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HSH Nordbank: Immer noch kein Ende

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von Norbert Weber und Joachim Bischoff

Eigentlich sollte die unrühmliche Geschichte der einstigen Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein endgültig beendet sein. Die beiden Bundesländer drückten im Eiltempo eine erneute Rettung der Bank mit Steuergeldern durch die Parlamente – mit fadenscheinigen Begründungen und ohne ausreichend Material für die Abgeordneten, um sich ein umfassendes Bild für die Abstimmung machen zu können.

Mit Stimmenmehrheit der Regierungsfraktionen in Hamburg und Kiel wurden weitere Kreditermächtigungen über 16,2 Milliarden Euro bewilligt. Ziel ist die „Notbeatmung“ einer bereits seit Jahren im Kern toten Bank ohne weitere Existenzberechtigung. Die Bank sollte mit öffentlichem Geld verkaufsfertig gemacht und dann an den Meistbietenden verhökert werden. Wenn keiner das Institut haben will, wird es abgewickelt. Der Schaden für die SteuerzahlerInnen in Hamburg und Schleswig-Holstein geht so oder so in die Milliarden. Am Ende des Jahres 2018 sollte die HSH Nordbank vom Markt verschwunden sein, im besten Fall aufgegangen in einem anderen Finanzinstitut oder mit neuem Namen unterwegs.

Kritiker wiesen schon bei dieser Schlussoperation daraufhin, dass auch das zusätzliche öffentliche Geld nur geringen Appetit bei Konkurrenten auslösen wird. Beispielsweise erklärte die in Norddeutschland aktive HASPA, sie habe kein Interesse an der zum Verkauf stehenden HSH Nordbank. Aber schlecht machen wollte Haspa-Chef Vogelsang die Landesbank, die Schleswig-Holstein und Hamburg gehört, auch nicht: „Wir sehen sie als wertvollen Bestandteil in der Landesbankenlandschaft.“ Sie gehöre zu den wenigen Instituten, die ihren Sitz in Hamburg und Kiel haben und bei denen vor Ort Entscheidungen getroffen würden. „Wir haben kein Interesse daran, dass die HSH von der Bildfläche verschwindet. Im Gegenteil, wir hoffen, dass die Bank eine gute Zukunft hat.“

Hoffen auf bessere Zeiten statt entschlossenen Handelns

Die gute Zukunft beschwört auch Aufsichtsratschef Mirow: „Die Bank, wie sie heute aufgestellt ist, ist ein funktionierendes, wettbewerbsfähiges Institut.“ Die Zahl der Beanstandungen durch die Europäische Zentralbank sei deutlich zurückgegangen. Die HSH sei, befreit von den Altlasten, ein interessantes Unternehmen. Während viele andere Branchenexperten skeptisch sind, teilt Hamburgs Finanzsenator Tschentscher die Einschätzung des Aufsichtsratschefs: „Ich halte es für realistisch, dass sich Investoren für die Bank interessieren.“

Wie wahrscheinlich das sei, könne aber niemand sagen. „Nicht zuletzt auch deshalb, weil dies von der weiteren Entwicklung der Bank und der Märkte in den kommenden zwei Jahren abhängt“, sagt der Senator. Auch wer das Geldinstitut kaufen könnte, ist offen: „Es gibt Investoren, die daran Interesse haben und sich teilweise auch schon gemeldet haben. Es gibt möglicherweise auch in Deutschland Interesse an der Bank oder an Teilen daran.“

Aber die Geschichte ist noch immer nicht zu Ende und ein Verkauf noch nicht in Sicht. Am 3. März 2016 hat die HSH Nordbank AG bekanntgegeben, dass die Aufstellung des Jahres- und Konzernabschlusses verschoben wird, da noch offene bilanzrelevante Fragen im Zusammenhang mit dem laufenden EU-Beihilfeverfahren zu klären sind. Auch die Bilanzpressekonferenz findet nicht, wie vorgesehen, am 24. März statt. Eine solche Ankündigung ist in der Regel ein Warnsignal von Unternehmen in Krisensituationen und deutet auf größere Unklarheiten in der Bewertung der Bilanzposition hin.

