Plenarprotokoll 20/43: Hafenentwicklungsplan „Hamburg hält Kurs – Der Hafenentwicklungsplan bis 2025“

Norbert Hackbusch DIE LINKE:* Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der Rede von Herrn Kluth wurde mir endlich klar, dass wir zwar vorhin schön übereingestimmt haben, aber bei diesem Thema derart wenig, sodass nun doch deutlich wird, dass es ganz schöne Differenzen zwischen uns gibt; nur, damit das wieder einigermaßen geklärt ist.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Ich machte mir schon Sorgen!)

Ich will auch nicht über die Elbvertiefung und die Auseinandersetzung darüber reden, das haben wir gestern zum Teil gemacht, aber einen Aspekt möchte ich erwähnen. Ich bin völlig irritiert sowohl über die Rede von Herrn Kluth als auch die sonstigen Reden, denn man hätte doch beim Hafenentwicklungsplan berücksichtigen müssen – das kann man doch einfordern –, dass es eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Elbvertiefung geben könnte. Das gehört doch zu einem Plan und nicht nur irgendwelche optimistischen Ansagen.

Es ist ein wesentliches Kennzeichen dieses Hafenentwicklungsplans, dass er weniger ein Plan ist, dass er weniger Überlegungen beinhaltet, was man alles machen könnte, sondern dass er mehr eine Werbebroschüre für den Hamburger Hafen ist. Das kann man zwar auch machen, aber hier ist es durchaus eine Schwäche.

(Beifall bei der LINKEN)

Neben der Elbvertiefung spricht ein weiterer Aspekt eher für eine Werbebroschüre. Es wird von diesen optimistischen – wie von vielen schon genannt – 25 Millionen TEU im Jahr 2025 ausgegangen. Ich weiß nicht, ob Ihnen hier im Parlament klar ist, dass wir in diesem Jahr und auch im nächsten Jahr nicht einmal die Zahlen erreichen werden, die wir in den Jahren 2006/2007 gehabt haben, also noch nicht einmal 10 Millionen TEU; das zu den realen Zahlen. Mein Gefühl bei diesem Hafenentwicklungsplan ist, dass dort schöne, optimistische Ideen existieren, aber das sind Wunschvorstellungen.

Es ist nicht weiter schlimm, wenn man eine Broschüre nach dem Motto „Ich werbe für den Hamburger Hafen“ macht. Das Problem ist aber, dass dieser Hafenentwicklungsplan die Grundlage für Investitionen ist, die wir tätigen werden, und für Planungen, die wir machen. Und man darf nur dann Planungen machen und Investitionen tätigen, wenn dafür realistische Grundlagen vorhanden sind, und die sind hier nicht vorhanden. Das kritisiere ich, und dazu sollte Herr Horch etwas sagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mittlerweile sind Herr Horch und die HPA die Einzigen, die davon ausgehen, dass diese Zahlen noch realistisch sind. Dementsprechend wäre es vernünftig, sie zurückzufahren und die Planungen anders zu gestalten; das ist das eine.Zum anderen ist es mir natürlich wichtig, dass man bei diesen Planungen auch überlegt, was es bedeutet, wenn die optimistischen Prognosen nicht eintreffen. Was ist dann mein Plan B? Welche anderen Vorstellungen habe ich? Davon ist in diesem Hafenentwicklungsplan nichts zu lesen. Es muss doch verschiedene Vorstellungen geben, meinetwegen die Diskussion darüber, was man mit dem inneren Freihafen macht. Baut man dort ein Containerterminal oder nicht? Dafür muss es doch verschiedene Optionen geben, aber es gibt keine oder sie werden nicht im Hafenentwicklungsplan diskutiert, sondern irgendwo anders. Ich verlange, dass das im Hafenentwicklungsplan stehen sollte und dass es vernünftig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Die dritte wichtige Kategorie – ich habe Herrn Horch und auch diejenigen aus der vorigen Regierung, die das geschrieben haben, dafür gelobt – ist, die Wertschöpfung im Hamburger Hafen als Kriterium zu übernehmen. Ich halte es für keine kluge Strategie, wertschöpfungsschwache Bereiche wie bestimmte Logistikhallen innerhalb der Stadt unterzubringen, dadurch unheimlich viel Fläche zu verbrauchen, ohne dass es dort zu Arbeitsplätzen und Wertschöpfung kommt. Es ist wichtig, sich zu überlegen, wie viel Wertschöpfung erreicht wird. Im Hafenentwicklungsplan wird mittlerweile seit mehreren Jahren – es ist bereits der zweite oder dritte Entwurf – gesagt, dass man das einmal analysieren sollte und es wichtig wäre, den Hafen an diesem Kriterium zu entwickeln. Aber mehr als diese schöne Ankündigung haben wir seit Jahren nicht gehört.

Wir brauchen für die Entwicklung des Hamburger Hafens genau eine solche Wertschöpfungsanalyse, denn nur dann sind wir in der Lage einzuschätzen, was für den Hafen vernünftig ist und was besser auch woanders entwickelt werden kann, denn wir müssen in dieser Stadt mit knappen Flächen umgehen. Das macht der Senat bisher nicht auf eine ordentliche Art und
Weise.

(Beifall bei der LINKEN)

Unabhängig von allen Diskussionen über die Elbvertiefung muss auch der letzte Hafenfreund anerkennen – also auch Herr Ohlsen und Herr Münster –, dass es für bestimmte Schiffe natürliche Grenzen gibt, den Hamburger Hafen zu erreichen. Die 18 000-TEU-Schiffe, die gegenwärtig von Maersk gebaut werden, haben, unabhängig davon, ob die Elbvertiefung stattfindet oder nicht, Schwierigkeiten, den Hamburger Hafen zu erreichen. Sie haben große Schwierigkeiten, in Hamburg zu wenden und passen kaum noch unter der Köhlbrandbrücke durch, und sie machen uns dementsprechend große Probleme.

Das sind natürliche Grenzen, und auf diese natürlichen Grenzen werden im Hafenentwicklungsplan keine Gedanken verschwendet. Das geht nicht, wir brauchen keine Werbung, wir müssen solche Dinge berücksichtigen. Wie kann man denn vernünftig planen in dem Augenblick, wo es 25 000-TEU-Schiffe geben sollte, die aber bisher nicht bestellt sind? Dann ist das Maß endgültig erreicht, und wir müssen überlegen, welche Auswirkungen das für diese Stadt hat. Da gibt es nur eins, und das ist der Bereich, der mir insgesamt am Hafenentwicklungsplan fehlt, die Frage der Kooperation. Dieser Plan ist, wenn man ihn genau liest, von der Vorstellung beherrscht, dass Hamburg das Zentrum der Welt ist, dass wir heroisch gegen alle anderen kämpfen müssen und dass wir dann auch noch gewinnen können.

(Arno Münster SPD: Zweifeln Sie daran?)

– Ja. Herr Münster unterstreicht gerade noch einmal, ob ich daran zweifle. Die Auseinandersetzung um die Elbvertiefung, die Schlick-Probleme und die rasanten internationalen Entwicklungen zeigen, dass wir unsere Strategie verändern müssen. Es gibt nicht mehr Hamburg gegen den Rest der Welt, sondern wir sind ein Teil eines Netzes. Da muss man modern und neu denken und umdenken.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen ein Netzwerk von Kooperation und wollen darin als Stadt stark sein.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das läuft doch schon lange!)

Das ist eine der wichtigen Voraussetzungen, um eine Veränderung der Strategie hinzubekommen. Der Hafenentwicklungsplan atmet noch die alte Mentalität. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)