandal ist. In weiten Bereichen der Kultur, sowohl bei den Theatern als auch bei den Museen, werden kulturelle Aktivitäten nur dadurch aufrechterhalten, indem dort Ein-Euro-Kräfte arbeiten. Das ist im Evaluationsbericht deutlich angesprochen worden.
Wir haben so etwas im Kulturausschuss diskutiert im Zusammenhang mit den Museen.
Es ist ein arbeitsmarktpolitischer und ein kultureller Skandal in dieser Stadt, wenn wichtige kulturelle Aktivitäten von Ein-Euro-Kräften gemacht werden, und so etwas darf man nicht einfach übergehen. Wir werden dieses Thema in den nächsten Monaten ständig ansprechen. Wir werden Sie dazu bewegen, dass das nicht aufrechterhalten werden kann.
Ich möchte Ihnen einen zweiten wichtigen Bereich nennen, weil Sie so schön davon reden, wie es gegenwärtig aussieht, das ist der Bereich der öffentlichen Bücherhallen. Dies ist gegenwärtig gar nicht besprochen worden. Wir müssen im Augenblick feststellen, dass es schon wieder eine öffentliche Bücherhalle weniger in dieser Stadt gibt. Dies ist ein Armutszeugnis für die Stadt. Im Kulturbericht zum Haushaltsplan-Entwurf ist dies an einer Stelle besonders gut nachzuvollziehen. Die möchte ich noch einmal besonders hervorheben, weil sie vergessen wurde.
Wir haben den Vergleich zwischen Hamburg und München und stellen fest, wie viele öffentliche Bücherhallen es dort gibt: In Hamburg 38, jetzt nur noch 37, und in München 39. Wie viele Besucherinnen gibt es? In Hamburg 4,2 Millionen, in München 4,6 Millionen. Wie viele Medienausleihen? In Hamburg 12 Millionen, in München 11,5 Millionen. Wenn man das miteinander vergleicht, würde man denken, die Städte seien gleich groß. Hamburg hat 1,75 Millionen Einwohner, München 1,25 Millionen Einwohner.
Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, um wie viel schlechter als in München wir in Hamburg in diesem wichtigen Bereich versorgt sind, und dann stellt man es immer noch so dar, als wären wir eine Kulturhochburg. Das sind wir in diesem Punkt nicht, sondern wir müssen von anderen Städten lernen.
Zur Elbphilharmonie wurden die wesentlichen Punkte von mir gestern schon aufgeführt. Ich will das nicht wiederholen, bin aber entsetzt darüber, dass es keine selbstkritischen Worte gibt, weder von der CDU, die dafür eigentlich zuständig ist, noch von der GAL, die eigentlich kritische Worte zu dem, was passiert ist, finden müsste.
Ich bin immer noch der Auffassung, dass dort eklatante Versäumnisse geschehen sind und im Vertragswerk immer noch vorhanden sind. Wir sind als Bürgerschaft hinters Licht geführt worden – das andere Wort darf ich hier nicht mehr benutzen – in diesem Zusammenhang. Das muss man hier doch aufklären. Wer soll denn dafür geradestehen?
Es wurde im Jahre 2007 ein Rechtsgutachten vorgelegt, mit dem alle beruhigt wurden in dieser Bürgerschaft. Heute wird darüber hinweggegangen, dass damals 200 Millionen Euro weggegeben wurden. Ich denke, dass Herr Stuth natürlich einer der Hauptverantwortlichen ist im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie und sein Rücktritt ein erster Schritt ist. Das kann aber noch nicht alles gewesen sein. Es ist etwas faul in dieser Angelegenheit und das werden wir weiterhin im Auge behalten.
Die Jugendlichen im Parlament haben sich die Kultur in Hamburg angesehen. Sie haben im Kulturausschuss darüber berichtet. Es ist natürlich schwierig, das alles wiederzugeben, aber sie haben uns als Bürgerschaft schriftlich zwei wichtige Hinweise gegeben. Diese beiden Hinweise sollten für uns, wenn wir gemeinsam interessiert sind an der Kultur in Hamburg, Leitmodelle sein.
Als Erstes sagten sie, unsere Ausführungen zur Kulturpolitik zeigten, dass Kultur in Hamburg immer mehr zur Unterhaltung der älteren Generation werde. Frau Senatorin, nehmen wir uns gemeinsam als Aufgabe vor, dass diese Zustandsbeschreibung der Jugendlichen in den nächsten Monaten verändert wird und Sie werden mich als großen Unterstützer haben.
Als Zweites nannten die Jugendlichen, dass Kultur zunehmend von finanziellen Mitteln der Einzelnen abhängig sei. Das heißt, viele Menschen in dieser Stadt werden durch ihre mangelnden finanziellen Mittel von der Kultur ausgeschlossen. Kultur für alle ist keine Realität in dieser Stadt. Wir haben in weiten Bereichen eine Kultur für eine Elite. Dies ist der zweite wichtige Punkt, den wir verändern wollen. Wir sind sehr einverstanden mit diesen wichtigen Aussagen der Jugendlichen. Wir werden sie unterstützen und wir sehen es als unsere vornehmste Aufgabe an, in den nächsten Jahren in dieser Richtung etwas zu verändern. – Danke.