Hintergrund sind also „noch offene bilanzrelevante Fragen“ in den Gesprächen mit der EU. Die EU hatte sich mit der Bundesrepublik Deutschland und den HSH-Mehrheitseignern, den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein, im Oktober auf die Eckpunkte des Umbaus geeinigt. Das unter der Schiffskrise leidende Geldhaus kann milliardenschwere Kreditpakete in eine Zweckgesellschaft der Länder auslagern und am Markt verkaufen.

Probleme mit dem Jahresabschluss 2015

Die Bank hat also Probleme mit ihrem Jahresabschluss 2015. In dem Zusammenhang darf die Bank entscheiden, welchen selbstproduzierten bilanziellen Asset-Schrott sie den Ländern zum Verkauf anbieten darf. Die aktuelle Vereinbarung sieht vor, dass sie bis zu einer Größenordnung von 6,2 Milliarden Euro 100 Prozent ihres Buchwerts von den Ländern erstattet bekommt, egal wie wertlos die Papiere sind. Zudem darf die Bank darüber hinaus weitere zwei Milliarden Euro an Schrott-Assets zur Bilanzentlastung auf den Markt werfen, egal zu welchem Preis.

Dieser Prozess ist ins Stocken geraten. Die Ad-hoc-Meldung der HSH Nordbank zu dieser Verschiebung liest sich beunruhigend. Neben den privat platzierten stillen Einlagen und Genussscheinen kann diese Mitteilung die folgenden Wertpapiere betreffen, die auf stillen Einlagen der HSH Nordbank AG basieren und am Kapitalmarkt platziert wurden:
•    RESPARCS Funding II Limited Partnership Securities EUR 500 Millionen (ISIN DE0009842542);
•    RESPARCS Funding Limited Partnership I Securities USD 300 Millionen (ISIN XS0159207850);
•    HSH Nordbank Sparc Securities EUR 500 Millionen (ISIN XS 0142391894);
•    HSH Nordbank Sphere Securities USD 500 Millionen (ISIN XS0221141400).

Vertuschen und Aussitzen

Dazu folgende Anmerkungen:
1.    Man wird den Eindruck nicht los, dass das nunmehr zweite EU-Beihilfeverfahren von der Bank immer wieder als Vorwand missbraucht wird. Diese immer wieder gern genannte Vorwand ist absurd: Nach der aktuell favorisierten Vorgehensweise der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein nimmt man erneut 16,2 Milliarden Euro in die Hand, angeblich um das EU-Beihilfeverfahren beendet zu bekommen. Jedoch: Das EU-Beihilfeverfahren wäre auch „schon“ beendet gewesen, wenn die Zehn-Milliarden-Euro-Garantie der Länder von den Ländern mit einer Zahlung von zehn Milliarden Euro ausgelöst worden wäre. Das EU-Beihilfeverfahren bezieht sich ausschließlich auf die Zehn-Milliarden-Euro-Garantie der Länder sowie deren erneute Erhöhung von sieben auf zehn Milliarden Euro und auf nichts anderes!

Was also soll dieser ständige Hinweis auf die „böse“ EU-Kommission? Das ganze zelebrierte Procedere grenzt mittlerweile an Volksverdummung. Fazit: Es geht – wie immer wieder von uns ausgeführt und begründet – um die Vertuschung bzw. Verschleierung und das Aussitzen von ganz anderen und deutlich gravierenderen Problemen innerhalb der HSH Nordbank.

2.    Wenn man den zweiten Absatz in der Pressemeldung der Bank mehrfach liest, kommt deutlich die ängstliche Hoffnung der HSH hervor, dass die EU-Kommission die bisherige „informelle Verständigung“, auch „handshake deal“ genannt, bitte baldigst so genehmigt. Diese Genehmigung ist nämlich noch keineswegs in trockenen Tüchern! Letztendlich hat die EU-Kommission bisher lediglich erklärt, dass die Länder gemeinsam mit der Bank erst einmal ihre Hausaufgaben hin zu einer Lösung machen dürfen bzw. sollen. Nicht mehr und nicht weniger.

