Plenarprotokoll 20/33: Die FHH darf nicht länger als Immobilienspekulant agieren
Norbert Hackbusch DIE LINKE:
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am Anfang muss ich mich entschuldigen. Wir haben geschrieben: „Die Freie und Hansestadt Hamburg darf nicht länger als Immobilienspekulant agieren“. Wie kann uns das nur passieren? Das ist alles inhaltlich richtig, aber natürlich muss es heißen „Spekulantin“; die Freie und Hansestadt Hamburg ist eine Spekulantin, und das muss natürlich auch richtig geschrieben werden – meine Entschuldigung dafür. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen.
Bei mir um die Ecke, Schulterblatt/Ecke Juliusstraße, steht seit Jahren ein Haus mit ungefähr zwölf Wohnungen leer, ein fantastischer Neubau, eingerichtet und leer stehend in einer Ecke, in der alle Menschen unheimlich gern wohnen wollen.Gleichzeitig haben wir Wohnungsnot in dieser Stadt und wir wissen, dass das ein kräftiges Problem ist.
(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vorsitz.)
Nun muss nicht unbedingt jeder Schulterblatt/Ecke Juliusstraße wohnen wollen – Frau Suding weiß nicht so recht, ob sie da hinziehen will, aber die meisten würden das sehr gern tun –, aber Leerstand insgesamt von Wohnungen ist in dieser Stadt eine Provokation gegenüber den Menschen, die unter der Wohnungsnot leiden.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich finde, es ist eine wichtige Aufgabe für uns, das zu verändern. Wir sind übrigens auch von der Verfassung her dazu aufgefordert, das zu tun, denn sie sagt uns: „Jedermann“ – das ist noch aus alten Zeiten, Frau Sudmann – „hat die sittliche Pflicht, für das Wohl des Ganzen zu wirken.“
Wenn wir das erreichen wollen, dürfen solche Provokationen in der Stadt nicht mehr sein.
(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)
Das ist auch eine wichtige Aufgabe der Politik. Aber wir sind heute viel bescheidener. Wir wollen uns nur damit beschäftigen, dass selbst die Stadt Immobilien leer stehen hat, und zwar nicht wenige, das betrifft über 200 Objekte. Ich will Ihnen einige Beispiele dafür nennen: In der Nesselstraße, in der Nähe des Gefängnisses, gibt es etliche Häuser, die seit Jahren leer stehen. Man könnte da eigentlich sofort einziehen. Das ist eine Provokation gegenüber denjenigen, die in dieser Stadt Wohnungen suchen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein weiteres Beispiel: Sechs Jahre hat das Finanzamt in der Großen Bergstraße in Altona, auch im öffentlichen Besitz, leer gestanden. Eine öffentliche Diskussion darüber wurde erst durch die Besetzung erreicht. Ich habe mich darüber gefreut, dass zumindest eine offizielle staatseigene Institution wie die „Hamburg Kreativ Gesellschaft“dazu einen Vorschlag gemacht hat, der ganz gut ist. Sie hat in ihrem Bericht vorgeschlagen, dass die leer stehenden Gebäude im Besitz der Stadt nach einem Jahr übergangsweise kulturellen Institutionen zur Verfügung gestellt werden sollten. Diese Einschränkung finde ich zwar ein bisschen schwach – wir sollten das auch für andere Nutzungen öffnen –, aber dass Leerstand eine Provokation ist und dass es unsere Aufgabe ist, diesen Skandal zu beenden, ist doch hoffentlich eine Definition, die wir gemeinsam vertreten können.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein letzter Punkt – meine Zeit ist leider so knapp –: Was überhaupt nicht geht, ist, dass wir den Senat fragen, um welche Gebäude es eigentlich geht, und er antwortet, dass er uns das nicht sage, weil das in irgendeiner Form für die Sicherheit und Ordnung in dieser Stadt ein Problem sei. In Berlin ist es üblich, dass das beantwortet wird. Ich befürchte, wenn das so weiter geht, dann beantwortet der Senat demnächst auch keine Schriftlichen Kleinen Anfragen zur Elbphilharmonie mehr, weil die Leute sich darüber empören könnten und dadurch dann auch die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist. Was ist denn das für eine Art und Weise?
(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der GAL)
Es ist selbstverständlich, dass die städtischen leer stehenden Gebäude bekannt gegeben werden müssen, sonst wird dieser Umstand nicht verändert; das verlange ich mindestens von diesem Senat. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN und bei Christa Goetsch GAL)
Zweiter Beitrag
Präsidentin Carola Veit: Herr Hackbusch, Sie haben das Wort für zwei Minuten.
Norbert Hackbusch DIE LINKE:*
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als Oppositionspolitiker freue ich mich natürlich, wenn das von allen mit Freuden aufgenommen wird. Wenn die FDP dazu sagt, ich sei ein bisschen über das Ziel hinaus geschossen, ist das für mich durchaus ein dickes Lob. Und wenn ich Herrn Heintze dazu gebracht habe, nachzudenken, ist das auch ein Lob für mich. Von daher bin ich schon ganz zufrieden.
Ein Leerstandscontrolling innerhalb der Finanzbehörde ist eine gute Möglichkeit. Wir werden dann im Haushaltsausschuss über die einzelnen Objekte und darüber, was mit ihnen geschieht, beraten. Abschließend, Herr Quast, nur noch ein Beispiel: Eines der Objekte, die Sie als ein Objekt zählen, ist das Electrolux-Gebäude. Das ist ein riesiges Gebäude, da könnten sicher 400 Wohnungen unterkommen. Das ist schon eine relativ kräftige Dimension und das sollten wir nicht zu klein reden.
Eine Überweisung an den Stadtentwicklungsausschuss hätte ich eigentlich schick gefunden, aber immerhin wird es überwiesen. – Einen schönen Abend noch.
(Beifall bei der LINKEN)