Schlechtes Regieren: Neue Gebührenordnung für Wohnunterkünfte ist in jeder Hinsicht misslungen
Das, was der Senat als Gebührenordnung für öffentlich veranlasste Unterbringungen abgeliefert hat, ist durchweg schlechte Arbeit. Dies haben die Antworten auf zwei Anfragen der Linksfraktion (Drs. 21-11467 und 21-11542) dazu ergeben.
Bereits 2011 hat der Landesrechnungshof den Senat auf die unzureichende Kostendeckung hingewiesen. Aber erst 2016, als der Bund weitere den Ländern weitere Gelder für Geflüchtete zugestanden hatte, setzte sich der Senat in Bewegung. Sein Ziel waren nicht etwa gerechte Gebühren, sondern möglichst viele Bundesgelder abzugreifen. Dafür brauchte er dann so lange, dass er alle Beteiligten kurz vor Jahresende mit seinem Beschluss überrumpelte.
Leidtragende sind die Geflüchteten, die nun ohne hinreichende vorherige Information und Beratung von f&w Gebührenbescheide erhalten, die noch nicht einmal der Gebührenordnung entsprechen. Danach ist für Selbstzahler_innen bei 4 Personen einer Familie Schluss. Es gibt aber Bescheide, in denen 5- und 6-mal die 587€ berechnet werden, ohne dass klar ist, ob es Leistungsempfänger_innen sind oder nicht.
Die Kritik richtet sich nicht gegen eine moderate, angemessene und gerechte Gebührenerhöhung an sich. Aber wenn alle für unterschiedliche Unterkunftsstandards einen Preis zahlen müssen, wenn etwa besondere Wachdienstkosten einzelner Unterkünfte oder die besonderen Kosten des Wohnschiffes „Transit“ auf alle umgewälzt werden, dann ist das eine stümperhafte und ungerechte Umsetzung. Auch wenn in der Antwort Zahlen genannt werden, sind diese nicht transparent. Dies gilt etwa für die Einbeziehung der Abschreibungen und der Herrichtungskosten. Ob Bundesmittel in Abzug gebracht wurden, wird ebenfalls nicht transparent.
Gänzlich die Sprache verschlägt es einem, dass der Senat meint, eine Gebühr von 2.348€ für eine vierköpfige Familie etwa sei aus Sicht der Betroffenen angemessen, weil ja Obdachlosigkeit verhindert wird. Rechtfertigt das gegenüber Selbstzahler_innen wirklich jeden Preis? Diese Frage stellt sich insbesondere vor dem Hintergrund, dass Unterkünfte mit Perspektive Wohnen, in denen der Selbstzahler_innenanteil voraussichtlich steigen wird, ebenfalls unter die Gebührenordnung fallen.
Und ebenso skandalös ist es, dass die Sozialleistungsträger sogar ohne Personenbegrenzung die Kosten übernehmen sollen, andere Berechtigte aber bei viel niedrigeren Mieten zwingen, günstigeren Wohnraum zu suchen und damit die Gefahr von Obdachlosigkeit heraufbeschwören. Auch wenn eine Gebühr keine Miete ist, läuft es für Sozialleistungsträger auf das Gleiche hinaus. Für eine 15-köpfige Familie müssten dann 8.805€ gezahlt werden. Das versteht doch kein Mensch! Da kann man noch nicht einmal mehr eine vollständige Gleichbehandlung anderer Leistungsempfänger_innen fordern. Aber eine deutliche Anhebung der Mietobergrenzen müsste für sie auf drin sein.
Es bestehen insgesamt erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Gebührenordnung. Der Senat hat also seine Hausaufgaben mehr als schlecht erledigt.
Foto: „Container Asyl Flüchtlinge Symbolfoto“ (CC BY 2.0) by opposition24.de