3.    Einen neuen Termin für die Bilanzpressekonferenz über das Jahr 2015 hat die Bank noch nicht genannt. Zu vermuten  ist, dass die Bank zeitlich erst die positive EU-Entscheidung abwarten und erst dann mit ihren schlechten Ergebnissen 2015 rauskommen wird.

4.    Ganz unten in der Ad-Hoc-Meldung kommt der Hinweis auf Auswirkungen der nunmehr verzögerten 2015er Zahlenveröffentlichung: nämlich auf strukturierte Einheiten der Bank, angesiedelt auf Jersey und Hongkong. Nach unserer Einschätzung unterstreicht dieser Hinweis unsere Vermutung, dass die Länder der HSH Nordbank nicht, wie immer als Grund genannt, Schiffsfinanzierungen (auch hier sind wieder nur Dritte an der aktuellen Misere der Bank schuld, nämlich die globale Schifffahrtskrise) abkaufen muss (bis zu 6,2 Milliarden Euro nach den neuen Staatsverträgen mit der neu gegründeten HSH Portfolio Management AöR), sondern eher Wertpapier-Eigenbestand, resultierend aus den überrissenen Kreislauf-Eigengeschäften der HSH Nordbank.

Ein Ende mit Schrecken …

Jeder, der diese unsere Befürchtung in Frage stellt, soll sich doch bitte die entsprechenden Staatsverträge genau ansehen! Hier sind bereits entsprechende diesbezügliche Vorbereitungen genau ausgeführt und mit Stimmenmehrheit der Landesregierungen durch die Parlamente gepeitscht worden.

Zudem, auch das haben wir bereits ausführlich vorgerechnet (1), dürften sich die Kapital-Kennziffern nach den eigentlich bilanzentlastenden Maßnahmen deutlich verschlechtern – zumindest nach den bisher bekannten Details der vorgesehenen Hin- und Her-Buchungen.

Die Bank hat auf der Aktiv-Seite einen RWA-Bestand von mehr als 60 Milliarden Euro, brauchte diesen in ihren Veröffentlichungen „lediglich“ mit etwa 40 Milliarden Euro beziffern und in die Berechnung der Kapitalkennziffern einfließen lassen. 20 Milliarden Euro an RWA-Bestand musste die Bank also bisher nicht zu berücksichtigen, weil die Zehn-Milliarden-Euro-Garantie mit einem Hebel auf die RWA (Risk Weighted Assets – Risikogewichtete Aktiva) wirkt.

Nun dürfen insgesamt 8,2 Milliarden Euro von der Bank ausgelagert werden (6,2 Milliarden durch Länderankauf, zwei Milliarden Euro durch Verscherbeln am Markt), im Gegenzug soll die Garantie reduziert werden. Somit wirkt der Hebel nicht mehr und der in den Berechnungen zu berücksichtigende RWA-Bestand ist etwa 11,8 Milliarden Euro höher, was sich negativ auf die Kapitalkennziffern auswirkt.

Rein rechnerische Lösung wäre, entweder das Eigenkapital zu erhöhen oder aber die Garantie weiterlaufen zu lassen. Und genau da dürften das aktuelle Problem und der Grund für die Terminverschiebung liegen!

2015 stellte die EU-Kommission Hamburg und Schleswig-Holstein vor die Wahl, die Bank entweder sofort abzuwickeln oder sie fortzuführen und spätestens in zwei Jahren zu verkaufen. Die Eigner entschieden sich für die zweite Option. Voraussetzung dafür ist der Umbau des Geldinstituts. Damit bleibt die HSH Nordbank das größte Haushaltsrisiko der Stadt.

 

(1) Siehe Bischoff, J. / Hackbusch,N / Radke, B. / Weber, N., Finanz-Zombie: Drama HSH Nordbank, Supplement der Zeitschrift Sozialismus 1/2016.

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